Die SRF-Kritikerrunde bespricht ein aktuelles und ein immer noch aktuelles Buch: «Drei Wochen im August», das aktuelle Buch der deutschen Schriftstellerin Nina Bussmann, und «The Great Gatsby», das immer noch aktuelle Jahrhundertwerk des US-Amerikaners F. Scott Fitzgerald.
Warme Ferientage an der Atlantikküste. Was idyllisch klingt entpuppt sich in Nina Bussmanns Roman «Drei Wochen im August» als unheilvolles Kammerspiel. Zwei Frauen, drei Kinder und ungebetene Gäste sind im französischen Ferienhaus mit Konflikten konfrontiert, die sie nicht austragen. Und während die Situation zu eskalieren droht, brennen rundherum schon die Wälder. Dieser Roman überzeugt Tim Felchlin durch seine bedrohliche Spannung und feinsinnige Psychologie.
Der Roman «The Great Gatsby» des US-Amerikaners F. Scott Fitzgerald zählt zu den bekanntesten Romanen der amerikanischen Literatur. Das Buch über einen Multimillionär, der getrieben ist von der Sehnsucht nach einer ehemaligen Geliebten, ist eines der weltweit meistgelesenen Bücher. Vor genau hundert Jahren ist es erschienen. Es sei bis heute packend zu lesen, findet Felix Münger, auch deshalb, weil es trotz seines Alters Einblicke in das Wesen und Funktionieren der USA vermittelt - gerade auch in Zeiten Donald Trumps.
Buchhinweise:
Nina Bussmann. Drei Wochen im August. 317 Seiten. Suhrkamp, 2025.
F. Scott Fitzgerald. Der grosse Gatsby. Aus dem Amerikanischen von Bettina Abarbanell. 249 Seiten. Diogenes, 2025.
Wiederholung der BuchZeichen-Sendung vom 08.04.2025
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Folge vom 08.07.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Aktuell und immer noch aktuell (W)
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Folge vom 01.07.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Erkundungen hinter der FassadeAyelet Gundar-Goshen zeichnet in «Ungebetene Gäste» ein tiefschürfendes Psychogramm der israelischen Gesellschaft. Der Deutsche Juan S. Guse seziert in «Tausendmal so viel Geld wie jetzt» die verführerische Macht von Krypto-Währungen. In ihrem neuen Roman «Ungebetene Gäste» erzählt die israelische Autorin Ayelet Gundar-Goshen eindringlich von Schuld, Schweigen und moralischer Zerrissenheit in Israels Gesellschaft. Es beginnt damit, dass ein Kind mit dem Hammer eines arabischen Bauarbeiters spielt. Der Hammer fällt vom Balkon und trifft einen Teenager tödlich. Verhaftet wird jedoch der Arbeiter. Die Mutter des Kindes kennt die Wahrheit – und schweigt. Der psychologisch dichte Roman stelle das tiefe Misstrauen zwischen arabischer und israelischer Bevölkerung im heutigen Israel dar, sagt Jennifer Khakshouri. Das Buch sei damit «politisch hoch aktuell» und überdies «ein Pageturner». Der 1989 geborene deutsche Schriftsteller und Autor Juan S. Guse hat sich ein Jahr lang mit Männern getroffen, die mit Kryptowährungen wie Bitcoin reich geworden sind. Sie waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Guse beneidet sie um ihr Geld-Glück. Der Neid bot Guse die Inspiration zu seinem Buch «Tausendmal so viel Geld wie jetzt»: eine Sammlung literarischer Portraits der Krypto-Millionäre. Die Texte würden erkunden, «wie sehr der plötzliche Reichtum die Männer verändert hat» – und bildeten «eine soziologische Kleinstudie in Literaturform», findet Katja Schönherr. Jubiläums-Lesetipp: Vor 125 Jahren wurde der französische Autor und Pilot Antoine de Saint-Exupéry geboren. Seine märchenhafte Erzählung «Der kleine Prinz» wurde rund 140 Millionen Mal verkauft und ist damit eines der erfolgreichsten Bücher der Welt. Tatsächlich sei das Werk von «zeitloser und bezaubernder Lebensklugheit», sagt Felix Münger. Es eigne sich damit auch zum Wiederentdecken. Buchhinweise: Ayelet Gundar-Goshen. Ungebetene Gäste. Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama. 320 Seiten. Kein & Aber, 2025. Juan S. Guse. Tausendmal so viel Geld wie jetzt. 190 Seiten. S. Fischer, 2025. Antoine de Saint-Exupéry. Der Kleine Prinz (diverse Ausgaben)
