Nach 60 Jahren hat sich die Schweizer Schriftstellerin Zora del Buono auf die Suche nach dem Mann gemacht, der für den Tod ihres Vaters verantwortlich ist. Daraus entstanden ist «Seinetwegen», ein sehr behutsames Buch über Schuld.
1963: Zora del Buono war gerade einmal acht Monate alt, als ihr Vater bei einem Autounfall in der Ostschweiz ums Leben kam. Der tote Vater – er wurde zur Leerstelle in del Buonos Leben. Sie wuchs allein bei ihrer Mutter auf. Über den Unfall geredet wurde kaum.
Jetzt, mit Anfang 60, überkam del Buono das Bedürfnis, mehr darüber zu erfahren, wie sich der Unfall damals zugetragen hat. Sie wollte den Verursacher finden, der mit viel zu hoher Geschwindigkeit auf der Landstrasse unterwegs gewesen war.
Wie hat er all die Jahre gelebt mit seiner Schuld? Was war er für ein Mensch? War er wirklich der Hallodri, als der er in ihrer Familie immer galt? Diese Fragen hat sich del Buono gestellt und ihre Recherche schreibend begleitet. Herausgekommen ist das Buch «Seinetwegen». Keine plumpe Anklageschrift, sondern ein behutsames Buch über Schuld, das zeigt, wie schnell ein Unfall binnen weniger Sekunden das Leben mehrerer Menschen verändern – oder gar beenden – kann.
Für diese Folge von «Literaturclub: Zwei mit Buch» hat sich SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr mit Zora del Buono auf dem Friedhof Fluntern in Zürich getroffen – am Grab des Vaters.
Dieses Buch steht im Zentrum der Folge:
Zora del Buono: «Seinetwegen». 204 Seiten. C.H. Beck, 2024.
Im Podcast zu hören sind:
* Zora del Buono, Schweizer Autorin
* Dr. Gianclaudio Casutt, Verkehrspsychologe
Weitere, im Podcast erwähnte Bücher:
* Zora del Buono: «Die Marschallin». 384 Seiten. Diogenes, 2022.
* Zora del Buono: «Gotthard». 160 Seiten. Diogenes, 2024.
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Kultur & Gesellschaft
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Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Mit den Hosts Franziska Hirsbrunner/Katja Schönherr, Jennifer Khakshouri/Michael Luisier und Felix Münger/Simon Leuthold. Mehr Infos: www.srf.ch/literatur Kontakt: literatur@srf.ch
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97 Folgen
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Folge vom 26.07.2024«Seinetwegen» von Zora del Buono: War er wirklich ein Hallodri?
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Folge vom 12.07.2024«Sprung ins Leere» von Heinrich Steinfest: Literatur und KunstHeinrich Steinfest schreibt über Kunst. Und schafft damit selbst ein Kunstwerk. Gekonnt erzählt und sprachlich brillant nimmt es uns mit auf eine Abenteuerreise, die bis nach Japan führt. Immer auf der Suche nach dem Geheimnis eines unverhofft aufgetauchten Bildes. Das Bild heisst «Sprung in die Leere» und stammt von einer verschollenen Frau. Es zeigt praktisch dasselbe Motiv wie ein sehr bekanntes Bild des französischen Künstlers Yves Klein mit demselben Titel, nur dass bei Yves Klein ein Mann ins Leere springt und bei der unbekannten Frau eine Frau. Der Clou dabei: Das Bild der Frau ist drei Jahre älter als das des weltbekannten Künstlers. Warum ist das so? Und wo ist die Frau geblieben? Heinrich Steinfest schickt die Enkelin der verschollenen Frau auf die Suche nach ihr. Bald wird klar, dass die Frau genug Spuren hinterlassen hat, um sie – falls sie denn noch lebt – tatsächlich auch zu finden. Sicher aber ist die Anlage des Buches ein wunderbarer Ausgangspunkt für einen begnadeten Erzähler wie Heinrich Steinfest. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Heinrich Steinfest. Sprung ins Leere. 496 Seiten. Piper Verlag, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Heinrich Steinfest, Buchautor * Ann Demeester. Direktorin des Kunsthaus Zürich Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
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Folge vom 28.06.2024«Martha und die Ihren» von Lukas Hartmann: Die Schande der ArmutVerdingkind, Armut, Fabrikarbeit, Plackerei bis zum Umfallen – Lukas Hartmann spürt in seinem aktuellen Roman dem harten Los seiner um die Jahrhundertwende geborenen Grossmutter nach. Und wie sie die Erfahrung der bitteren Not an ihre Kinder und Enkel vererbte – mit dramatischen Folgen. Im Podcast erzählt Lukas Hartmann, er habe lange gezögert, sich an diesen intimen Familienstoff zu wagen. Zuletzt habe er dessen literarische Umsetzung, bei der er auch sich selbst als Figur auftreten lässt, als innere Verpflichtung empfunden. Herausgekommen ist ein Werk, das – laut Host Felix Münger – als Jahrhundertroman gelten kann: Er mache an realen und psychologisch komplexen Figuren die sich wandelnden Lebenswirklichkeiten und Mentalitäten der Schweiz im 20. Jahrhundert greifbar. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Lukas Hartmann. Martha und die Ihren. 297 Seiten. Diogenes, 2024. (Hörbuch, gelesen von Alexandre Pelichet, Diogenes, 2024.) Im Podcast zu hören sind: * Lukas Hartmann, Buchautor * Brigitte Studer, Historikerin Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
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Folge vom 14.06.2024«Maifliegenzeit»: Matthias Jügler über vorgetäuschten Säuglingstod in der DDR«Eine grössere Leerstelle kann ich mir nicht vorstellen», sagt Matthias Jügler über die Kinder, die in der DDR unmittelbar nach der Geburt für tot erklärt und zur Adoption an kinderlose Parteikader weitergegeben wurden. Was wie eine Räuberpistole klingt, ist belegt, auch wenn eine grosse Dunkelziffer vermutet wird. Matthias Jügler, der 1984 in der DDR geboren wurde, interessiert aber weniger der Krimi-Aspekt dieser ungeheuerlichen Vorkommnisse. Er geht in seinem neuen Roman der Frage nach, wie Eltern und Kinder mit einem solchen Schicksal leben – mit der Ungewissheit, der Suche und eben der Leere. Der Vater in «Maifliegenzeit» findet etwas Ruhe beim Fischen. Matthias Jügler ist selbst ein passionierter Fischer. Das Interview verlegte er deshalb in die Wolkensteiner Schweiz am Eingang zum Erzgebirge. Der Roman spielt zwar in einer anderen Gegend, aber dort fische es sich nicht so gut wie an der Zschopau. Tatsächlich biss eine Forelle an, kaum dass Matthias Jügler einen Maifliegenköder übers Wasser tanzen liess Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Matthias Jügler. Maifliegenzeit. 153 Seiten. Penguin Verlag, 2024. Im Podcast zu hören ist: * Matthias Jügler, Buchautor Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .