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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 25.04.2021Große Namen und ihre VermarktungStarkult im Sport ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts sicher ausgeprägter als vor hundert Jahren. Und doch gab es auch damals schon die Tendenz, Menschen, von denen man nicht wirklich mehr als ihren Namen kannte, zuzujubeln und zu feiern. Warum? Was Jack Dempsey eigentlich zum großen Boxer, Emanuel Lasker zum Schachweltmeister macht, das konnten auch im Jahre 1921 nur die wenigsten beurteilen. Von der Leistung in allen Klatschblättern präsenter Filmsternchen und Aktricen ganz zu schweigen. Es geht dabei eben gar nicht um die Person, sondern allein um ihren Namen, ist der Vorwärts vom 25.4. überzeugt. Gelesen von Frank Riede.
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Folge vom 24.04.2021Zarathustra an der SpreeDie 1920er Jahre waren bekanntermaßen ein Jahrzehnt ausgeprägter weltanschaulicher Sinnsuche und Ausdifferenzierung. Gerade in Berlin schossen religiöse, politische, esoterische Sekten nach der Revolution wie Pilze aus dem Boden und experimentierten mit neuen Ideen und Lebensformen. Zu den schillerndsten seinerzeitigen Gurus gehörte der 1880 in Weißensee geborene Arzt Joseph Heinrich Goldberg – auch bekannt unter seinem Pseudonym Filareto Kavernido. Vor dem Weltkrieg mehrfach wegen Verstößen gegen den Abtreibungsparagraphen mit der wilhelminischen Justiz in Konflikt geraten, zog es ihn später u.a. in die Schweiz, nach Frankreich und in die Karibik, wo er 1933 unter ungeklärten Umständen in der Dominikanischen Republik ums Leben kam. Zwischendurch hatte er in Berlin im Namen Platons und Nietzsches eine anarcho-kommunistische Kommune gegründet, mit der er 1921 nach Spreenhagen vor den Toren Berlins ausgezogen war, um dort in Sandhöhlen Zarathustra zu huldigen. Nicht nur die ansässigen Dörfler, sondern auch die hauptstädtische Presse nahm regen Anteil am teilweise buchstäblich nackten Treiben der Kommunarden. So begab sich im Auftrag der Vossischen Zeitung am 24. April auch der große Paul Schlesinger alias Sling ins Spreeland auf Höhlenexpedition - für uns begleitet von Frank Riede.
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Folge vom 23.04.2021Weltuntergang vertagt: Komet keine GefahrIm April 1921 flogen zwei Kometen an der Erde vorbei. Pons-Winnecke, der schon seit dem 19. Jahrhundert bekannt war, und, eine Neuentdeckung der Sternwarte in Kapstadt, der Reid-Komet. Friedrich Simon Archenhold von der heute nach ihm benannten Berliner Sternwarte gibt in der Berliner Volkszeitung am 23. April den Leser*innen Auskunft über den Wissenstand zu den Kometen und ihren Bahnen. Und ganz nebenbei – für so manchen vielleicht aber die entscheidende Nachricht – gibt er Entwarnung: Die Erde ist nicht in Gefahr, sie wird nicht zerstört werden. Uns beruhigt Frank Riede.
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Folge vom 22.04.2021Dada auf der AnklagebankWenn der preußische Militär für zwei Dinge nicht stand, so waren dies gewiss Humor und Kunstsinnigkeit. Das machte ihn gleichsam zum perfekten Adressaten für die Berliner Gruppe der Dadaisten, die nach dem Ersten Weltkrieg auch die Kunstszene der deutschen Hauptstadt aufmischten und sie zur Hauptstadt auch ihrer Bewegung gemacht hatten. Höhepunkt ihres Treibens war im Sommer 1920 eine Erste internationale Dada-Messe in der Galerie Dr. Otto Burchard am Lützowufer, in der zwischen zahlreichen anderen Objekten auch, an der Decke baumelnd, eine Schweinsmaske in Soldatenuniform zu besichtigen war. Es kam, wie es kommen musste: Ein Hauptmann erstattete Anzeige wegen angeblicher Beleidigung der Reichswehr, und ein deutsches Gericht entblödete sich nicht, u.a. Georg Grosz für diese ‘Entgleisung‘, wie es sie nannte, tatsächlich zu Bußgeldern zu verurteilen. Die Freiheit vom 22. April 1921 schüttelte den Kopf, Paula Leu schüttelt mit.