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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 01.01.2025Architekt Fritz Höger über das ChilehausSeit 1924 ziert das sogenannte Chilehaus das Hamburger Kontorhausviertel, seit 2015 gehört es mit diesem und der Hamburger Speicherstadt zum elitären Kreis des UNESCO-Weltkulturerbes. Seinen Architekten Fritz Höger hätte diese Ehrung wohl kaum überrascht. In einem Gastbeitrag für den Hamburgischen Correspondenten vom 1. Januar 1925 zeigt er sich jedenfalls schwer beeindruckt von seinem eigenen, eben fertiggestellten Werk und preist es in den höchsten Tönen. Der Stilbegriff „Backsteinexpressionismus“, mit dem man das Chilehaus und Högers Baukunst allgemein heute gerne charakterisiert, fällt in der wortreichen Beschreibung noch nicht. Dafür vergleicht Höger seinen Bau mit fast allen Weltwundern der Architekturgeschichte und endet mit seiner Panegyrik in eigener Sache auf einem durchaus schrillen patriotischen Ton. Das vermag wiederum nicht wirklich zu überraschen. Fritz Höger sympathisierte früh mit völkischen Gedanken und trat bereits 1932 in die NSDAP ein – wo er als in Weimarer Zeit höchst gefragter avantgardistischer Architekt allerdings auf wenig Gegenliebe stieß und ab 1933 kaum mehr große Aufträge erhielt. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 31.12.2024Silvesterrutsch ins Heilige JahrNa, wenn das keine Silvesterüberraschung ist: Da übersiedeln wir mit unserem Podcast im Jahr 24 in die protestantisch-liberale Hansestadt Hamburg, und dann beschließen wir selbiges mit einem Besuch beim Papst in Rom! Aber keine Sorge, wir begehren dort keine Vergebung unserer unkatholischen Sünden und geloben auch keine Buße für die Zukunft, sondern besuchen das Zeremoniell, mit der die Ewige Stadt ins Heilige Jahr 1925 startete, wie es der Hamburger Anzeiger vom 31. Dezember 1924, durchaus beeindruckt von soviel Pracht und Glanz, seinem nordischen Publikum vermittelte. Da man auch in katholischen Kreisen bekanntlich nicht frei von zahlenmystischen Anwandlungen ist und Anni santi im 25jährigen Zyklus, d.h. also auch wieder 2025 eines begeht, lässt sich an diesem Bericht, den für uns Frank Riede lesen wird, wunderbar vergleichen, ob sich am Ritual der Öffnung der Heiligen Pforte in hundert Jahren irgendwas geändert hat. Auf den Tag genau wünscht allen Hörerinnen und Hörern einen guten Rutsch!
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Folge vom 30.12.2024Island und seine erstaunliche EntwicklungAus dem Rest des Kontinents blickt man nicht selten bewundernd nach Nordeuropa. Trotz Randlage und teils widriger klimatischer Voraussetzungen sind die vergleichsweise kleinen skandinavischen Länder fast durchgängig führend bei Wirtschafts- und Sozialdaten, in puncto Bildung und Lebensqualität. Dass Ansätze zu dieser Entwicklung bereits Anfang des 20. Jahrhunderts bis in die entlegensten nordischen Regionen zu beobachten waren, entnehmen wir einem Bericht aus dem Hamburgischen Correspondenten vom 30. Dezember 1924 über das seit 1918 souveräne, wenngleich immer noch mit Dänemark in Realunion verbundene Island. Voller Begeisterung schildert der Bericht die enorme Entwicklung der noch vor zwei Generationen wilden und rückständigen Vulkaninsel am Polarkreis, die sich vor genau fünfzig Jahren 1874 ihre erste Verfassung gegeben hatte. Wir hören von Straßen und Banken, Bibliotheken und sogar einer Universität, die seither entstanden. Unsere Reiseleiterin ist Rosa Leu.
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Folge vom 29.12.2024Thüringen torpediert das BauhausMan kann den Einfluss des Bauhauses, der Kunstschule, die Walter Gropius 1919 in Weimar begründet hatte, auf Architektur, Design und diverse Avantgarden gar nicht unterschätzen. Dass die innovative Institution, die die Grenzen zwischen Handwerk und „hoher“ Kunst einriss und neue Formen des kollaborativen Studiums und der Lehre erprobte, von großer Wichtigkeit war, war schon so manchem Zeitgenossen bewusst. Die neue Landesregierung in Thüringen, angeführt von der DVP, jedenfalls wusste das Bauhaus nicht zu schätzen und bemühte sich darum, es abzuwickeln, unter anderem, indem die Mittel um 50 Prozent gestrichen wurden. Und auch als private Finanziers die Lücke schließen wollten, torpedierte sie diese Bemühungen. Sofort bewarben sich andere Städte, um das Bauhaus aufzunehmen, unter anderem Köln mit dem damaligen Oberbürgermeister Konrad Adenauer. Den Zuschlag sollte dann 1925 bekanntlich Dessau bekommen. In den Zeitungen finden wir Ende des Jahres 1924 wenige Erwähnungen dieses Prozesses, lediglich im Hamburger Echo vom 29.12. einen Zwischenbericht zu den Verhandlungen zwischen Bauhaus und Thüringen. Frank Riede liest für uns den Bericht über radikale Kürzungen bei etablierten Kulturinstitutionen.