NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 17.03.2023Beobachtungen eines Neutralen im RuhrgebietVor fünf Tagen haben wir über die Eskalation der Gewalt im Ruhrgebiet nach dem Tod zweier französischer Offiziere berichtet. Die Berichterstattung in Frankreich und die in Deutschland zu diesen Vorfällen wichen diametral voneinander ab – natürlich unterstellte man sich gegenseitig eine propagandistische Verzerrung. Daher versuchte sich das Berliner Tageblatt am 17. März 1923 an einer Objektivierung und publizierte die Beobachtungen des schwedischen Journalisten Gösta Erlandson, die dieser im Ruhrgebiet gesammelt hatte. Frank Riede sagt uns, wie dieser die Situation vor Ort wahrgenommen hat.
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Folge vom 16.03.2023Carl von Ossietzky über das Fernweh in Zeiten schwacher ValutaDer große Nazi-Gegner und Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky zählte bekanntermaßen von Beginn an zu den prägenden politischen Analysten der Weimarer Republik, und als solcher ist er regelmäßig bereits auch hier im Podcast in Erscheinung getreten – zuletzt erst vor knapp zwei Wochen mit seiner Einschätzung zur französischen Ruhrbesetzung und der Frage, wie weit der lagerübergreifende politische Schulterschluss in diesem Punkt gehen sollte. Etwas weniger bekannt ist, dass sich Ossietzky, nicht selten unter Pseudonym, zwischendurch aber immer wieder auch Ausflüge in leichtere journalistische Genres, etwa die Glosse, gestattete. So geschehen unter anderem am 16. März 1923 in der Berliner Volks-Zeitung, wo er unter der etablierten Maske Lucius Schierling über das Thema Fernweh in Zeiten schwacher Valuta sinnierte und zu einer interessanten Beschreibung eines Eingemauerten-Syndroms gelangte, das man mit den Tagen der frühen Weimarer Republik gar nicht unbedingt in Verbindung gebracht hätte. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 15.03.2023Wie ein Film ohne Drehgenehmigung entstehtWird heute eine Spielfilm außerhalb der Studios gedreht, so liegen Drehgenehmigungen für die Drehorte vor, und es gibt sogar eine rege Konkurrenz zwischen Regionen und Ländern, gute, also auch günstige, Drehbedingungen anzubieten. Es gibt eine klare Abgrenzung zu unabhängigen “Guerrilla-Filmen”, die ohne Genehmigung und damit am Rande der Legalität drehen. Die Dreharbeiten zum 1922/23 produzierten Abenteuer- und Reisefilm „Die Frau mit den Millionen“ der Schauspielerin und Produzentin Ellen Richter glichen selbst einem Abenteuerfilm, wie wir aus der Neuen Zeit vom 15. März 1923 erfahren. Der von Frank Riede gelesene Artikel beschreibt ein Katz und Maus-Spiel mit den Behörden von Konstantinopel, um an Land zu drehen, wenngleich noch nicht einmal die Erlaubnis vorlag, das Schiff zu verlassen. Auch auf der Rückreise über den Balkan, wurde bei jeder Gelegenheit gefilmt, was vor die Linse geriet, und man rekrutierte kurzerhand Statisten bei der lokalen Bevölkerung, die von dem Autor, oder der Autorin mit heutzutage nicht mehr üblichen, weil diskriminierenden Bezeichnungen tituliert werden.
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Folge vom 14.03.2023Von einer tropischen SeereiseUnser heutiger Text ist zweifellos ein Grenzfall. Die Beobachtungen, die die Verfasserin Alice Schalek auf ihrer Schiffsreise mit dem Dampfer ‘Emil Kirdorf‘ durch den Indischen Ozean über Singapur nach Japan machte und am 14. März 1923 mit dem Publikum der B.Z. am Mittag teilte, triefen aus heutiger Sicht nur so vor rassistischen Vokabeln und Stereotypen. Solche Artikel deswegen aus dem Podcast auszuschließen, hieße aufgrund der omnipräsenten Verbreitung der entsprechenden Sichtweisen und der durch diese kontaminierten Sprache aber, den Blick auf außereuropäische Kulturräume und namentlich den globalen Süden aus seinem Spektrum quasi zu verbannen. Wir haben uns deshalb dafür entschieden, den atmosphärisch gleichwohl ungemein dichten Reisebericht aus den Tropen trotz aller Vorbehalte zu senden. Die Autorin hatte zur damaligen Zeit bereits einen recht prominenten Namen als Kriegsberichterstatterin. Später liebäugelte sie zwischendurch mit dem Kommunismus und emigrierte nach dem sogenannten ‘Anschluss‘ Österreichs als Jüdin und prominente Nazi-Gegnerin 1939 schließlich in die USA, wo sie 1956 verstarb. Es liest Paula Leu.