NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 19.09.2023Arnold Höllriegel über eine dramatische Sitzung des Völkerbundes in GenfOb mit seinen ortskundigen Reiseberichten aus Palästina, launigen Feuilletons aus dem Wiener Zoo oder bissigen Satiren über das faschistische Italien – Arnold Höllriegel ist ein so regelmäßiger wie gern gesehener Gast in unserem kleinen Podcast. Am 19. September 1923 hatte es ihn für das Berliner Tageblatt nach Genf verschlagen, wo er von einer durchaus dramatischen Sitzung des Völkerbundes wegen der italienischen Aggression gegen das griechische Korfu berichtet. „Dramatisch“ meint dabei zum einen den Ernst der politischen Lage. Zum anderen wird das Zusammentreffen der hohen Diplomaten dank Höllriegels feinsinniger Beobachtungsgabe aber auch zu einem spannungsvollen Bühnenspiel. An zwei Stellen enthält der Text zeittypische, heute aber als anstößig empfundene ethnophaulistische Formulierungen. Wir entnehmen ihn der allmittwöchlich erscheinenden Auslandsausgabe des Berliner Tageblatts, deren Preis von der galoppierenden Inflation in Deutschland mithin entkoppelt war. Er belief sich in der Tschechoslowakei beispielsweise auf 80 Kronen, in der Türkei auf 4 Pfund und in Uruguay auf 6 Peso oro. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 18.09.2023Wie es um Fiume alias Rijeka stehtAuf den Tag genau ist erkennbar ein Berliner Podcast, aber im ersten Jahr unseres Bestehens, 2020, haben wir gleichsam fast eine Außenstelle in Fiume alias Rijeka an der Kvarner Bucht unterhalten, wo Gabriele d’Annunzio 1920 sein präfaschistisches Unwesen trieb und es mit seinen Eskapaden entsprechend häufig auch in die Berliner Tageszeitungen schaffte. Drei Jahre später steht vor dem Faschismus in Italien kein ‘Prae-‘ mehr, d’Annunzio hat sich wegen politischer Missachtung schmollend in seine Villa am Gardasee zurückgezogen, aber der Status von Rijeka alias Fiume ist zwischen Italien und Jugoslawien noch immer umstritten. Die Vossische Zeitung – deren Preis soeben die Millionengrenze erreicht hatte – berichtet am 18. September 1923 vom aktuellen Stand der Spannungen um die Stadt, und auch wir haben unseren Korrespondenten Frank Riede deshalb wieder einmal an die obere Adria entsandt.
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Folge vom 17.09.2023Der leere LindentunnelNahverkehr und leere Tunnel? Da fällt uns der leere S-Bahn-Tunnel ein, in dem, während des sich hinziehenden Berliner Flughafenbaus, sogenannte Belüftungsfahrten mit leeren S-Bahnen stattfinden mussten. 1923 verursachte die schlechte Wirtschaftslage die Straßenbahnbetreiber dazu, einzelne Strecken aufzugeben. Dazu gehörte auch der Lindentunnel unter „Unter den Linden“, der 1916 fertiggestellt worden war, und nun schon wieder stillgelegt werden sollte. Heute ist der Tunnel zumindest teilweise zugeschüttet und untertunnelt von der U-Bahn-Linie 5, der Kanzlerlinie. Der Vorwärts vom 17. September, für 300.000 Mark zu erwerben, berichtet über den leeren Tunnel, Paula Rosa Leu liest.
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Folge vom 16.09.2023Die betonte Linie - ohne KorsettHatte die Frauenbewegung bereits im Laufe des 19. Jahrhunderts gegen das Tragen eines Korsetts protestiert, flankiert von medizinischen Befunden, die gesundheitliche Schäden mit diesem Kleidungsstück in Verbindung brachten, so griff die Mode-Industrie erst nach dem Ersten Weltkrieg die Möglichkeit auf, eine korsettfreie Damenbekleidung zu entwerfen. In ihrem Lagebericht zu aktuellen Modetrends, abgedruckt in der Vossischen Zeitung vom 16. September 1923, stellt Margarete Caemmerer den Abschied vom Korsett an den Anfang. Was sonst noch in der Herbstsaison getragen wurde, oder nicht mehr getragen wurde, weiß Paula Rosa Leu. Wohl nicht zuletzt wegen der Beilage, aus der dieser Artikel stammt, kostete die Sonntagsausgabe der Vossischen 800.000 Mark.