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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 13.08.2023"Große Koalition" mit Reichskanzler StresemannIm August 1923 steuerte die Weimarer Republik auf ihre bis dahin größte Krise zu, bei der selbst ihr Fortbestand auf dem Spiel stand. Die Inflation hatte sich zur Hyperinflation entwickelt, der passive Widerstand in den besetzten Gebieten, der zunächst parteiübergreifend befürwortet wurde, stellte sich als Sackgasse heraus und musste aus wirtschaftlichen Gründen beendet werden. Und es war unklar, wie sich bei einem weiteren Putsch von rechts die Reichswehr verhalten würde. In dieser schwierigen Phase strebten die bürgerlichen und konservativen Kreise, die mit dem Kabinett Cuno die Regierung stellten, zunehmend eine „große“ Koalition mit der SPD an, damit diese die unpopulären Entscheidungen, die nun anstanden, mitzutragen hätte. Die SPD war dazu bereit, wollte aber keineswegs den Kanzler stellen. Und so stand sehr früh der Mitbegründer der nationalliberalen Deutschen Volkspartei Gustav Stresemann als Reichskanzler fest. Am 13. August bildete sich also das Kabinett Stresemann, das in der Form bis zum Oktober desselben Jahres Bestand haben sollte. Die Vossische Zeitung dieses Tages, die für 20.000 Mark zu erwerben war, stellt den neuen Kanzler vor. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 12.08.2023Mit dem Reichswasserschutz auf Patrouille in den HavelssenDie Sonntagsausgabe des Berliner Tageblatts kostete am 12. August 1923 inflationsbedingt bereits 30.000 Mark, aber das Alltagsleben, entnehmen wir selbiger, ging dennoch nicht nur zu Lande, sondern auch zu Wasser über weite Strecken noch einen recht normalen Gang. Angler, Paddler und Motorbootführer bevölkerten eifrig die berlin-brandenburgischen Gewässer und hielten sich dabei durchaus nicht alle immer an die dort geltenden Regeln. Zum Glück gibt es eine Wasserschutzpolizei, die damals noch Reichswasserschutz hieß und die Fischereilizenzen und Geschwindigkeitsbegrenzungen überwachte. Begleitet auf seiner abendlichen Patrouille durch Potsdam und den Südwesten von Groß-Berlin, durch Havel, Wann- und Griebnitzsee hat diesen Reichswasserschutz für uns Paula Rosa Leu.
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Folge vom 11.08.2023TeuerungskrawalleGestern berichteten wir noch über die Konsequenzen, die das Zeitungsgewerbe aufgrund der Inflation ziehen musste. Heute blicken wir mit der Ausgabe des Berliner Tageblatts vom 11. August 1923, die 15 Tausend Mark kostete, auf gewaltsame Proteste gegen die Teuerung der Lebensmittel, die sich offensichtlich zeitgleich über das ganze Reichsgebiet verteilt ereigneten. Im oberschlesischen Ratibor, im niederrheinischen Krefeld und in Hamburg war es zu Plünderungen und Zusammenstößen gekommen, bei denen es mindestens acht Todesopfer und unzählige Verletzte zu beklagen gab. Von diesen Teuerungskrawallen berichtet für uns Frank Riede.
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Folge vom 10.08.2023Die Hyperinflation erreicht die ZeitungspreiseTageszeitungen gelten oder galten jedenfalls in vor-digitalen Zeiten ihren Leser*innen klassisch als Fenster zur Welt – aber trivialerweise gehören sie natürlich zugleich immer auch zu der Welt, auf die sie berichtend, analysierend, kommentierend und glossierend verweisen. Entsprechend beherrschte die Hyperinflation im Sommer 1923 die Berliner Blätter längst nicht mehr nur thematisch, sondern schlug sich auch in ihren ständig rasant steigenden Verkaufspreisen nieder. Zumindest die Berliner Börsen-Zeitung berechnete ihren Kund*innen das Abonnement offenbar monatlich und kam dabei im Laufe des August ob galoppierender Papier- und gewiss auch Personalkosten in so große Kalamitäten, dass sie sich bereits am 10. August gezwungen sah, sich auf der Titelseite direkt an ihr Publikum zu wenden und aus aktuellem Anlass eine außerplanmäßige satte Preiserhöhung zur Monatsmitte anzukündigen. Wieviel der Blick durchs Fenster fortan kosten sollte, weiß Paula Rosa Leu.