Bestsellerautor Jan-Philipp Sendker hat mit «Akikos lange Reise» einen berührenden Roman geschrieben, über den Mut neue Wege zu gehen. Und Verena Kessler gelingt mit «Gym» eine bitterböse Satire auf die moderne Leistungsgesellschaft, die vergnüglich zum Lesen ist.
Der deutsche Autor Jan-Philipp Sendker hat mit dem Roman «Akikos lange Reise» erneut eine berührende Geschichte geschrieben, die vom Mut, das eigene Leben zu verändern, erzählt. Die junge Japanerin Akiko hat sich getraut, alle Sicherheiten und Gewohnheiten hinter sich zu lassen und einen völlig neuen Weg einzuschlagen. Zunächst ist nichts wie erhofft. Aber Akiko entdeckt die Kraft, die in ihr steckt. Ein sehr liebevolles und ruhig geschriebenes Buch, das uns mit existentiellen Fragen konfrontiert, findet Britta Spichiger.
Die deutsche Autorin Verena Kessler lässt ihren aktuellen Roman «Gym» in einem Fitnessstudio spielen. Im Zentrum steht eine zunächst unsportliche junge Frau, die sich dort mit einer Notlüge einen Job an der Saftbar ergattert. Da im Gym das Aussehen alles bedeutet, beginnt sie zu trainieren. Sie verliert bald alles Mass, spritzt sich Steroide – und fällt am Ende tief. Das Buch sei leichtfüssig und mit trockenem Humor erzählt und lasse sich als bitterböse Satire auf die moderne Leistungsgesellschaft verstehen, findet Felix Münger, der den Roman mit grossem Vergnügen gelesen hat.
Buchhinweise:
Jan-Philipp Sendker. Akikos lange Reise. 353 Seiten. Blessing, 2025.
Verena Kessler. Gym. 189 Seiten. Hanser Berlin, 2025.
Kultur & Gesellschaft
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Der Literaturstammtisch im «BuchZeichen» gibt Buchempfehlungen, macht Lust aufs Lesen und bietet gute und intelligente Unterhaltung. Zur Sprache kommen aktuelle belletristische Werke, Klassiker und auch Sachbücher. Bestseller, Reiseberichte, Gedichtbände - hier hat alles Platz.
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Folge vom 28.10.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Über den Mut, neue Wege zu gehen
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Folge vom 21.10.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Die Notwendigkeit von EmpathieDie Britin Julia R. Kelly erzählt in ihrem unterhaltsamen Debütroman «Das Geschenk des Meeres» von der heilenden Kraft der Empathie. Und der 96-jährige Jahrhundertzeuge Paul Lendvai warnt in seinem historisch interessanten Lebensbericht vom Wiedererstarken des Totalitarismus. Das Meer kann für uns Menschen manches bedeuten: Sehnsuchtsort, Gefahr oder auch mythisch aufgeladenes Geheimnis. Mit diesen verschiedenen Bildern spielt der berührende Debütroman «Das Geschenk des Meeres» der Britin Julia R. Kelly. Das Buch erzählt von einem schottischen Fischerdorf um das Jahr 1900. Dort gerät das soziale Gefüge durcheinander, nachdem ein Junge in den Fluten ertrunken ist und ein paar Jahre später plötzlich wieder auftaucht. Was ist damals wirklich geschehen? Der Roman erzähle von Hass und Hader, Lebenslügen und Selbstverleugnung - und von der heilenden Kraft der Empathie, sagt Felix Münger. Paul Lendvai ist Journalist und Jahrhundertzeuge. Geboren 1929 als Sohn jüdischer Eltern überlebte er den Holocaust und die stalinistische Diktatur. Nach dem Einmarsch der Russen floh er nach Wien, wo er einer der führenden Journalisten des Landes wurde. In seinem neusten Buch beschreibt der 96-jährige seine drei Identitäten (die jüdische, die ungarische und die österreichische) und er warnt vor einem Wiedererstarken des Totalitarismus. Ein enorm wichtiges Buch in Zeiten politischer Radikalisierung und systematischer Schwächung der Demokratie, findet Literaturredaktor Michael Luisier. Buchhinweise: Julia R. Kelly. Das Geschenk des Meeres. Aus dem Englischen von Claudia Feldmann. 350 Seiten. mare, 2025. Paul Lendvai. Wer bin ich? 120 Seiten. Zsolnay, 2025.
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Folge vom 14.10.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Ein Wunder der NaturDie Pulitzer-Preisträgerin Josephine Johnson hat vor Jahren ein Wunder von einem Buch geschrieben: «Ein Jahr in der Natur». Und ebenfalls um ein Wunder der Natur geht es im neuen Buch der deutschen Schriftstellerin Verena Güntner. Ihr neuer Roman «Medulla» handelt von einer Schwangerschaft. Die US-Amerikanerin Josephine Johnson bekam 1935 mit nur gerade 24 Jahren den renommierten Pulitzer-Preis – für einen wuchtigen Roman über die Grosse Dürre in den USA der 1930er Jahren. Schon in diesem Roman spielte Natur eine prägende Rolle. Jahre später machte Josephine Johnson nochmals Furore, mit literarischen Naturbeobachtungen, die zum Bestseller wurden. «Ein Jahr in der Natur» ist ein Wunder, findet Literaturredaktorin Franziska Hirsbrunner. Eine Schwangerschaft ist eine bedeutende Veränderung – nicht nur für die Beziehung und die Zukunft der werdenden Eltern, sondern auch für den Körper der Frau. Verena Güntner geht diesen Umwandlungen in ihrem Roman «Medulla» nach. Und das anhand drei unterschiedlicher Paare. Dabei wird viel in Frage gestellt: Lebensentwürfe, gesellschaftliche Erwartungen und Geschlechternormen. Ariane Schwob spricht über den Roman, der unverhohlen die Selbstermächtigung der Frau ins Zentrum setzt. Buchhinweise: Josephine Johnson. Ein Jahr in der Natur. Aus dem Amerikanischen von Bettina Abarbanell. 276 Seiten. Die Andere Bibliothek, 2025. Verena Güntner. Medulla. 240 Seiten. DuMont, 2025.
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Folge vom 07.10.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Die grossen FragenMit «Goldstrand» von Katerina Poladjan und «Die Passantin» von Nina George hat sich die Runde am SRF-Literaturstammtisch im Buchzeichen für einmal die grossen Fragen des Lebens ausgesucht. Zum Beispiel die Frage, wie Herkunft und Zeitumstände Lebensläufe beeinflussen. Damit beschäftigt sich die in Moskau geborene deutsche Autorin Katerina Poladjan immer wieder. In ihrem neuen Roman «Goldstrand» lässt sie einen alternden römischen Filmemacher nach Antworten suchen. Eli hadert damit, dass er seinen Vater nicht kennt. Dieser soll 1922 als kleiner Junge von Odessa nach Konstantinopel geflüchtet sein und auf dem Schiff seine Schwester verloren haben. In einer zwischen Traum und Wirklichkeit pendelnden Reise geht Eli Vater und Tante nach. Ihm zur Seite steht seine forsche Psychoanalytikerin. So entsteht ein Buch, das witzig und berührend die grossen Fragen des Lebens stellt. Eine andere grosse Frage, die sich die Menschen gerne stellen, die von einem Ausbruch aus dem Alltagsstress träumen, ist: Was wäre, wenn? Wie ein restloses Verschwinden konkret aussieht und welche Konsequenzen es für die eigene Identität haben kann, erkundet Nina George in ihrem Roman «Die Passantin». Ein Buch über Wut, Gewalt und Identitätssuche, das sich den schmerzhaften Wahrheiten des Frauseins stellt – und doch das Schöne hervorhebt, findet Ariane Schwob. Der Buchtipp der Woche kommt heute von BuchZeichen-Gastgeber Michael Luisier. Er empfiehlt» Im Gespinst in dem ich wohne», das neue Buch mit den hochdeutschen Gedichten von Endo Anaconda, das eben beim Verlag «Gesunder Menschenversand» erschienen ist. Buchangaben: Katerina Poladjan. Goldstrand. 160 Seiten. S. Fischer Verlag, 2025. Nina George. Die Passantin. 318 Seiten. Kein & Aber Verlag, 2025. Endo Anaconda. Im Gespinst in dem ich wohne, Schlaflieder, Liebeslieder, Seuchenlieder. Herausgegeben von Martin Bieri, Matthias Burki und Nina Rieben. 168 Seiten. Der gesunde Menschenversand, 2025.