2020 war ein starker Literatur-Jahrgang. Einige Werke haben uns in besonderem Mass begeistert, aufgewühlt, zum Nachdenken gebracht. Die SRF-Literaturredaktion hat sechs herausragende Titel ausgewählt. Felix Münger präsentiert packende Ausschnitte aus den Gesprächen mit den Autorinnen und Autoren.
Die Auswahl der SRF-Literaturredaktion:
- Reto Hänny: Sturz. Das dritte Buch vom Flug. Matthes & Seitz, 2020.
- Nora Gomringer: gottesanbieterin. Voland & Quist, 2020.
- Pascal Mercier: Das Gewicht der Worte. Hanser, 2020.
- Ulrike Almut Sandig: Monster wie wir. Schöffling, 2020.
- Lutz Seiler: Stern 111, Suhrkamp, 2020.
- Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos. Matthes & Seitz, 2020.

Kultur & Gesellschaft
52 Beste Bücher Folgen
Ein Autor, ein Buch, eine Stunde – 52 Beste Bücher bietet Woche für Woche die Gelegenheit, zeitgenössische Autorinnen und Autoren kennenzulernen. Im Gespräch über ihr aktuelles Buch loten wir aus, was sie antreibt, wie sich inspirieren lassen und was hinter ihrer Geschichte steckt
Folgen von 52 Beste Bücher
50 Folgen
-
Folge vom 27.12.2020Die Literaturperlen 2020 – unsere Auswahl
-
Folge vom 20.12.2020«Zorn und Stille» von Sandra GugicDie Eltern kommen aus Serbien und haben in Wien ein besseres Leben gesucht, die Kinder finden keine Heimat, weder in sich selbst noch in der Welt. Sandra Gugic erzählt in «Zorn und Stille» packend von unscheinbarer, aber umso quälenderer Entfremdung. «Zorn und Stille» ist der zweite Roman der 1976 in Wien geborenen und in Berlin lebenden Autorin. Der Titel wiederspiegelt die Dynamik des Buches – der heftige Wunsch nach Selbstbestimmung und die lastende Unmöglichkeit, ihn zu verwirklichen. Während die Eltern ihre Bedürfnisse hintanstellen, um ihren Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen, brechen diese aus, ohne Boden unter die Füsse zu bekommen. Die Tochter verlässt die Familie noch als Schülerin, in einer Zeit, als die Jugoslawienkriege die Verhältnisse zuhause zusätzlich zerrütten. Sie wird eine gefeierte Fotografin, aber bleibt auch in ihren Beziehungen heimatlos. Der Sohn ist durch den Kontaktabbruch so verstört wie die Eltern. Er verliert den Halt und verschwindet später spurlos auf einer Reise durch Serbien. Ein Satz aus einem Interview seiner Schwester begleitete ihn: «Es gibt einen Raum, in dem niemand im Besitz der Wahrheit ist und jeder das Recht hat, verstanden zu werden.» Mit Sandra Gugic spricht Franziska Hirsbrunner. Sandra Gugic. Zorn und Stille. Hoffmann und Campe Verlag, 2020.
-
Folge vom 18.12.202052 Beste Bücher kompakt: Mit Sandra GugicFranziska Hirsbrunner spricht mit Sandra Gugic über Familienbande und darüber, ob und zu welchem Nutzen man sich neu erfinden kann. Buchhinweis: Sandra Gugic. Zorn und Stille. Hoffmann und Campe Verlag, 2020.
-
Folge vom 13.12.2020«Die Gespenster von Demmin» von Verena KesslerMai 1945: In der ostdeutschen Kleinstadt Demmin begehen gegen 1'000 Deutsche Suizid. Aus Furcht vor der anrückenden Roten Armee. Die Hamburger Autorin Verena Kessler thematisiert das wenig aufgearbeitete Grauen in ihrem Debütroman «Die Gespenster von Demmin». Sie ist zu Gast bei Felix Münger. Der Roman spielt im Heute. Noch immer liegt das Geschehen von damals wie ein bleiernes Gespenst über dem Ort. Die Stärke des Buchs besteht darin, dass es literarisch überzeugend zeigt, wie die dunkle Vergangenheit das Leben der Menschen bis heute prägt. Im Zentrum steht eine Teenagerin. Sie lebt im Demmin von heute. Sie arbeitet im Nebenjob auf dem Friedhof. Dort liegen in einem Massengrab die Toten von damals. Der Gedanke an sie irritiert das jugendliche Weltbild. Der Horror von damals ist im Roman durch eine alte Dame dargestellt. Sie ist dem Massensuizid 1945 mit knapper Not entkommen. Doch das Trauma überschattete danach ihr ganzes Leben. Verena Kessler gelingt es, die Geschichten der beiden Frauen unaufdringlich miteinander in Beziehung zu setzen – die schwere historische Last mit der Leichtfüssigkeit des Teenager-Lebens. Buchhinweis: Verena Kessler. Die Gespenster von Demmin. Hanser Berlin, 2020.