Die französische Autorin Lola Lafon hat eine Nacht im Anne-Frank-Haus verbracht und über ihre Erfahrungen ein berührendes Buch geschrieben. Und der französische Autor Édouard Louis überzeugt zum wiederholten Mal mit einem Buch über seine Mutter.
«Monique bricht aus» ist eine zarte Annäherung zwischen Sohn und Mutter. Es ist aber auch das Portrait einer Frau, die viel erleiden musste, um endlich mit 55 Jahren endgültig in ein selbstbestimmtes Leben aufzubrechen. Édouard Louis erzählt mit Lust und Virtuosität. Da ist nicht mehr diese zornige Stimme von früher, sondern Selbstreflexion und Anteilnahme. Der Autor ist erzählerisch gereift. Die Sprache ist zart und intensiv zugleich. Zu Recht werde das Buch in Frankreich als literarische Sensation gefeiert, sagt Annette König. Sie bringt es mit an den Literaturstammtisch.
In Frankreich gibt es die Buchreihe «Ma nuit au musée». Als die Schriftstellerin Lola Lafon gebeten wurde, einen Text beizusteuern, wusste sie auf Anhieb, in welchem Museum sie eine Nacht verbringen wollte. Nicht in irgendeiner Kunstsammlung wie die meisten anderen. Sie wollte ins Anne-Frank-Haus. In das Versteck in Amsterdam, in dem die Familie Frank und vier ihrer Bekannten Schutz vor den Nazis gesucht hatten.
Obwohl für sie ein Feldbett aufgestellt worden war, fand Lola Lafon keinen Schlaf. Stattdessen lauschte sie dem Echo der Vergangenheit – und schrieb das berührende Buch «Immer wenn ich dieses Lied höre. Im Versteck von Anne Frank», das Katja Schönherr in der Sendung vorstellt.
Buchhinweise
· Édouard Louis. Monique bricht aus. Aus dem Französischen von Sonja Finck. 160 Seiten. S. Fischer, 2025.
· Lola Lafon. Immer wenn ich dieses Lied höre. Im Versteck von Anne Frank. Aus dem Französischen von Elsbeth Ranke. 173 Seiten. Aufbau, 2025.

Kultur & Gesellschaft
BuchZeichen Folgen
«BuchZeichen» macht Lust aufs Lesen, ist Rettungsring im Büchermeer und bietet gute und intelligente Unterhaltung. «Buchzeichen» stellt Autoren und Büchermenschen vor, erzählt Geschichten aus und über Bücher oder gräbt Perlen aus: Vom Bestseller über die Sportlerbiographie, vom Reisebericht bis zum Klassiker hat alles Platz.
Folgen von BuchZeichen
50 Folgen
-
Folge vom 28.01.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Edouard Louis und Lola Lafon
-
Folge vom 21.01.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Zwei DebütsDer junge deutsche Autor Caspar-Maria Russo beschreibt in seinem ersten Roman, wie politisch Liebe für junge Menschen geworden ist. Und die junge deutsche Autorin Ruth-Maria Thomas erzählt in ihrem ersten Roman eine Mischung aus Coming-of-Age-Geschichte und Psychothriller. Iggy ist der erste Typ seit langem, den Masha nicht über Online-Dating kennenlernt. Aber bis die beiden ein Paar werden, müssen sie einen Baum klauen, eine Kirche ausrauben und nach Italien reisen. In seinem Debütroman erzählt Caspar-Maria Russo, wie schwierig es geworden ist, sich zu verlieben. Man redet zwar unverkrampft über Sex und kennt jedes erdenkliche Beziehungskonzept, aber eines ist nur schwer möglich: echte Nähe. «Prinzip Ungefähr» überzeugt Tim Felchlin, weil es in Manier einer Bonnie-und-Clyde-Geschichte deutlich macht, wie politisch Liebe für junge Menschen geworden ist. In «Die schönste Version» der deutschen Autorin Ruth-Maria Thomas geht es um Jella, eine Frau in ihren Zwanzigern. Ihr Freund hat sie im Streit gewürgt, ihr gedroht, sie umzubringen. Jella konnte gerade noch entkommen. Nun liegt sie zu Hause in ihrem einstigen Kinderzimmer und lässt ihr bisheriges Leben Revue passieren: ihr Aufwachsen in einer ostdeutschen Kleinstadt, ihre ersten sexuellen Erfahrungen – und ihre Beziehung zu Yannick, die doch so vielversprechend begonnen hatte. Das Buch ist eine Mischung aus Coming-of-Age-Roman und Psycho-Thriller. Auf alle Fälle ein Buch, das man nicht mehr weglegt, sagt Katja Schönherr. Buchangaben · Caspar-Maria Russo. Prinzip Ungefähr. 240 Seiten. Residenz, 2025. · Ruth-Maria Thomas. Die schönste Version. 266 Seiten. Rowohlt Hundert Augen, 2024.
