Fleisch gehört zur deutschen Identität. Egal ob Wurst oder Schnitzel, gegessen werden gerne üppige Portionen vor allem billigen Schweinefleischs. Eine hocheffiziente Fleischproduktion und Billiglöhne sorgen für günstigen Nachschub. Doch Ansprüche an Moral und Qualität stellen Omas Rezepte in Frage.
«Super, wirklich super» schwärmt Michael Wagner mit vollem Mund von der Currywurst, die er mitten auf einer Kreuzung in Berlin auf die Schnelle isst. Im Imbissstand bereitet Tarek die Würste im Stakkato zu. Viele Deutsche lieben schnelles, billiges Essen und Fleisch gehört einfach dazu. Schon die alten Römer fanden, dass die Germanen keine ausgeprägte Esskultur haben. Das schlichte Essen gehört zur deutschen Identität und Fleisch wurde zum Kulturgut. Seine Verfügbarkeit für alle sorgte einst für politische Stabilität.
Landwirte wie Henning Kock produzieren günstiges Schweinefleisch. Im sogenannten «Schweinegürtel», einer Region südwestlich von Bremen, hält er 2600 Tiere. Sie sind genetisch so veranlagt, dass sie sich trotz dauernder Verfügbarkeit von Futter nicht überfressen und rund 900 Gramm pro Tag zulegen.
Mit Fleisch verdient auch Alina Henrici ihr Leben. In ihrer Metzgerei in Hessen lädt sie Kinder in die Wurstküche ein, damit diese verstehen, dass die Wurst nicht vom Discounter, sondern vom Tier kommt. Für viele ist Fleisch nicht wegzudenken. Doch nun streicht Freiburg im Breisgau das Fleisch vom Menu der Grundschulen und Kitas. Die Aufregung ist gross.
(Erstausstrahlung: 4. März 2023)

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«International» befasst sich wöchentlich mit internationaler Politik und Gesellschaft. Seit 1978 am Radio und von Anbeginn auch online. Reportagen, Analysen und Geschichten zur internationalen Aktualität, meist erzählt von Auslandskorrespondenten und -korrespondentinnen von Radio SRF.
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Folge vom 22.07.2023«Best of»: Currywurst mit den Deutschen
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Folge vom 15.07.2023«Best of»: Libanon – «Warum machen sie uns zu Kriminellen?»Kaum volljährig geworden, merkte die libanesische Nachkriegsgeneration, dass etwas in ihrem Staat faul war. Als sie 2015 auf die Strasse ging, um gegen die korrupte Machtelite zu demonstrieren, war es jedoch bereits zu spät. Der Staat war bankrott. Im kleinen Mittelmeerstaat kämpfen inzwischen viele um ihre Existenz. Selbst die einstige Mittelschicht ist betroffen. Seit drei Jahren darf sie ihr Geld auf der Bank nicht holen. Und wegen der horrenden Inflation reichen ihre Saläre nicht mehr zum Überleben. Die Not treibt manche in die Kriminalität. Sally Hafez, 28, stammt aus einer Mittelstandsfamilie in Beirut. Sie hatte einen guten Job, Geld für Kleider, Reisen und ein Auto. Gleichzeitig dauerten die täglichen Stromausfälle in Beirut immer länger, das Trinkwasser war verschmutzt, der Abfall stapelte sich in den Strassen. Die junge Libanesin begann, wie viele ihrer Generation, Fragen zu stellen, und einen Systemwechsel zu fordern. Als die Korruption aufflog und das ganze System wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel, schuf die politische Elite Milliarden ausser Landes. Gleichzeitig beschränkte sie Bankenbezüge fürs Volk auf einen lächerlich kleinen Betrag. Als ihre krebskranke Schwester eine lebensrettende Operation brauchte, wollte Sally Hafez dafür Geld von ihrem Sparkonto abheben. Die Bank weigerte sich, ihr das Geld zu geben. Eines Tages überfiel die junge Frau ihre Quartierbank, um das Geld für ihre Schwester zu holen. Eine Überlebensgeschichte aus einem gescheiterten Staat. In dem selbst Anwältinnen und Richter verarmen. (Erstausstrahlung: 14. Januar 2023)
