Der spanische Nationalstolz ist in jüngster Zeit durch die katalanische Unabhängigkeitsbewegung zu einem zentralen Thema der spanischen Politik geworden. Rechtsradikale Tendenzen durch die Partei Vox, aber auch die von Intellektuellen und Politikern vertretene Position, dass es einen spanischen Nationalismus überhaupt nicht gibt, prägen die gesellschaftliche Auseinandersetzung. In seinem Buch »Die bewegte Nation« skizziert der Historiker Xosé Manoel Núñez Seixas die Entwicklung des spanischen Nationalgefühls vom Verlust der einstigen Größe, über den blutigen Bürgerkrieg und die Diktatur Francos bis zu den Debatten der Gegenwart. Im Gespräch mit Anna Catharina Hofmann und Philipp Müller diskutiert Núñez Seixas die Frage, inwieweit Patriotismus und Nationalismus unterschiedliche Konzepte sind und ob das Beispiel Spanien eine Ausnahme im europäischen Kontext darstellt.

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TiefenSchärfe Folgen
Inputs, die die Gegenwart verständlich machen – aus Soziologie, Geschichte und Politikwissenschaft. Präsentiert von der Hamburger Edition, dem Verlag des Hamburger Instituts für Sozialforschung.
Folgen von TiefenSchärfe
11 Folgen
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Folge vom 27.07.2020»Spaniens Seufzer« – Xosé M. Núñez Seixas, Anna Catharina Hofmann und Philipp Müller im Gespräch
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Folge vom 30.06.2020Lecture: »Volk, Volksgemeinschaft, AfD« mit Michael WildtWeltweit begründen populistische Bewegungen die Legitimität ihrer Ziele damit, dass sie »den Willen des Volkes« vertreten würden – selbst, wenn sie bei Wahlen regelmäßig nur einen Bruchteil der abgegebenen Stimmen ernten. Wie lässt sich die anhaltende Wirkmächtigkeit einer solchen Begründung erklären – und ist ein inklusives Konzept von »Volk« denkbar, das nicht auf der Marginalisierung und Ausgrenzung von Teilen der Bevölkerung beruht? Einen Einblick in die Vielfalt der verschiedenen Volkskonzepte liefert in dieser Lecture der Berliner Historiker Michael Wildt, Autor des Buches » Volk, Volksgemeinschaft, AfD«.
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Folge vom 13.05.2020Ann Pettifor zur Notwendigkeit des Green New DealsEs ist schwer vorstellbar, aber als wir Anfang März Ann Pettifor zu ihrem neuen Buch »Green New Deal« interviewten, war der Klimawandel noch das beherrschende Thema in Politik und Öffentlichkeit. Jedoch kamen wir immer wieder auf die sich abzeichnende Covid-19-Pandemie und ihre Folgen zu sprechen. Für Ann Pettifor offenbart auch diese Situation – wie der Klimawandel – die bemerkenswerte Ohnmacht der Märkte in Krisenzeiten und die Notwendigkeit gemeinschaftlichen Handelns. Sie sieht in beiden Krisen allerdings auch eine Chance: Nämlich, dass wir als Gesellschaft die Bedeutung von Solidarität, Informiertheit und internationaler Zusammenarbeit wiederentdecken.
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Folge vom 29.04.2020Lecture: »Die Erfindung des Terrorismus« mit Carola DietzeTerroristischer Gewalt ist ein »kommunikatives Element« zu eigen: Der Terrorismus kann nur dann die von den Gewalttätern intendierten psychologischen und politischen Wirkungen entfalten, wenn über ihn berichtet wird, wenn der Schrecken – denn nichts anderes bedeutet »Terror« –, der von den Taten ausgeht, nicht am Anschlagsort verbleibt, sondern eine breite Öffentlichkeit erreicht. Möglich wurde dies erst durch die Entstehung von Massenmedien und Massenöffentlichkeit in Europa, Russland und den USA während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Historikerin Carola Dietze zufolge lassen sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts fünf Einzelpersonen identifizieren, die sich wechselseitig inspirierten und innerhalb von nur acht Jahren die Handlungslogik des »modernen« Terrorismus verstanden und anwendeten. Die entscheidende Gemeinsamkeit dieser »Erfinder« des Terrorismus war dabei nicht ideologischer Art. So trat einer von ihnen für die Abschaffung der Sklaverei in den USA ein – einem anderem sollte nur sechs Jahre später die Ermordung jenes US-Präsidenten gelingen, der die Sklaven befreite. Sie bestand vielmehr darin, dass diese fünf Terroristen die Wechselwirkungen zwischen inszenierter Gewalt, Medienberichterstattung und deren politischen Effekten erkannten.