
Hörspiel
HERZBEFELLT, ein Nachrufen von Frieda Paris
Die Autorin Frieda Paris widmet sich der Aufgabe, einen Nachruf auf die angesehene Friederike Mayröcker zu verfassen. Ihr Schreibprozess ist dabei von tiefgehender Auseinandersetzung und poetischer Reflexion geprägt. Die zentrale Frage lautet: Wie kann das Wesentliche eines ganzen Lebens in Worte gefasst werden?
"Manche beschrieben sie als vielseitigen Menschen. Andere betrachteten sie wie eine Schwester. Einige meinen, man solle ihre Persönlichkeit unangetastet lassen." Die Schriftstellerin sitzt an ihrem Schreibtisch, von nachdenklicher Stille umgeben. Begleitet von einer inneren Stimme, die ihre Gedanken ordnet, schreibt sie über Mayröcker. Die vielfach geehrte Poetin verband in ihrem Werk existenzielle Themen mit innovativen Ansätzen. Im Hörspiel reflektiert die Autorin: "Nie fühlte ich mich sprachloser als in ihrer Nähe. Oft war ich wie ein bunter Stoff, den sie zur Sprache brachte. Ich schmückte ihre Gegenwart. Manchmal half ich, ihren Mantel zurechtzurücken. Ihre Ketten, Sneakers dazu. Ich war wie eine Blume, vielleicht eine Lilie, beim Lesen dabei. Der Duft erfüllte den Raum. Ich wollte im Stoff der Vorhänge verschwinden, unsichtbare Tinte sein."
Im Anschluß gibt es das Hörstück "Gertrude Stein hat die Luft gemalt" von Friederike Mayröcker:
In ihrem Hörspiel "Gertrude Stein hat die Luft gemalt" kreiert Friederike Mayröcker einen komplexen Klangraum, in dem sie einen vertraulichen Dialog mit ihrer literarischen Wahlverwandten Gertrude Stein eingeht. Das Stück entfaltet sich zu einem kunstvollen Netz von Reflexionen, in dem die Linien zwischen Erlebtem und Erfundenem, zwischen Verehrung und Nachahmung kunstvoll verschwimmen. Mayröcker lässt uns an ihrer intensiven Auseinandersetzung mit Steins Werken teilnehmen, ebenso wie an ihren Gedanken über das häusliche Zusammensein von Stein mit Alice B. Toklas und dem kleinen Hund Basket. Vor dem inneren Auge entsteht das legendäre Pariser Salonleben, durch das Picasso und andere Künstler schritten – ein Ort der inspirierenden intellektuellen Begegnungen, den Mayröcker wohl selbst ersehnt.
Besonders eindrucksvoll ist, wie Mayröcker das Schreiben an sich zum Thema ihrer Reflexion macht. Sie offenbart die sensible Position des Schreibenden, den Zustand zwischen faszinierendem Kreationsprozess und ernüchternder Ernüchterung. Das belastende Paradoxon, den Wunsch zu haben, sich auszudrücken, während scheinbar nichts gesagt werden kann, erhebt sich zur existenziellen Frage – nicht nur für Mayröcker, sondern für jeden Kreativen.
Zum Autor
Die 1986 in Ulm geborenen Frieda Paris ist in Wien ansässig. Sie studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien und Paris sowie Sprachkunst in Wien. Im Jahr 2016 erhielt sie das START-Stipendium des Bundeskanzleramts in Wien. Sie verfasst Gedichte, Geschichten und Hörspiele. Ihr Werk "Ruhepuls, Rom" (2018) wurde für Deutschlandfunk Kultur produziert.
"HERZBEFELLT, ein Nachrufen von Frieda Paris" im Überblick
HERZBEFELLT, ein Nachrufen von Frieda Paris
von Frieda Paris
Mit Lisa Hrdina, Marina Frenk
Produktion: 2022
Sendezeit | So, 31.08.2025 | 18:30 - 20:00 Uhr |
Sendung | Deutschlandfunk Kultur "Hörspiel" |