"Während Rosas deutsche Mutter Zeit ihres Lebens eine regelrechte Obsession für den Holocaust entwickelt hatte, schienen die Traumata des in Israel geborenen jüdischen Vaters stärker im Jom-Kippur-Krieg zu wurzeln als im Nationalsozialismus. Die Mutter sprach ohne Unterlass von der Schuld der Deutschen, wohl bemerkt ohne die individuelle Schuld der Groß- und Urgroßeltern ausdrücklich zu benennen". In dem Roman 'Nochmal von vorne' erzählt die Autorin Dana von Suffrin die Geschichte der deutsch-jüdischen Familie Jeruscher aus der Perspektive der Tochter Rosa. Eine überaus schwierige, zerstrittene Familie, die tief verstrickt ist in ihrer ganz unterschiedlichen Herkunft, in ihrer unterschiedlichen Familien-Geschichte und in ihren unterschiedlichen Charakteren. Ein Buch, das uns auf berührende Weise mitnimmt in diese Familie, das nichts erklärt, entschuldigt oder bis ins Letzte verständlich macht, aber doch durch das empathische Erzählen bändigt und tröstet - und lange nachdenken läßt.
Dana von Suffrin / 'Nochmal von vorne' / Kiepenheuer & Witsch / 235 Seiten / 23 Euro.
https://www.kiwi-verlag.de/buch/dana-von-suffrin-nochmal-von-vorne-9783462002973

Kultur & Gesellschaft
Werke-Autorengespräch Folgen
DOMRADIO.DE stellt Autorinnen und Autoren vor und stellt ihnen die Gretchenfrage.
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Folge vom 20.03.2024Dana von Suffrin über ihren Roman 'Nochmal von vorne' / Eine nicht ganz normale deutsch-jüdische Familie
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Folge vom 19.03.2024Mirrianne Mahn über ihren Debutroman 'Issa' / Zu Schwarz für Deutschland und zu deutsch für Kamerun‚Mein Gefühl der Verlorenheit, gefangen zwischen zu Schwarz in Deutschland und zu deutsch in Kamerun‘. So fühlt sich Issa in dem Debutroman von Mirrianne Mahn. Die Autorin erzählt die Geschichte einer jungen Frau aus Deutschland, die nach Kamerun zurückkehrt. Dort ist sie geboren und hat auch die ersten Jahre ihrer Kindheit verbracht. Jetzt hat sie ihre Mutter nach Kamerun geschickt, denn Issa ist schwanger, sie ist unverheiratet und soll in Kamerun den heilsamen Weg der Rituale ihrer Vorfahren für schwangere Frauen gehen, damit das Kind gesund auf die Welt kommt. Der Roman ‚Issa‘ erzählt die Geschichte einer Emanzipation. Issa lebt zwischen den Kulturen ihrer afrikanischen Familie und ihrem Leben in Deutschland. Eindrucksvoll erzählt die Autorin auch von den Traumatisierungen der Vorfahren von Issa aus der Kolonialzeit, Traumata, die über Generationen weitergegeben werden. Und sie erzählt davon, wie Issa sich der Kultur und den Riten ihrer Familie in Kamerun nähert und sie auch zu verstehen und zu erleben lernt. Im DOMRADIO.DE Interview erzählt Mirrianne Mahn, warum es besonderen Mut erfordert hat, diesen Roman zu schreiben. ‚Issa‘ von Mirrianne Mahn / Rowohlt Verlag / 300 Seiten / 24 Euro. https://www.rowohlt.de/buch/mirrianne-mahn-issa-9783498003906
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Folge vom 12.03.2024Stefanie de Velasco über ihren Roman 'Das Gras auf unserer Seite' / 'Vater, Mutter, Kind - Nuclear Family'„Sie hatte Pläne und Ideen“, das sagt Grit in dem Roman 'Das Gras auf unserer Seite' über Alice, die gerade ihr drittes Kind bekommen hat. „Sie hatte Pläne und Ideen“, und dann heißt es weiter, „was ist mit denen, sagt mir das mal. Vater, Mutter, Kind. Nuclear Familiy. So heißt das auf Englisch. Klingt doch schon wie ein Super-Gau, genau deswegen schreckt es mich so ab“. Zitatende. In dem Buch von Stefanie de Velasco geht es um Frauen in den mittleren Lebensjahren, in denen sich viel entscheidet, oder in denen Frauen viel entscheiden müssen. Und die Frauen in de Velascos Roman wollen eben nicht ins Mutterland einbiegen, auf das sie von klein auf konditioniert worden sind. 'Das Gras auf unserer Seite' ist ein Buch über Frauen aber nicht nur für Frauen. Stefanie de Velasco stellt uns in ihrem Roman drei Frauen vor, die auf der Suche sind, die mit den alten Rollenbildern von Frauen als Mütter konsequent brechen und mit herkömmlichen Lebensmodellen. Was gibt es da für Möglichkeiten jenseits der monogamen Paarbeziehungen?, fragt die Autorin. Ein Buch, das einfühlsam in das Seelenleben von Frauen in den mittleren Jahren schaut, ein Buch auch über den Beginn und das Ende des Lebens über Geburt und Tod. „Das Gras auf unserer Seite“ / Stefanie de Velasco / Kiepenheuer & Witsch / 255 Seiten / 23 Euro https://www.kiwi-verlag.de/buch/stefanie-de-velasco-das-gras-auf-unserer-seite-9783462005738
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Folge vom 11.03.2024Ein Buch, das Ihnen den Glauben an die Menschheit zurückgibt / Alles Gute!'Der Mensch hat über Jahrtausende hinweg ein falsches Menschenbild kultiviert, den Menschen als Egoisten, Bestie oder Schlimmeres'. Die Herausgeber des Buches 'Alles Gute!' Thomas Böhm und Peter Graf zitieren in ihrem Vorwort den niederländischen Historiker Rutger Bregmann. Aber warum soll dieses negative Menschenbild denn falsch sein? Wir erleben doch zurzeit Krisen und Kriege in der Welt, die belegen, dass es sich bei der Zivilisation nur um eine dünne Schicht handelt, die beim geringsten Anlass reißt. Wie kühn ist es denn da zu behaupten, der Mensch sei gut? Aber genau das tun Böhm und Graf. Psychologisch habe unser Menschenbild Konsequenzen für unser Handeln. 'Wenn wir überzeugt sind, dass der Mensch gut ist, dann behandeln wir uns dementsprechend auch gut', sagt Böhm im DOMRADIO.DE Interview: 'Und umgekehrt, wenn wir von einem negativen Menschenbild ausgehen, dann behandeln wir uns auch schlecht'. Das Buch 'Alles Gute!' ist in einer wunderbaren Aufmachung im Verlag 'Das Kulturelle Gedächtnis' erschienen / 272 Seiten / 28 Euro http://daskulturellegedaechtnis.de/work/allesgute/