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Folge vom 08.07.2023«Best of»: Amoklauf in Newtown: Aktivismus und TraumaIn Newtown geschah vor zehn Jahren das Unvorstellbare: Ein Amokläufer tötete in einer Schule 26 Menschen, darunter 20 Kinder. Zurück blieben eine traumatisierte Gemeinde - und Eltern, die zu Aktivisten wurden. Da ist etwa Mark Barden. Sein sechsjähriger Sohn wurde damals im Schulhaus erschossen. Bis heute quält Barden der Gedanke, dass sein kleiner Bub einsam und allein sterben musste - weil der Täter so leicht Zugang hatte zu einer tödlichen Waffe. Die Tat hat in den USA eine heftige Debatte über Waffengewalt ausgelöst. Präsident Obama reiste damals nach Newtown, während der rechte Verschwörungstheoretiker Alex Jones behauptete, der Amoklauf habe gar nie stattgefunden. Die Waffengewalt ist derweil zu einer Art Epidemie geworden in den USA: So viele Menschen wie nie zuvor starben 2020 durch Schusswaffen: gut 45 000. Schusswaffen sind bei Kindern inzwischen die häufigste Todesursache. Vater Mark Barden hat nach dem Tod seines Sohnes eine Organisation gegründet, die versucht, Amokläufe zu verhindern. Er engagiert sich vor allem in der Prävention. Schüler:innen und Lehrpersonen sollen Warnzeichen bei potenziellen Tätern erkennen und rechtzeitig Hilfe suchen. Zudem kämpft Barden - wie viele andere Menschen in Newtown - für schärfere Waffengesetze, ein schwieriges Unterfangen, weil Amerikas Konservative den praktisch unbegrenzten Zugang zu Schusswaffen für ein Grundrecht halten. In der Sendung kommen auch zu Wort: Teenager, die als Kinder den Amoklauf von Newtown überlebt haben sowie Matthew Crebbin, ein örtlicher Priester. Er versucht seit dem Amoklauf, den Schmerz in seiner Gemeinde zu lindern. (Erstausstrahlung: 11. März 2023)
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Folge vom 01.07.2023Chiles Hauptstadt geht das Wasser ausAuch in Chile wird es immer heisser und trockener. Seit vielen Jahren herrscht eine extreme Dürre in dem südamerikanischen Land. Besonders betroffen ist die Region um die Hauptstadt Santiago. Dort wird das Wasser immer knapper. Die Aussichten sind prekär. Eigentlich sollte Trinkwasser kein Problem sein in Chile. Das Land ist durchzogen von Flüssen, die sich aus dem Schmelzwasser der Anden speisen. Aber seit mehr als zehn Jahren hat es nicht mehr ausreichend geregnet, und die Gletscher schrumpfen. Chile ist ausserdem eines der wenigen Länder weltweit, in denen das Wasser fast vollständig privatisiert ist. Und: Die Industrie verbraucht viel von dem kostbaren Nass, insbesondere die für das Land wichtige Minenindustrie. Gleichzeitig nimmt auch die Intensität und Zahl von Hitzewellen zu. Für viele Menschen ist das eine prekäre Situation. Einige wandern sogar ab, in andere Städte oder in die Provinz. Es gibt inzwischen zahlreiche Ideen und Bemühungen, um die Millionenmetropole Santiago davor zu bewahren, dass ihr das Wasser ausgeht. So gibt es Pläne für die Rationierung von Wasser, Bäume werden gepflanzt. Man könnte Meerwasser entsalzen und das Abwasser besser nutzen. Aber ob das genügen wird, damit Santiago überleben kann, ist ungewiss.