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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 25.04.20251000 Jahre deutsche RheinlandeIm Jahr 1925 jährte sich zum eintausendsten Mal die Unterwerfung Gieselberts von Lothringen unter den Ostfranken-König Heinrich I., der Lothringen hernach neben Franken, Schwaben, Sachsen und Bayern zum fünften Stammesherzogtum im Reich erhob. Im Grunde handelte es sich hierbei nur um die Wiederherstellung der territorialen Verhältnisse aus der Zeit Karls des Kahlen ein halbes Jahrhundert zuvor, der in den folgenden Jahrhunderten etliche neuerliche Grenzverschiebungen zwischen Frankreich und Deutschland folgen sollten. Dennoch hatte man sich in der Weimarer Republik entschieden, das eher willkürliche Datum 925 zum Anlass für einen großen Jubiläumsmarathon zu nehmen, mit dem man der Erschließung der deutschen Rheinlande mit Ausstellungen, Festen und Sternfahrten gedenken wollte. Der Verdacht liegt nahe, dass es hierbei vor allem um ein Zeichen an Frankreich gehen sollte, das noch immer weite Teile eben dieser Rheinlande besetzt hielt. Die Bergedorfer Zeitung zeigt sich in ihrer Ausgabe vom 25. April indes nicht nur patriotisch ergriffen, sondern auch von der nüchtern-ökonomischen Hoffnung beseelt, dass die Jahrtausendausstellung der rheinischen Tourismusindustrie zugute käme. Es liest ein echter Rheinländer: Frank Riede.
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Folge vom 24.04.2025Gegen Hindenburg und eine fatale deutsche Neigung zur GefühlspolitikÜber die Zahl der Unentschlossenen gab es am 24. April 1925, zwei Tage vor dem zweiten und entscheidenden Durchgang bei den deutschen Reichspräsidentenwahlen, anders als heute, kaum belastbare Umfragedaten. Dennoch oder vielleicht gerade deswegen zogen die Leitartikler noch ein letztes Mal los, die Zweifelnden und Schwankenden von den besseren Argumenten zu überzeugen. Der Hamburger Anzeiger ging dabei weit in der Geschichte zurück, um dort eine fatale Neigung zu in Deutschland identifizieren, sich im Zweifelsfall, statt vom Verstand, von Gefühlen, und dabei allzu oft auch noch von den falschen leiten zu lassen. Wie richtig er mit dieser Ahnung lag, sollte sich 48 Stunden bestätigen. Frank Riede ist für uns noch voller Hoffnung.
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Folge vom 23.04.2025Urteil im Tscheka ProzessDie kommunistische Untergrundorganisation, der die Weimarer Presse den Namen Deutsche Tscheka gab, plante politische Morde, Sprengstoffattentate, und weitere Aktionen, die das Deutsche Reich destabilisieren sollten, um einen kommunistischen Umsturz herbeizuführen. Sie verübte allerdings lediglich einen Mord an einem Mitglied der Gruppe, das man verdächtigte, ein Spitzel zu sein. Die Gruppe war, inklusive ihrer Verbindungen nach Russland, aufgeflogen und es wurde über sie vor dem Volksgerichtshof in Leipzig geurteilt. Die Harburger Anzeigen und Nachrichten vom 23. April 1925 berichteten von der Urteilsverkündung. Die aktiven Mitglieder, die teilweise die Planungen zugaben, wurden zu Tode verurteilt. Wahrscheinlich könnte man auch an diesem Urteil zeigen, dass die Justiz geplante Gewalt von links schärfer bestrafte, als tatsächliche rechte Gewalt. Allerdings wurden diese Urteile nicht vollstreckt, ein Teil der Verurteilten wurde im Austausch gegen unter Spionageverdacht verhaftete deutsche Studenten an Russland übergeben. Es liest Rosa Leu.
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Folge vom 22.04.2025Gegen Hindenburg, für die Vereinigten Staaten von EuropaAm 22. April 1925, vier Tage vor dem zweiten Wahlgang zum Reichspräsidenten, standen natürlich alle Leitartikel im Zeichen der Frage Marx oder Hindenburg – erst recht in einer sozialdemokratischen Zeitung wie dem Lübecker Volksboten. Und doch weitet der Kommentar „Europas Schicksalsstunde“ noch einmal den Blick und diskutiert die bevorstehende Abstimmung in Deutschland in Zusammenhang mit den aktuellen Entwicklungen in Frankreich, wo sich der um einen Ausgleich mit Deutschland bemühte linke Premierminister Èdouard Herriot soeben genötigt gesehen hatte, wegen der anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrise von seinem Amt zurückzutreten. Die Mahnung, der Weg zu Frieden und Wohlstand in Europa führe nur über eine funktionierende Achse Paris – Berlin und müsse sich, so die tatsächlich bereits hier vorkommende Formulierung, „Vereinigte Staaten von Europa“ zum Ziel nehmen, klingt bedrückend aktuell. Es liest Frank Riede.