
NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 05.09.2023Die künstliche Herstellung von GoldJahrhunderte suchten Alchemisten nach dem Stein der Weisen, nach der Herstellung von Gold aus minderwertigen Stoffen. Dass sie dabei nebenbei Porzellan oder das Goldrubinglas fanden, bestätigt nur das Hoffnungslose des Unterfangens selbst – oder nicht? Ist es nicht so, dass diese Experimentatoren richtig beobachtet hatten, wie sich Metalle irreversibel verändern und auch veredeln lassen? Fehlte es ihnen nicht lediglich an den technischen Möglichkeiten? Tatsächlich scheint es mithilfe von Teilchenbeschleunigern und Nanotechnologie heutzutage möglich zu sein, Gold künstlich herzustellen, nur das der Aufwand viel zu groß ist für den mikroskopischen Ertrag. Insofern hat der heutige Artikel aus der Berliner Volkszeitung vom 5. September 1923 den richtigen Riecher, wenn er postuliert „Unsere Nachkommen werden Gold machen“. Angesichts der Inflation und des Preises der Ausgabe von 100.000 Mark ist es gut verständlich, warum die Hoffnung auf die Alchemisten des 20. Jahrhunderts gesetzt wird. Es liest Paula Rosa Leu.
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Folge vom 04.09.2023In unerforschten MeerenFredrick George Binney, geboren im Jahre 1900 war ein britischer Polarforscher, der schon als Student in Oxford die erste Polarexpedition dieser Universität im Jahre 1921 organisierte. Bereits zwei Jahre später leitete er die zweite Expedition, die mit fünf britischen Wissenschaftlern und einer norwegischen Crew zu der nördlichsten Insel der Spitzbergen fuhr. Dabei wurden neben botanischer und geologischer Forschung auch bestehende Karten korrigiert. Wir korrigieren den Namen des Schiffes, der in dem Bericht über die Forschungsreise des 12-Uhr-Blattes vom 4. September 1923 fälschlich als „Teringen“ wiedergegeben wird, zum korrekten Namen „Terningen“. Frank Riede entführt uns also nun ins Eis des Nordpolarmeeres.
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Folge vom 03.09.2023100.000 Tote bei Erdbeben in JapanAm 1. September 1923, wenige Minuten vor Mittag, ereignete sich eines der schwersten Erdbeben der jüngeren Geschichte Japans, das eingegangen ist in die Geschichte als „Großes Kanto-Erdbeben“. Das Beben zerstörte die Stadt Yokohama und Teile Tokios, es folgte ein 12 Meter hoher Tsunami und eine Feuersbrunst, die ganze Stadtteile zu Asche verwandelte und erst Tage später gelöscht werden konnte. Da gerade viele Bewohner:innen auf offenen Feuerstellen ihr Mittagsmahl zubereiteten und die Häuser überwiegend aus Holz gefertigt waren, entstanden nahezu gleichzeitig an unzähligen Stellen Brände. Nach dieser verheerenden Katastrophe, während der es übrigens noch zu allem Überfluss zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen kam, denen tausende Menschen zum Opfer fielen, wurde beschlossen, Tokio als Hauptstadt zu behalten, aber dominant in einer Beton-Stahl-Bauweise wieder aufzubauen. Die Forschung geht heute von etwa 100.000 Todesopfern durch das Erdbeben und weiteren 40.000 durch die Brände aus. Die Nachricht erreichte die BZ am Mittag in der Ausgabe vom 3. September, in der aber die Dimension der Katastrophe bereits sehr treffend beschrieben wird. Paula Rosa Leu liest für uns die ersten Berichte. Für diese Ausgabe der Zeitung mussten 100.000 Mark bezahlt werden.
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Folge vom 02.09.2023Zum 50. Geburtstag der SiegessäuleJubiläen nehmen nicht immer Rücksicht auf die Zeit, in die sie gerade fallen. Die Erinnerungen, in denen die Vossische Zeitung vor einhundert Jahren zum damals fünfzigsten Geburtstag der Siegessäule kramte, mussten den Zeitgenoss*innen seinerzeit wie ein Märchen aus uralter Zeit vorkommen. 150.000, statt wie noch in der Vorwoche 100.000 Mark hatte man für deren Sonntagsausgabe am 2. September 1923 mittlerweile zu berappen, und auch sonst war alle überschwängliche Aufbruchsstimmung – wie sie zumindest die wilhelministischen Historiker für die Gründerjahre des Reiches gerne herbeischrieben – vor dem Hintergrund von Kriegsniederlage, politischer Instabilität, Putschgerüchten und Wirtschaftskrise längst verflogen. Das reflektierte die Vossische natürlich bereits auch in ihrem Geburtstagsständchen, das denn entgegen der ursprünglichen Intention des besungenen Baus auch auf einem deutlich pazifistische Schlussakkord endet. Unser Solist ist Frank Riede.