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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 11.05.2021Das GroßstadtdorfNeukölln, damals noch Rixdorf vor den Toren Berlins, war Ende des 19. Jahrhunderts bekannt als eines der einwohnerstärksten Dörfer Preußens. Mietskasernen schossen wie Pilze aus dem Boden – vor allem die ärmeren Arbeiterfamilien lebten hier, außerhalb von Berlin. Rixdorf hatte noch nicht das Stadtrecht erworben, hatte aber schon 80000 Einwohner. Doch diese Dorfgeschichte von Neukölln ist im heutigen Artikel aus der Freiheit vom 11. Mai nicht gemeint. Vielmehr geht es um den historischen Dorfkern von Böhmisch-Rixdorf, der auch heute noch zu besichtigen ist. Alte Bauern- und Handwerkerhäuser mitten in der Großstadt! Ab 1737 hatte Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig, evangelische Exulanten aus Böhmen, Anhänger der Herrnhuter Brüdergemeinde, neben Rixdorf ein eigenes Dorf aufbauen lassen, wovon noch immer der Hussiten-Kelch im Stadtwappen von Neukölln zeugt. Für uns geht Paula Leu spazieren.
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Folge vom 10.05.2021Martha Lasker aus HavannaNach 27 Jahren war Schluss. Wie wir ausführlicher in unserem Gesprächspodcast mit seinen 3½ Fragen an Großmeister Stefan Kindermann erörtert haben, verlor Langzeit-Schach-König Emanuel Lasker 1921 seinen WM-Titel an den 20 Jahre jüngeren Kubaner José Raúl Capablanca und kehrte als erster und bislang einziger deutscher Ex-Schachweltmeister aus Havanna zurück. Begleitet wurde er auf dieser Reise von seiner Ehefrau Martha, geborene Bamberger, verwitwete Cohn, eine in Berlin hochgeschätzte Lyrikerin, Vortragskünstlerin und Journalistin, deren Texte häufig auch unter dem Pseudonym L. Marco erschienen. Seit der Heirat mit Lasker 1911 hatte sie ihre diesbezügliche Tätigkeit zwar deutlich eingeschränkt, von ihrer Reise ins ferne Kuba berichtete sie aber ausführlich im Berliner Tageblatt vom 10. Mai. Ihr ‘Ferngespräch aus Havanna‘ gibt beeindruckende Einblicke in das dortige Leben vor einhundert Jahren, wartet einmal mehr aber auch mit einigen zeittypischen kolonialistischen Stereotypen und Begriffen auf. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 09.05.2021Kaffee-und-Kuchen-KommunistenGauche caviar in Frankreich, Chardonnay socialist in Australien, Smoked Salmon Socialist in Irland oder im Deutschen: Salonkommunist. Allesamt sind es polemische Bezeichnungen, die wohl in den 1930er Jahren entstanden, und einen Linken bezeichnen, der den Kommunismus propagiert, aber selbst im bürgerlichen Wohlstand lebt, ohne die verheerende Lage in der Sowjetunion zu kennen. Schon 1921 beschreibt ein Autor der Freiheit, in der Ausgabe vom 9. Mai, Kaffee-und-Kuchen-Kommunisten, denen er bei seinem sonntäglichen Ausflug an den Wannsee begegnet war. Frank Riede lässt uns in die sonnige Atmosphäre am Kaffeehaustisch eintauchen, die alle politischen Lager gleichermaßen genießen.
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Folge vom 08.05.2021Gymnasiasten lesen Schiller - nichtDas Lied von der Glocke, Kabale und Liebe, Wilhelm Tell von Friedrich Schiller sind heute fester Bestandteil des gymnasialen Lehrplanes. Dass die Schülerinnen und Schüler in ihrer Freizeit zu anderen Autorinnen und Autoren greifen, so sie denn lesen, versteht sich von selbst und unterscheidet sich damit nicht von den Gewohnheiten 1921. Lediglich die Freizeitlektüre von damals ist heute nicht mehr en vogue. Etwa Roman Herzogs bürgerlich nationalistischen Romane, Bestseller der 10er und 20er Jahre, oder die historischen Romane von Felix Dahn. Der Berliner Schriftsteller und Journalist mit französischen Wurzeln Victor Auburtin glossiert im Berliner Tageblatt vom 8. Mai das Nachleben von Schiller an deutschen Schulen und in der ganzen Gesellschaft. Paula Leu rezitiert für uns.