NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 20.06.2023Valutareise nach TschechienIn der Nachwendezeit erregte das deutsch-tschechische Grenzgebiet durch Gartenzwerge am Straßenrand, Drogenschmuggel und besonders die dort allgegenwärtige Prostitution Aufmerksamkeit. In jedem, noch so verfallenen Grenzdorf blinkten Leuchtreklamen, die auf einen Nachtclub aufmerksam machten. Die Lage entspannte sich erst, als sich das Wohlstandsgefälle zwischen den beiden Ländern verringerte. Der Ausflug deutscher Männer über die Grenze ins Bordell war wohl schon vor dem Ersten Weltkrieg eine übliche Praxis, wie wir dem schwelgenden Reisebericht „Valutareise nach Tschechien“ von Hans Merz aus dem 12-Uhr-Blatt vom 20. Juni 1923 entnehmen können. Für die sonst doch recht prüden Zeitungen der frühen Zwanziger überrascht es schon, wie deutlich der Autor sich positiv an seinen eigenen Sextourismus erinnert, alle üblichen misogynen Frauenbilder inklusive. Für uns liest dieses Zeitdokument dennoch Frank Riede.
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Folge vom 19.06.2023Der Ausbruch des ÄtnaDer Ätna, der höchste aktive Vulkan Europas, auf der Insel Sizilien gelegen, bedroht die umliegenden Dörfer und Städte seit Jahrtausenden immer wieder durch größere und kleinere Eruptionen. Allein im 21. Jahrhundert ist kein Jahr vergangen ohne eine kleinere Aschewolke, oder einen größeren Lavastrom. Am 17. Juni 1923 kam es aber zu einem der zwei heftigsten Ausbrüche der 1920er Jahre - der andere ereignete sich 1928 -, bei dem Lavaströme Dörfer bedrohten und tatsächlich auch verwüsteten. Zwei Tage später waren erste Berichte über das Ausmaß bis nach Berlin gedrungen, die Berliner Morgenpost druckte sie ab und Paula Rosa Leu liest sie für uns.
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Folge vom 18.06.2023Die Frau von heute - eine Umfrage unter deutschen MännernDass in den Zeitungen der 1920er Jahre zumeist Männer für Männer schreiben, auch und gerade wenn sie über Frauen schreiben, lässt sich in einem Podcast wie dem unseren schwerlich verheimlichen. Ein besonders eklatantes Beispiel für diese Matrix liefert uns das 8-Uhr-Abendblatt vom 18. Juni 1923, das eine Umfrage unter deutschen Männern verschiedener Berufsgruppen, was sie von der Frau „von heute“ hielten, vermutlich mehr fingierte als wirklich empirisch geführt hatte. Die Ergebnisse, man kann es sich denken, strotzen nur so vor paternalistischen-misogynen Klischees und bedeuten für eine vermeintlich liberale Großstadtzeitung aus dem historischen Rückblick eine schwere Peinlichkeit. Als Zeitdokument sind sie für uns aber natürlich gerade deshalb hochinteressant und von Paula Rosa Leu unserem Audio-Archiv hinzugefügt worden.
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Folge vom 17.06.2023Badereise nach dem WeddingKarlsbad, Kissingen, Bad Ems oder Spa – man kann sich zahlreiche mondäne Ziele für eine Bäderreise mit anschließendem Zeitungsbericht vorstellen. Die Badereise, die die Vossische Zeitung am 17. Juni 1923 unternahm, führte sie inflationsbedingt jedoch nicht an einen der dafür berühmten Kurorte, sondern in Berlins wohl ärmsten Arbeiterbezirk, den Wedding, wo Ludwig Hoffmann noch in den Jahren der Kaiserzeit einen seiner großzügigen Volksbäderbauten hingesetzt hatte. Die politisch-ökonomischen Krisen der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg hatten den Betrieb freilich auch hier zurückfahren lassen, was in Verbindung mit den für viele Berlinerinnen und Berliner nicht bezahlbaren Preisen wiederum die Auslastungszahlen drückte und die Wirtschaftlichkeit des Bades zunehmend in Frage stellte. Um die Volksgesundheit sorgt sich angesichts dieser Situation für uns Frank Riede.