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Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 09.07.2023Selma Fischer: Die Tragödie vom gerissenen RockDer Volkspark Humboldthain in der Nähe des Bahnhofs Gesundbrunnen konfrontiert heutige Besucher:innen weithin sichtbar mit dem Erbe des Zweiten Weltkrieges – sind doch die Hügel des Parks auf den Trümmern eines Hochbunkers und eines Flakturms entstanden. Vor 150 Jahren begann die Berliner Stadtverwaltung mit dem Bau eines Alexander von Humboldt gewidmeten Volksparks, der sich nach seiner Fertigstellung 1876 vor Allem dadurch auszeichnete, dass es der erste Park war mit einem Spielplatz für Kinder. Um eine kreisförmige, den Kindern gewidmeten Fläche standen Parkbänke für die die Kinder begleitenden Erwachsenen. Auf einer dieser Sitzgelegenheiten ließ sich 1923 die Autorin Selma Fischer nieder und beobachtete das Treiben. Weniger die Kinder als ein Arbeitsloser mit zerschlissener Kleidung erregte ihr Interesse. Das Gespräch mit diesem verarbeitete sie in ihrem Artikel „Die Tragödie vom gerissenen Rock“, den die Berliner Volks-Zeitung am 9. Juli veröffentlichte. Paula Rosa Leu lebt zwar nicht in dieser Gegend, begibt sich für uns aber auf die Parkbank im Humboldthain.
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Folge vom 08.07.2023Die Gandhi-Bewegung in IndienWer im Berlin der 1920er Jahre täglich eine oder mehrere Tageszeitung las, war nicht nur über die Entwicklungen vor der Haustür und im nahen europäischen Ausland detailliert unterrichtet, sondern wusste auch aus erster Hand, was sich in Nord- und in Südamerika, in China oder in Japan so abspielte – ein Netz von gut informierten und emsig telegraphierenden Korrespondenten machte dies auch damals schon möglich. Anders verhielt sich die Sache mit Indien. Nur äußerst spärlich waren die Nachrichten aus diesem größten Land des British Empire, was unseren heutigen Artikel aus der Deutschen Allgemeinen Zeitung vom 8. Juli 1923 zu einer kostbaren Ausnahme macht. Ein Autor namens Kober verfügt offensichtlich über profunde Kenntnisse der jüngsten Entwicklungen auf dem indischen Subkontinent seit dem Weltkrieg und macht sein Publikum möglicherweise erstmals mit einem Namen vertraut, der für die weitere Geschichte der Dekolonisation von allergrößter Bedeutung werden sollte: Gandhi. Dessen Konzept eines „passiven Widerstands“ gegen die britischen Kolonialherren gibt der Artikel bemerkenswert präzise wieder, mag bei aller Sensibilität für das Spezifische der indischen Situation aber dennoch nicht davon absehen, auch den einen oder anderen Bogen vom fernen Ganges an die heimische Ruhr zu schlagen. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 07.07.2023Berliner Kabarett - ein ÜberblickUnter der Sammelbegriff Kabarett, der heutzutage sehr stark auf das politische Kabarett zugespitzt ist, verbarg sich vor hundert Jahren ein bunter Strauß unterschiedlichster Kleinkunst auf eher kleinen Bühnen. Und so waren manche Szenen berühmt für ihre Freizügigkeit, manche für die Chansons, manche für die Artisten, manche für die Tanznummern, manche für einen legendären Conférencier und andere für all das zusammen. Auf einen Streifzug durch verschiedene Kabarett-Bühnen Berlins begab sich ein gewisser Erich Wulf und veröffentlichte seine Eindrücke in der Ausgabe vom 7. Juli 1923 im Berliner Tageblatt. Frank Riede war beim Bühnen-Hopping dabei.
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Folge vom 06.07.2023Chinesisch Essen gehen in CharlottenburgDas Reisen in die große weite Welt war den allermeisten Deutschen im Inflationsjahr 1923 durch die schlechte Valuta verwehrt, dafür ließ sich die große weite Welt immer mehr daheim in Berlin blicken. Touristen, Diplomaten, aber zunehmend auch Studenten aus fernen Ländern zog die deutsche Hauptstadt in jenen Jahren an und prägte darüber in der Folge zumindest Ansätze von kultureller Diversität aus. Erst vor wenigen Wochen berichteten wir hier im Podcast von einem neueröffneten japanischen Restaurant in Schöneberg. Heute war die Autorin Margit Freud für uns bzw. für das 8-Uhr-Abendblatt vom 6. Juli 1923 in einem von gleich zwei chinesischen Lokalen essen, die innerhalb weniger Monate an der Kantstraße in Charlottenburg eröffnet hatten. Ihr Artikel ventiliert auch sprachlich ein paar nicht mehr zeitgemäße Klischees und Begriffe, ist jedoch erkennbar von großer Neugier und Sympathie für die ihr völlig fremde Kultur geprägt. Es liest Paula Rosa Leu.