NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 11.04.2025Make Multilateralismus great (again)!Beim Samstag vor Ostern handelt es sich streng genommen um den Karsamstag und damit um den letzten Tag der Karwoche. Der Hamburger Anzeiger nutzte selbigen, nämlich den 11. April im Jahr 1925 jedoch bereits, um sich auf der Titelseite vorausschauend „Ostergedanken“ zu machen – wissend darum, dass an den Folge-, den eigentlichen Ostertagen keine neuen Ausgaben erscheinen würden. Ostergedanken, das klingt nach einem gewichtigen Leitartikel, und diese große Erwartung soll der mit dem Kürzel „ho“ zeichnende Autor auch nicht enttäuschen. Tatsächlich geht es um die fundamentalen Fragen der Weltpolitik, des gedeihlichen Zusammenlebens der Völker auf diesem Planeten und, ja, ganz ohne Metaphysik, auch um die Auferstehung des einzelnen Menschen in einem größeren Ganzen. Frank Riede liest diesen flammenden Appell wider den Hass, an dem vieles wieder bedrückend dringlich und aktuell klingt.
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Folge vom 10.04.2025Internationale Reaktionen auf HindenburgDie Katze war aus dem Sack: Statt des im ersten Wahlgang führenden Ex-Ministers und Duisburger Oberbürgermeisters Karl Jarres schickte die Rechte im zweiten Durchgang den Weltkriegs-Veteran Paul von Hindenburg ins Rennen um das Reichspräsidentenamt. Wie reagierte das republikanische Lager? Es präsentierte sich sichtlich überrascht von dieser Volte – und trotzig optimistisch, dass das deutsche Wahlvolk dem reaktionären Schwenk eine Absage erteilen würde. So ganz sicher war man sich dessen zumindest in sozialdemokratischen Kreisen aber offensichtlich nicht, weshalb sich das Hamburger Echo in seiner Ausgabe vom 10. April ausgiebig im europäischen Ausland rückversicherte, dass die dortige Öffentlichkeit diese Kandidatur ziemlich durchweg negativ beurteilte. Frank Riede liest für uns die Presseschau, die dabei herauskam und die eindeutig solche Wähler als Zielgruppe adressierte, die mit einem Votum für den kommunistischen Bewerber Ernst Thälmann liebäugelten.
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Folge vom 09.04.2025Entführt in die Spanische FremdenlegionDass es angesichts der wirtschaftlichen Probleme in den ersten Jahren der Weimarer Republik eine Auswanderungsbewegung gab, die insbesondere nach Nord- und Südamerika zielte, ist in diesem Podcast schon angeklungen. Natürlich gab es, wen will es überraschen, auch „Unternehmer“, die den Leidensdruck der Auswanderer missbrauchten. Und manchmal war es auch ein Staat, der dies tat. In den Jahren der kriegerischen Aktivitäten Spaniens in Marokko, lockte die spanische Fremdenlegion unzählige junge Männer in ihren Dienst, unter Vortäuschung von zivilen Arbeitsplätzen in Spanien. Waren diese Migranten, unter ihnen zahlreiche Hamburger, erst einmal in Spanien, wurden sie gewaltsam nach Marokko gebracht und zum Dienst in der Fremdenlegion gezwungen. Der Hamburger Anzeiger vom 9. April 1925 druckte den Bericht eines Opfers dieser Betrugsmasche, nämlich Otto Häntschel, ab. Der menschenverachtende Drill, die Bestrafungen und die exzessiv brutalen Kampfhandlungen in Marokko, die er schildert, machen diesen Text sehr erschütternd und können verstörend wirken. Rosa Leu hat sich für uns durch diese Hölle auf Erden gewagt, der Otto Häntschel nur wie durch ein Wunder entrinnen konnte.
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Folge vom 08.04.2025Linksruck in BelgienWahlen in benachbarten Ländern, das war auch schon vor einhundert Jahren gelegentlich die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Während sich bei der Reichspräsidentenwahl in Deutschland bereits im ersten Wahlgang vom 29. März 1925 ein Rechtsdruck abzeichnete, drehte sich die politische Stimmung in Belgien wenige Tage später bei den dortigen Parlamentswahlen eher in die entgegengesetzte Richtung: Die Belgische Arbeiterpartei konnte für beide Kammern um die 40 Prozent der Stimmen auf sich vereinen und löste die Katholische Partei damit als stärkste Kraft im Lande ab. Ob das für eine Regierungsbeteiligung reichen würde – zunächst tat es das nicht –, war am 8. April noch nicht absehbar. Das sozialdemokratische Hamburger Echo freute sich in einem Artikel von diesem Tag dennoch schon einmal über das Ergebnis, eruierte mögliche positive Konsequenzen für Europa und verband diese Analyse mit harten innenpolitischen Attacken auf den deutschen Außenminister Stresemann. Für uns lesend nachvollzogen wird all das von Frank Riede.