-
Folge vom 14.01.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Zweimal ÖsterreichAktuelle Bücher aus Österreich sind Thema am Literaturstammtisch im BuchZeichen auf SRF1: «Erste Töchter», der dritte Roman über Ljuba Arnautovićs eigene Familie, und «In einem Zug», der neue Roman des Erfolgsautors Daniel Glattauer. Die Geschichte der eigenen Familie bietet der österreichischen Autorin Ljuba Arnautović auch im aktuellen Roman «Erste Töchter» einen äusserst packenden Stoff. In ihren beiden älteren Büchern hat die Autorin erzählt, wie ihre Vorfahren unter dem Stalinismus und Nationalsozialismus litten. Im aktuellen Buch macht sie ihre Generation zum Thema und wie sich die Traumata ihrer Eltern auf sie auswirkten. Felix Münger stellt den Roman am Stammtisch vor. In «In einem Zug», dem neuen Roman von Daniel Glattauer, den Valentin Schneider mit in die Sendung bringt, geht es um einen Autor von Liebesromanen, der sich gerade in einer Schaffenskrise befindet. Im Zug von Wien nach München, wo ihm ein unangenehmes Treffen mit Verlagsvertretern bevorsteht, lässt er sich von einer Frau in ein Gespräch verwickeln. Die Frau ist Physio- und Psychotherapeutin und beginnt dem alternden Autor private und unangenehme Fragen über die Liebe, seine Liebesromane und Sex zu stellen. Der Buchtipp der Woche hat ebenfalls Österreichbezug. Michael Luisier empfiehlt «Piksi-Buch» der in Wien lebenden serbischen Autorin Barbi Marković. Darin geht es um das gewaltbereite Umfeld ihrer Kindheit in Belgrad kurz vor dem Jugoslawienkrieg. Anhand des Fussballs erzählt die Autorin die Geschichte von sich als Mädchen, das mit dem Vater ins Stadion geht und dort die Gewaltbereitschaft wahrnimmt, aber auch die Geschichte eines der letzten Spiele der Jugoslawischen Nationalmannschaft erzählt, das – wäre es nicht verloren gegangen – vielleicht doch noch zum Kitt der auseinanderbrechenden Nation geworden wäre. Buchhinweise: · Ljuba Arnautovic. Erste Töchter. 157 Seiten. Zsolnay, 2024. · Daniel Glattauer. In einem Zug. 208 Seiten. DuMont, 2025. · Barbi Marković. Piksi-Buch. 107 Seiten. Verlag Voland & Quist, 2024.
-
Folge vom 07.01.2025Aktuelle Buchempfehlungen: Frédéric Zwicker und Wolf HaasDie Stammtischrunde bespricht «Carlas Scherben» von Frédéric Zwicker und «Wackelkontakt» von Wolf Haas. Zwicker erzählt unter anderem von drei Frauengenerationen im 20. Jahrhundert, Haas von zwei Männern, deren Geschichten auf überraschende Art miteinander verknüpft sind. Im dritten Roman «Carlas Scherben» des Schweizer Autors Frédéric Zwicker steht eine junge Keramikkünstlerin im Zentrum, die nach Inspiration sucht für eine neue Ausstellung. Doch das Buch ist mehr als ein Künstlerinnenroman – es ist auch ein Beziehungsroman, wirft sozialpolitische Fragen auf und bringt dunkle historische Kapitel aufs Tapet. Die «einzelnen Geschichten» seien «packend und oft voller Schalk erzählt», findet Felix Münger. Allerdings fehle es dem Roman leider an der nötigen Fokussierung, sodass am «am Ende nicht recht klar» sei, «welche Geschichte Zwicker nun tatsächlich erzählen will». Der neue Roman des österreichischen Erfolgsautors Wolf Haas überzeugt einmal mehr durch seine Machart, geht es doch um einen Mann namens Franz Escher, der auf den Elektriker wartet und dabei ein Buch über einen Mafia-Kronzeugen liest. Dieser wiederum sitzt im Gefängnis und wartet auf seine Entlassung, wobei er ein Buch über einen gewissen Franz Escher liest, der auf den Elektriker wartet. Auf brillante Weise verbindet Wolf Haas zwei Geschichten, indem er immer die eine aus der anderen entstehen lässt. Ein typsicher Wolf Haas, findet Michael Luisier, der das Buch am Literaturstammtisch vorstellt. Im Bilderbuch «Earhart – Der abenteuerliche Flug einer Wühlmaus um die Welt» erzählt der deutsche Autor und Illustrator Torben Kuhlmann die Geschichte der US-amerikanischen Flugpionierin Amelia Earhart. Es ist das fünfte Buch einer Serie, in der Kuhlmann eine Maus eine Pionierleistung erbringen lässt. Besonders die grossartigen Illustrationen und filigranen Zeichnungen, inspiriert von Fotos aus den 1920-er Jahren, begeistern Britta Spichiger, die dieses Bilderbuch heute vorstellt. Buchhinweise · Frédéric Zwicker. Carlas Scherben. 192 Seiten. Zytglogge, 2024. · Wolf Haas. Wackelkontakt. 238 Seiten. Hanser Verlag, 2025. · Torben Kuhlmann. Earhart – Der abenteuerliche Flug einer Wühlmaus um die Welt. 128 Seiten. NordSüd Verlag, 2024.