Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme, Verschwendung. Die Vorwürfe gegen die fristlos entlassene RBB-Chefin empören. Wächst sich das zur allgemeinen Krise der Öffentlich-Rechtlichen aus?
"Bloß nicht langweilen", ist der aktuelle Claim des Rundfunks Berlin-Brandenburg. Und langweilig ist es beim RBB seit zwei Monaten nicht mehr. Ende Juni hat das Online-Magazin Business Insider erstmals über Ungereimtheiten in der Chefetage des RBB berichtet. Die inzwischen geschasste Intendantin und die Führungsetage sollen sich Boni weit über ihre Jahresgehälter hinaus zugeschanzt haben. Zudem gibt es Berichte über gediegene Abendessen privater Natur, die aber über den Sender als Geschäftsessen abgerechnet worden sein sollen. Außerdem geht es unter anderem um Schlesingers mondänen Dienstwagen, die Luxusrenovierung der Chefetage sowie Beraterverträge auch für Schlesingers Ehemann. Offenbar haben die Kontrollinstanzen des RBB versagt. Aber: Es gilt die Unschuldsvermutung, Schlesinger und andere bestreiten die Vorwürfe.
"Der RBB ist ein Laden, bei dem die Tür offen stand und man nicht genau weiß, was in der Zeit passiert ist, als die Tür offen stand", sagt SZ-Medienredakteurin Claudia Tieschky. Ihre fristlosen Kündigung sei mit dem Verlust des Vertrauens begründet worden. Und wichtig sei gewesen, "der Öffentlichkeit zu signalisieren, dass es keine Abfindung für sie geben wird". Dabei sei juristisch völlig unklar, was von den Vorwürfen Bestand haben wird. Derzeit prüfen das die Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Anwälten und nicht zuletzt die Journalisten des RBB selbst. Der einhellige Vertrauensentzug ARD-Intendantinnen und -Intendanten sei "ein einmaliger Vorgang".
Aber sie habe "auch den Verdacht, dass man damit sagen wollte, das was im RBB passiert, das hat mit uns gar nichts zu tun", sagt Tieschky. Grundsätzlich sei es ein Problem, dass "die ARD so hermetisch wirkt", "extrem undurchsichtig ist" und man kaum verstehe, wie die öffentlich-rechtlichen Sender kontrolliert würden. "Ich glaube, die Leute brauchen einfach Klarheit. Die Beitragszahler, die jeden Monat das Geld überweisen wollen wissen, dass damit nicht Verschwendung stattfindet."
Weitere Nachrichten: Ukraine-Krieg, Urteile im Fall Lübcke bestätigt.
Moderation, Redaktion: Lars Langenau
Redaktion: Tami Holderried
Produktion: Benjamin Markthaler
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Folge vom 25.08.2022RBB: Der bizarre Fall Patricia Schlesinger
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Folge vom 24.08.202230 Jahre Pogrom in Rostock-Lichtenhagen: "Aus Sicht der Täter ein Erfolg"Vor 30 Jahren hat ein rechter Mob in Rostock-Lichtenhagen Asylbewerber und Migranten angegriffen. Ein Gespräch über das Erbe dieses Pogroms. Vom 22. bis zum 26. August 1992 tobt in Rostocker Stadtteil Lichtenhagen ein rechter Mob. Der Zorn von Hunderten entlädt sich gegen Geflüchtete, die dort seit Wochen vor der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber campieren. Erst fliegen Steine, dann Molotowcocktails, Bürger applaudieren. Nachdem die Unterkunft geräumt ist, richtet sich die Wut gegen das benachbarte Wohnheim vietnamesischer Vertragsarbeiter. Das Haus wird gestürmt, Feuer gelegt. Eine völlig überforderte Polizei kapituliert, die Feuerwehr ist hilflos. 150 Menschen sind in Todesangst. Nur knapp entkommen sie über einen Notausgang aufs Dach dem Tod. Erst nach vier Tagen und Nächten des Pogroms bekommt ein massives Polizeiaufgebot die Lage unter Kontrolle. "Das aggressive Grundrauschen, das immer mehr anschwoll", habe sie schon in ihrer Kindheit erlebt, sagt die gebürtige Rostockerin und SZ-Redakteurin Ulrike Nimz. Lichtenhagen sei deshalb auch so "ein Fanal" gewesen, "weil das Versagen von Politik und Behörden so allumfassend war". Auch habe der damalige Kanzler Helmut Kohl (CDU) von einem Staatsnotstand beim Thema Asyl gesprochen. Man habe danach die Gelegenheit genutzt, um das Asylrecht zu verschärfen. "Das