NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 07.05.2023Im Hauptquartier HitlersWie niemandem, der Auf den Tag genau regelmäßig hört, entgangen sein wird, gehörten 1923 Berichte über die NSDAP in Bayern und insbesondere über Adolf Hitler zum festen Bestandteil der Berichterstattung der Hauptstadtpresse. Wir bringen nur einen kleinen Ausschnitt dieser Artikel, und zwar dann, wenn der Text einen bislang vernachlässigten Aspekt beleuchtet oder eine andere Herangehensweise an den Betrachtungsgegenstand wählt. Letzteres ist heute der Fall: Der unter dem Pseudonym Pick Nick firmierende Autor schreibt am 7. Mai über seine Erlebnisse in „Hitlers Hauptquartier“ und tut dies mittels einer satirischen Zuspitzung. Man fühlt sich aus heutiger Sicht auf halbem Wege zu Chaplins großem Diktator. Frank Riede hat sich für uns der Sauf- und Fahnenweihenorgien angenommen.
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Folge vom 06.05.2023Gabriele Tergits Eindrücke vom FrühlingGabriele Tergit ist so etwas wie die literarische Comebackerin der letzten Jahre. Nachdem ihr Werk zwischenzeitlich quasi in Vergessenheit geraten war, ist es in jüngerer Vergangenheit fulminant in die Bestsellerlisten zurückgekehrt und mittlerweile vor allem dank der eifrigen Bemühungen des Schöffling Verlages zwischen zwei Buchdeckeln – oder als E-Book – weithin zugänglich gemacht. Das ganze Werk der Tergit? Nein, einige wenige Texte aus den frühen journalistischen Jahren harren noch immer ihrer editorischen Erweckung aus dem Archivschlaf. Sie können einstweilen nur hier bei Auf den Tag genau rezipiert werden, so auch heute die kurze Erzählung über den Frühling auf dem S-Bahn-Ring und in Berlin-Lichtenberg aus dem Berliner Tageblatt vom 6. Mai 1923. Es liest Paula Rosa Leu.
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Folge vom 05.05.2023Mit dem Städtischen Weltpanorama für einen Tag nach TiflisObgleich wir in unserem Podcast immer wieder Reiseberichte, auch aus den entferntesten Weltgegenden, zu Gehör bringen, müssen wir davon ausgehen, dass die wenigsten die Mittel und die Zeit besaßen, um tatsächlich zu Auslandsreisen aufzubrechen. Die Welt schrumpfte aber zugleich und das Interesse an fernen und nicht so fernen Ländern wuchs – wovon ja die bereits erwähnten Reiseberichte zeugen. Wie gut, dass es in Berlin den Fotografen, Medienunternehmer und Pionier der Bildberichterstattung August Fuhrmann gab, der mit seinem Kaiserpanorama ein Gerät gebaut hatte, an dem mehr als Zwanzig Meschen gleichzeitig Serien von stereoskopischen Dia-Fotografien schauen konnten. Zu Anfang der Weimarer Republik taufte er, weil Kaiserpanorama nicht mehr zeitgemäß war, seine „Reiseagentur“ in Weltpanorama um. Mit dessen Hilfe konnten etwa ganze Schulklassen, wie wir der Berliner Volks-Zeitung vom 5. Mai 1923 entnehmen, regelmäßig verreisen, ohne die Stadt zu verlassen. Der Autor mit dem Namen, wahrscheinlicher Pseudonym, Balduin Knorke stattete der Institution einen Besuch ab, und Frank Riede war mit ihm in Tiflis.
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Folge vom 04.05.2023Werner Krauß über den ShylockKaum ein zweiter deutscher Schauspieler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vermochte das Publikum derart in seinen Bann zu ziehen wie Werner Krauß – aber auch kaum ein zweiter prominenter Schauspieler ließ sich vergleichbar krass und bereitwillig von den Nazis für ihre propagandistischen Zwecke instrumentalisieren wie eben jener Krauß. Nicht nur gehörte er als Staatsschauspieler und stellvertretender Präsident der Reichstheaterkammer zu den kulturellen Stützen des Regimes. Darüber hinaus wirkte er auch schamlos in schlimmsten Propagandastreifen mit, allen voran in gleich sechs prägenden Rollen in Veit Harlans Hetzfilm Jud Süß. Vor diesem Hintergrund ist kaum ein Vorbeikommen an unserem heutigen Fundstück aus dem 12-Uhr-Blatt vom 4. Mai 1923, in dem Krauß sich damals bereits just zu der Frage äußerte „Warum ich den Shylock spiele“. De facto geht es in dem Text dann freilich erst einmal grundsätzlich um die Haltung Kraußens zum damals noch jungen Medium Film. Dennoch wird man bei seinen kurzen Äußerungen zum Charakter des ‘Kaufmannes von Venedig‘, der nicht erst im Dritten Reich häufig als antisemitische Karikatur gegeben wurde (und den auch Krauß in einer diesbezüglich berüchtigten Inszenierung Lothar Müthels am Wiener Burgtheater 1943 als solche anlegte!), ganz genau hinhören. Es liest Paula Rosa Leu.