
NachrichtenKultur & Gesellschaft
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Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 05.08.2023Das Gehalt der HausfrauDie heutigen Debatten rund um die sog. Care-Arbeit und die geringe Wertschätzung, die diese erfährt, auch pekuniär, finden ihre Vorläufer, wen überrascht es, auch vor hundert Jahren. In der Beilage „Berliner Moden-Zeitung“ der Berliner Volks-Zeitung vom 5. August 1923 ist nicht nur ein Schaukasten, der anhand von Zeichnungen belegt, warum das Korsett gesundheitlich schädlich ist, sondern auch eine Abhandlung über ein „Gehalt der Hausfrau“. Eine Autorin, oder ein Autor, zeichnend mit dem Pseudonym „Schlipski“, macht hier sehr konkret deutlich, was die Frauen der Zeit leisten, um dabei auch noch vom knappen Haushaltsgeld und den kargen Zuwendungen des verdienenden Ehemannes abhängig zu sein. Allein an dieser Beschreibung lässt sich erkennen, dass der Artikel für heutige Ohren veraltete Rollenbilder zu Grunde legt, die Stoßrichtung reicht aber deutlich in Richtung heutiger Care-Arbeit-Diskurse. Frank Riede liest.
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Folge vom 04.08.2023Beim Wunder-Doktor der Rede-KunstDie Rhetorik, die Kunst der Rede hat als Disziplin eine lange Tradition, die weit in die Antike zurückreicht. Wie kann man mittels einer Rede das Gegenüber von einer Sache überzeugen oder zu einer Handlung bewegen? Diese Frage beantwortet die Rhetorik und gibt Anleitungen zum Erfolg. Natürlich gab es Bereiche und Zeitphasen im Laufe der Jahrtausende, in denen die Rhetorik weniger Ansehen genoss und etwa als reine inhaltsferne und substanzlose Mechanik betrachtet wurde. Zu einem neuen Höhepunkt jedenfalls wollte ihr, so erfahren wir aus dem 8Uhr-Abendblatt vom 4. August 1923, ein moderner Rhetor verhelfen, der in Berlin eine Redner-Akademie eröffnete und für jeden Beruf, jeden Kontext Schulungen anbot. Der Autor des Zeitunsartikels, der mit dem Pseudonym „Glossator“ zeichnete, hat sich dort für uns umgesehen und einen rhetorisch ausgefeilten Text verfasst, den Frank Riede für uns vorträgt.
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Folge vom 03.08.2023Der US-Präsident ist tot, es lebe der US-Präsident!Der Präsident ist tot, es lebe der Präsident! – Gleich dreimal in den letzten einhundert Jahren ertönte dieser Ruf in den USA, weil ein Vize für seinen im Amt verstorbenen Chef ins Weiße Haus aufrückte. Zuletzt der Fall war dies 1963, als Lyndon B. Johnson für den ermordeten John F. Kennedy in die Bresche sprang, zuvor hatte Harry S. Truman 1945 für den verstorbenen Franklin D. Roosevelt übernommen, und am 2. August 1923 folgte Calvin Coolidge auf Warren G. Harding, der auf der Rückreise von einem Besuch des Alaska-Territoriums in San Francisco einem Herzinfarkt oder Schlaganfall erlegen war. Als mächtigster Mann der Welt war der USA-Präsident seinerzeit, anders als dann nach 1945, noch nicht unbedingt gesetzt. Sein plötzliches Ableben war aber natürlich dennoch eine Weltnachricht, die es als solche auch in Deutschland auf die Titelseiten der Zeitungen schaffte und dort die eigenen Themen und Sorgen zumindest kurzzeitig verdrängte – wenngleich diese sich, wie gleich zu hören, durch die Hintertür gerne auch in die Nachrufe auf Harding wieder einschlichen. Den aus dem 8-Uhr-Abendblatt vom 3. August, nebst einem Porträt seines Nachfolger Coolidge, liest Frank Riede.
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Folge vom 02.08.2023Insektenbegräbnis in Westminster HallAch ja, die Briten und ihr Humor – was haben wir dem nicht alles zu verdanken! Sir John Falstaff und Monty Python’s Flying Circus. Prinz George mit seinen Fratzen und Boris Johnson mit seinen Faxen. Und auch ein veritables Staatsbegräbnis für Holzwürmer, von dem uns dankenswerterweise das Berliner Tageblatt vom 2. August 1923 in Kenntnis setzt. Dieses fand, wie im Vereinigten Königreich zu erwarten, natürlich nicht irgendwo statt, sondern in den heiligen Mauern von Westminster Hall, wo die Verstorbenen, genauer gesagt: die Gerichteten auch zuvor schon gelebt hatten. Aus dem royalen London berichtet für uns Paula Rosa Seelmann-Eggebert.