grenzt natürlich an Täter Opfer Umkehr. Und was noch viel schlimmer ist: Aus Sicht der Täter war Lichtenhagen ein Erfolg." Lichtenhagen erschien "wie ein Solitär". Aber bereits ein Jahr zuvor gab es in Hoyerswerda ähnliche Ausschreitungen. "Bürger konnten Seite an Seite mit Neonazis Steine schmeißen." Auch habe es die Morde von Mölln und Solingen und vor zwei Jahren in Hanau gegeben. "Von Einmaligkeit kann man ganz und gar nicht sprechen." Teilweise gebe es einen "Reflex, das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen zu einer Sache zu machen, die nichts mit den Rostock zu tun" habe. Es seien angereiste Neonazis gewesen. "Das stimmt teilweise, aber eben nicht nur. Also gerade am Anfang waren es Lichtenhagen und Rostocks Bürger, die da standen, geklatscht haben, als wäre das ein Happening." Die Erfahrung der Selbstermächtigung, das Erbe von Lichtenhagen, wirke bis heute bei diesen Leuten. "Die haben gelernt, dass man nur Steine schmeißen und ein paar Mollis basteln muss, um zu bekommen, was man will, nämlich eine vermeintlich ausländerfreie Stadt." Wichtig sei Zivilcourage um eine Wiederholung zu verhindern, aber auch konsequente Strafverfolgung und konsequente Ahndung von rassistischen Übergriffen - auch im Internet. Weitere Nachrichten: Neue Corona-Regeln, Missbrauchsfall im Trierer Bistum fehlt in Zwischenbericht. Moderation, Redaktion: Lars Langenau Redaktion: Franziska von Malsen Produktion: Immanuel Pedersen Zusätzliches Audiomaterial über Spiegel TV
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Folge vom 23.08.2022Scholz in Kanada: "Rohstoffreich wie Russland, nur demokratisch"Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck besuchen Kanada. Ein riesiges Land voller Rohstoffe wie Russland. Nur eben anders. Besonders Robert Habeck hat sich seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine als Weltreisender bei der Suche nach Energie-Alternativen hervorgetan. Jetzt ist der grüne Wirtschaftsminister gerade mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und einer deutschen Wirtschaftsdelegation für drei Tage in Kanada. Der Krieg in der Ukraine macht das riesige Land plötzlich auch für die deutsche Industrie äußerst interessant. Die Aussage dieser langen Reise von Scholz und Habeck ist: "Wir nehmen Kanada sehr ernst und wichtig", sagt Daniel Brössler, Berlin-Korrespondent der SZ. Er begleitet den Kanzler und Wirtschaftsminister. Kanada sei wie Russland ein ressourcenreiches Land, "nur ist es eben eine Demokratie", sagt Brössler. Die bestehende Partnerschaft solle ausgebaut werden. Kanada solle helfen, "das auszugleichen, was durch den Krieg in der Ukraine wegfällt". In Neufundland schaut sich die Delegation auch die Entwicklung der Energiegewinnung aus Wasserstoff an. "Die Hoffnung ist, dass 2025 das schon ernsthaft losgehen könnte mit Lieferungen aus Kanada." Allerdings müsse dafür die Infrastruktur erst noch geschaffen werden. Die Terminals, die gerade in Deutschland schon für LNG-Flüssiggas gebaut werden, sollen künftig auch für Wasserstoff nutzbar sein. Derzeit sei Kanada noch ein riesiger Produzent von fossilen Brennstoffen, aber auch Kanada will auf saubere Energie umsteigen. Bislang hieß es, dass Flüssiggas-Lieferungen über den Atlantik unrentabel seien. Aber angesichts der Gaspreise in Europa wolle der kanadische Premier Justin Trudeau die Möglichkeiten dafür nochmals prüfen lassen. In Kanada gebe es aber auch Kritik, weil dort eigentlich Konsens bestehe, von den fossilen Brennstoffen weg zu wollen. Und, weil auch dort die Technologie des Fracking sehr umstritten ist. Den Link zum Aktuellen Lexikon über Wasserstoff finden Sie hier und den Link zum Abschied von Anthony Fauci hier. Weitere Nachrichten: Arbeitnehmer verdienen weniger, gute Ernte trotz Dürre. Moderation, Redaktion: Lars Langenau Redaktion: Tami Holderried, Nadja Schlüter Produktion: Jakob Arnu Zusätzliches Audiomaterial über dpa
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