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Sportverräter - Die Flucht des Vizeweltmeisters
In der DDR galten Spitzensportler als Soldaten im ideologischen Wettkampf mit dem Westen. Eine Flucht eines solch hochrangigen Athleten wurde von der Stasi als "Sportverrat" betrachtet. Im außergewöhnlichen Fall des Turners Wolfgang Thüne war ironischerweise sein größter Rivale letztlich derjenige, der ihm zur Flucht verhalf.
Im Jahr 1974 errang Wolfgang Thüne bei der Weltmeisterschaft der Turner in Varna, Bulgarien, den zweiten Platz am Reck - ein bemerkenswerter Triumph, doch gleichzeitig der Anfang vom Ende seiner sportlichen Laufbahn in der DDR. Denn der Erstplatzierte war Eberhard Gienger, sein stärkster Gegner aus der BRD, der damals als Sportler des Jahres in Westdeutschland gefeiert wurde und als Idol der Sportwelt galt. Diese bittere Niederlage konnten die Offiziellen der DDR nicht hinnehmen. Sie forderten von Thüne, beim nächsten großen Wettkampf unbedingt über den "Klassenfeind" zu siegen.
Bei der Europameisterschaft 1975 in Bern sollte dies geschehen, doch es kam anders: Thüne hatte eine verzweifelte Anfrage an seinen größten Rivalen gestellt - "Kannst du mir zur Flucht verhelfen?" Die Wahrheit darüber bewahrten beide lange Zeit. Hätte Eberhard Giengers Rolle als Helfer der Flucht Bekanntheit erlangt, wäre auch seine eigene Karriere in ernster Gefahr gewesen.
"Sportverräter - Die Flucht des Vizeweltmeisters" im Überblick
Sportverräter - Die Flucht des Vizeweltmeisters
von Dieter Wulf
Produktion: 2025
Sendezeit | Di, 27.05.2025 | 19:15 - 20:00 Uhr |
Sendung | Deutschlandfunk "Das Feature" |