NachrichtenKultur & Gesellschaft
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Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 06.04.2023Friedrich Schiller BiopicKaum war der Kinofilm geboren, schon entstanden auch erste Biopics und damit die Frage der Rezensenten: Wie hat ein Biopic auszusehen? Zeigt er den Menschen, überhöht er das Genie, Erzählt er chronologisch die Biographie, zeigt er ausschnitthaft das Besondere der Persönlichkeit? Herbert Ihering hatte sich im April 1923 den Schillerfilm von Curt Goetz angeschaut, der 1922 mit Theodor Loos in der Hauptrolle gedreht worden war. Bei seiner durchaus wohlwollenden Kritik zog er als negatives Gegenbeispiel den heroisierenden und sehr erfolgreichen Mehrteiler „Friedericus Rex“ über Friedrich den Großen als Vergleich heran. Der Berliner Börsen-Courier druckte die Rezension am 6. April ab. Paula Rosa Leu weiß, was für einen Friedrich Schiller uns der Film zeigt, der lange als verschollen galt, bevor eine Kopie auftauchte und er 2005 restauriert wieder aufgeführt werden konnte.
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Folge vom 05.04.2023Lubitsch über HollywoodAls einer der zweifelsfrei größten Komödienregisseure gilt Ernst Lubitsch, dessen einzigartiger Stil, der „Lubitsch-Touch“, oft kopiert wurde – aber in der Regel vergeblich. Ist er heute vor Allem für seine Werke aus der Tonfilmzeit: „Ninotschka“, „To be or not to be“, „Rendezvous nach Ladenschluss“ bekannt, so beruhte sein weltweiter Ruhm 1923 auf seinen in Deutschland gedrehten Monumentalfilmen, wie „Madame Dubarry“ oder „Das Weib des Pharao“, und den zahlreichen Stummfilm-Komödien. Dieser Erfolg führte Lubitsch 1922 als einen der ersten europäischen Regisseure nach Hollywood, wo er fortan und bis an sein Lebensende im Jahre 1947 arbeitete. Die Filmindustrie dort war erst kürzlich entstanden und wuchs in immensem Tempo zu dem größten Filmstandort der Welt, hatte aber bereits ein Image von Sex, Drugs and Rock `n` Roll. Da bot es sich natürlich an, dass Lubitsch in seine alte Heimat schrieb, was er denn hier in Hollywood tatsächlich vorfand. Frank Riede liest also für uns, was Lubitsch über die Stadt der Filmwunder im 8-Uhr-Abendbatt vom 5. April 1923 zu berichten wusste.
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Folge vom 04.04.2023Über das Sammeln und Recyceln von RohstoffenDas Recycling von Rohstoffen wird heutzutage in unseren Breiten überwiegend aus ökologischen Gründen für geboten erachtet; in früheren Tagen war es hingegen in ungleich stärkerem Maße eine ökonomische Notwendigkeit. Insbesondere viele Metalle, aber selbst auch Papier blieben nach dem Ersten Weltkrieg lange Zeit Mangelware und ihre Wiederaufbereitung avancierte zu einem entsprechend florierenden Geschäftsmodell. Wie viele Arbeitsschritte dieser Prozess umfasste und wie viele Personen und ihre Familien mit ihrem Lebensunterhalt an diesem Prozess hingen, rollt der Vorwärts in seiner Ausgabe vom 4. April 1923 auf – und für uns Paula Rosa Leu.
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Folge vom 03.04.2023Heinrich Mann geißelt das Primat der WirtschaftIn den schwierigen Zeiten von Ruhrbesetzung, Inflation und beständigem Terror von Rechts publizierte das liberale Berliner Tageblatt eine Reihe zum Thema „Untergang oder Aufstieg“, in dem es um die Zukunftsaussichten Deutschlands ging. Seine Ansichten dazu gab auch der damals deutlich politischer agierende Bruder der Manns zu Protokoll: Heinrich Mann. Sein Essay „Ihr müsst nur wollen“ vom 3. April beschäftigt sich mit der geistigen Entwicklung Deutschland, die, seiner Meinung nach, zu sehr von wirtschaftlichen Prioritäten in Politik und Gesellschaft gehemmt wird. Eine Kritik an der auseinandergehenden Schere zwischen Arm und Reich wie auch an der Hoffnung auf einen trickle-down-Effekt durch die Schonung von großen Vermögen, macht seinen Text teilweise verblüffend aktuell. Frank Riede weiß, was wir nach Heinrich Mann wollen müssten.