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Folge vom 24.06.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Pageturner und SeelentrösterZwei sehr unterschiedliche Bücher sind Thema am Literaturstammtisch im aktuellen BuchZeichen auf Radio SRF 1. «Die Nulllinie» des polnischen Starschriftstellers Szczepan Twardoch und «Stars» der deutschen Newcomerin Katja Kullmann. Der Krieg in der Ukraine ist seit über drei Jahren ein Dauerthema in den Nachrichten. Für die Soldaten an der Front bedeutet er ein Grauen ohne Ende. Davon erzählt der schlesische Erfolgsschriftsteller Szczepan Twardoch in seinem Roman «Die Nulllinie». Der Roman schildert den Kriegsalltag von ukrainischen Soldaten an der Front. Sie sind vom Tod umgeben, müssen in Kälte und Schlamm leben und haben kaum Hoffnung, die Hölle zu überleben. Für Felix Münger ist der Roman ein literarischer Wurf und leider auch ein Buch zur Stunde. Carla sitzt ihre Tage in einem öden Bürojob ab. Bis plötzlich ein Karton voller Geld vor ihrer Tür steht. Carla entschliesst sich zu kündigen und ihr Hobby zum Beruf zu machen: Sie wird Astrologin, berät Menschen hinsichtlich ihrer Träume und Hoffnungen. Das Business läuft schnell an, Carla wird zum Astro-Star – und irgendwann beginnt sie selbst, an die Macht von Horoskopen zu glauben. Die deutsche Autorin Katja Kullmann hat mit «Stars» einen temporeichen, humorvollen Roman geschrieben, der zeigt: Was das Leben mit uns vorhat, das steht in den Sternen. SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr stellt das Buch vor. Der Tipp kommt diese Woche von Michael Luisier. Er empfiehlt «Wir tun nur so», das neue Buch der Kabarettistin Lisa Christ. Buchhinweise: Szczepan Twardoch. Die Nulllinie. Roman aus dem Krieg. Aus dem Polnischen von Olaf Kühl. 256 Seiten. Rowohlt Berlin, 2025. Katja Kullmann. Stars. 256 Seiten. Hanser Berlin, 2025. Lisa Christ. Wir tun nur so. 100 Seiten. edition merkwürdig, 2025.
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Folge vom 17.06.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Vom Suchen und Verfaulen des GlücksVom Glück, Menschen in Not zu helfen und vom Glück, selbst der Not zu entkommen – davon erzählt der Tessiner Giuseppe Vaglio in «Sechzehn Monate». Der Westschweizer C.F. Ramuz spielt in «Dorf im Himmel» eine vollständig glückselige Welt durch. Doch sie endet in der Katastrophe. Im Frühling 1944 wird Giuseppe Vaglio in einem kleinen italienischen Dorf an der Grenze zur Schweiz von der SS verhaftet. Er hat Juden und verletzten Partisanen geholfen, sich in die Schweiz zu retten. Vaglio gerät in ein politisches Gefängnis in Mailand. Dann folgt das KZ Mauthausen in Österreich. Der Tessiner Schriftsteller Fabio Andina ist der Enkel von Giuseppe Vaglio. In seinem aktuellen Roman «Sechzehn Monate» rekonstruiert der Autor die Geschichte seines Vorfahren. Das Buch sei «erschütternd», findet Annette König. Es erzähle «eindrücklich von Widerstand, Durchhaltevermögen und einer grossen Liebe». Am Anfang des Romans «Dorf im Himmel» des 1947 verstorbenen Schweizer Schriftstellers C.F. Ramuz erheben sich die verstorbenen Bewohner eines Bergdorfes aus ihren Gräbern. Sie nehmen ihr Leben von früher wieder auf. Mit einem Unterschied: Es gibt jetzt kein Leid mehr, keinen Schmerz, keinen Hass. Es gibt nur noch das Gute, Reine, Schöne: das ungetrübte Glück. Doch irgendwann beginnt dieses zu faulen – um am Ende kommt es zu einer Apokalypse. «Sprachgewaltig und mitreissend» sei dieser 1941 in seinem französischen Original erstmals veröffentlichte Roman, sagt Markus Gasser. Buchhinweise: · Fabio Andina. Sechzehn Monate. Aus dem Italienischen von Karin Diemerling. 216 Seiten. Rotpunktverlag, 2025. · C.F. Ramuz. Dorf im Himmel. Aus dem Französischen von Steven Wyss. 120 Seiten. Limmat, 2025. · Edi Estermann. Der Elefant im Personalladen. Sprichwörter und Redewendungen wie Strand am Meer. 208 Seiten. Wörterseh, 2025.