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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 24.02.2023Auf Schlittschuhen nach RügenWenn man täglich in alten Zeitungen kramt, macht man so manche überraschende Entdeckung. Andere Informationen hingegen sind sehr erwartbar, und dazu zählt nach gut drei Jahren Auf den Tag genau, wenig überraschend, die bestätigte Erkenntnis, dass die Winter in unseren Breiten vor einhundert Jahren deutlich kälter waren als heutzutage. Dass die Ostsee so weit zufror, dass man vom Festland über den Greifswalder Bodden nach der Insel Rügen auf Kufen übersetzen konnte, passierte freilich auch nicht alle Jahre – und selbst wenn es geschah, war höchste Vorsicht geboten. Autor Karl Fischer und fünf Kommilitonen, erfahren wir aus der Berliner Morgenpost vom 24. Februar 1923, waren so vorsichtig nicht. Ob ihr Trip dennoch gut ausging, weiß Frank Riede.
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Folge vom 23.02.2023Operette goes ChinaFranz Lehars Operette Das Land des Lächelns zählt bis heute zu den prominentesten Stücken dieses Genres. Der große Erfolg des bei seiner Uraufführung 1923 in Wien noch unter dem Namen Die gelbe Jacke firmierenden Opus dürfte dabei zu einem nicht unerheblichen Teil in seinem kunstvoll zelebrierten Exotismus begründet liegen, der das europäische Publikum hier in ein märchenhaft-klischeehaftes, wiewohl zeitgenössisches China entführte. Die Glosse, die Autor Arnold Höllriegel am 23. Februar 1923 im Berliner Tageblatt dazu verfasste, ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen sticht hervor, wie prägnant Höllriegel die kolonialistischen Stereotypen damals schon benannte und kritisierte, die hier ventiliert wurden. Zum anderen wird paradoxerweise aber auch deutlich, dass Höllriegel zur Beschreibung dessen keine Sprache zur Verfügung stand, die in unseren Ohren nicht ihrerseits wieder in vielen Punkten zutiefst rassistisch klingt. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 22.02.2023Gabriele Tergit: Der LulutypDie 1895 veröffentlichte und drei Jahre später uraufgeführte Tragödie „Erdgeist“ von Frank Wedekind, in der die junge Frau Lulu gleich mehrere bürgerliche Herren in den Ruin und in den Tod treibt, zeigte sich als besonders wirkmächtig und Lulu wurde zur Bezeichnung für den Frauentypus der selbstbewussten und durchsetzungsfähigen Femme fatale. Das Werk diente als Vorlage für zahlreiche Übertragungen in andere Kunstformen – so auch in den Stummfilm. Am 22. Februar feierte der Film „Erdgeist“ von Leopold Jessner mit Asta Nielsen als Lulu Premiere und brachte so den „Lulu-Typus“ erneut in die gesellschaftliche Debatte, wo ihn die Publizistin Gabriele Tergit aufgriff und darüber nachdachte, ob es diesen Typ nicht schon immer gab und ob er nun erstrebenswert sei oder nicht. Erschienen sind ihre Überlegungen im Berliner Tageblatt pünktlich zur Premiere des Stummfilms und vertont hat sie für uns Paula Leu.
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Folge vom 21.02.2023Norddeutschland vor der VersteppungManche Schreckensszenarien sind älter, als man so denkt. Oder hätte irgendjemand gedacht, dass der Teufel von einer alsbaldigen Versteppung Norddeutschlands bereits vor einhundert Jahren an die Wand Berliner Tageszeitungen gemalt wurde? Die Gründe, die die dem Vorwärts allmittwöchlich beiliegende Heimwelt vom 21. Februar 1923 für ihre diesbezügliche Besorgnis ins Feld führt, unterscheiden sich zugegeben im Detail merklich von den heutigen Klimawandelanalysen. Manche Warnungen, etwa vor einer hemmungslosen Rodung der Wälder oder der gedankenlosen Begradigung von Flüssen, muten aber erschreckend vertraut an. Den Blick über die Stadtgrenzen hinaus ins dürre Land, das der Autor seinerzeit schon in einhundert Jahren Realität werden zu können prognostizierte, wagt für uns Frank Riede.