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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 09.08.2023Nur drei ZeilenIm Zeitalter von SMS und Twitter sind in Serie produzierte Kürzestnachrichten ein längst akzeptiertes Mittel unserer Alltagskommunikation. Die schnelle Information scheint dem Tempo unserer Zeit mehr zu entsprechen als langatmig-mäanderndes Berichten und Erzählen. Dass das vor hundert Jahren schon ganz ähnlich gesehen werden konnte, machte einer unserer Lieblingsautoren in diesem Podcast, Alfred Polgar, in einem wunderbaren Essay über die ‚kleine Form‘ bereits Mitte der 1920er deutlich. Er hatte vor allem seine eigenen literarischen Texte im Kopf, die eigentlichen Vorläufer der heutigen kleinen Formen aber scheinen sich nicht zuletzt auch in Zeitungsspalten wie derjenigen der DAZ unter dem Titel „Nur drei Zeilen“ zu finden. Frank Riede liest diese Kurznachrichten vom 9. August 1923.
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Folge vom 08.08.2023Sullivan durchschwimmt den ÄrmelkanalWährend man heute vom Festland kommend auf dem Weg nach Großbritannien, so man es sich leisten will, durch den Tunnel saust, galt es Jahrtausende lang, den Ärmelkanal mit einem Boot zu überqueren - es sei denn, man schwamm einfach. Als erster inoffizieller Durchschwimmer gilt der Soldat Saletti, der 1815 von den Engländern bei Waterloo gefangen genommen in Dover vom Boot sprang, um kurzerhand zurück nach Frankreich zu schwimmen. Offiziell gilt Matthew Webb als der erste Bezwinger, der 1875 den Kanal in etwa 21 Stunden durchschwamm, dadurch eine gewisse Berühmtheit erlangte, und 1883 bei dem Versuch starb, die Stromschnellen oberhalb der Niagara-Fälle zu durchqueren. Der zweite erfolgreiche Versuch ohne Hilfsmittel fand 1911 durch Thomas Burgess, der 22 ½ Stunden benötigte, statt. 1923 gelang dann die Überquerung zum dritten Mal. In beinahe 27 Stunden schwamm am 5. August Henry Sullivan von England nach Frankreich. Noch im selben Jahr gelang es allerdings zwei weiteren Schwimmern, bevor es 1926 Gertrude Ederle als erster Frau in weniger als 15 Stunden gelang. Die Berliner Morgenpost berichtete am 7. August 1923 von Sullivans Erfolg. Paula Rosa Leu war im Begleitboot für uns dabei.
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Folge vom 07.08.2023Protest gegen einen Moscheebau am KaiserdammMoscheebauten in Europa, erfahren wir aus der Berliner Morgenpost vom 7. August 1923, waren auch schon vor einhundert Jahren ein Politikum. Am Kaiserdamm im gerade erst in Erschließung begriffenen Westen Charlottenburgs plante die Ahmadia-Gemeinde ein solches muslimisches Gotteshaus – das erste in Berlin –und stieß dabei nicht auf nur auf Wohlwollen. Die Proteste kamen aber nicht etwa, wie bisweilen heutzutage und deshalb vielleicht zu erwarten, aus rechten, deutschnationalen Kreisen. Vielmehr wurde die Ahmadia wegen vermeintlich zu großer England-Freundlichkeit von einigen anderen Muslimen angefeindet, die bei der Grundsteinlegung am Bahnhof Witzleben prompt für einen kleinen Eklat sorgten. Dass dieser Grundsteinlegung letztlich kein Bau folgte, hatte indes wiederum andere, ökonomische Gründe. Aufgrund der galoppierenden Inflation wurde das ehrgeizige Projekt bald abgebrochen und stattdessen ein paar Jahre später die heute noch bestehende, freistehende Moschee an der Brienner Straße in Wilmersdorf realisiert. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 06.08.2023Künstler:innenexodus nach HollywoodDer große Regisseur Ernst Lubitsch war 1922 nach Hollywood gegangen, wovon seine Briefe aus Los Angeles zeugen, die in diesem Podcast bereits zu hören waren. Doch was bedeutete es für den Deutschen Film, dass Regisseure und Schauspieler:innen Deutschland verließen? Ein mit „Aros“ zeichnender Autor des Berliner Lokal-Anzeigers nahm eine Premiere von Lubitschs letztem in Deutschland gedrehten Film, „Die Flamme“, zum Anlass, um am 6. August 1923 die patriotische Wehklage vom Ausverkauf der deutschen Filmkunst anzustimmen. Sollte Deutschland stolz sein, dass seine Künstler den amerikanischen Markt eroberten? Oder war es vielmehr ein Verlust, der die Filmindustrie in Deutschland weiter ruinierte, verursacht durch materialistische Interessen der Künstler:innen, die vom Dollar gelockt wurden. Der Autor, der die Bedeutung des deutschen Films erhalten wollte, ahnte freilich nicht, dass die Nationalsozialisten 10 Jahre später, zu Hauf Künstler:innen nach Amerika vertreiben, und so der Weimarer Filmkunst ein Ende bereiten würden. Es liest Paula Rosa Leu.