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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 12.02.2021Rechtsruck in PolenDas polnische Parlament, der Sejm, gilt als eine der ältesten parlamentarischen Einrichtungen der Welt und ist aus der polnischen Ständeversammlung hervorgegangen, die schon im 12. Jahrhundert belegt, seit 1493 institutionalisiert ist und regelmäßig tagt. Der am 12. Februar 1921 für das Berliner Tageblatt aus Warschau berichtende Wilm Stein prognostiziert anlässlich der Neu-Konstituierung der polnischen Nationalversammlung eine strukturelle rechte Mehrheit im Sejm, die, seiner Meinung nach, das ganze 20. Jahrhundert bestimmen werde. Auch den großen Einfluss der Katholischen Kirche auf die Politik des Landes betont er. Angesichts der vor kurzem beschlossenen reaktionärsten Abtreibungsgesetzgebung Europas, durch die rechtskonservative ‘Recht und Gerechtigkeit’, die die absolute Mehrheit im Sejm hält, muss man konstatieren: Eine hellsichtige Analyse, die für uns Frank Riede liest.
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Folge vom 11.02.2021American CrimeAmerika – das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und der ungezählten Morde. Dieses nicht zuletzt von Hollywoods Gangsterfilmen selbst verbreitete Bild stimmt so nicht ganz. Jedenfalls wurde schon 1921 genau Statistik geführt und diese im „Archiv für Kriminologie“ auch veröffentlicht. Dabei wird dann allerdings wieder vor allem eine Sache deutlich: vor allem bei den Totschlagverbrechen sind Städte wie Chicago oder Cleveland den alteuropäischen Hotspots weit voraus. Aus der Vossischen Zeitung vom 11. Februar liest Frank Riede.
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Folge vom 10.02.2021Friedens-CrêpesAm 2. Februar, 40 Tage nach Weihnachten, feiern die Christen “Maria Lichtmess”. In Frankreich wird dieses uralte pagane Fest, das in den christlichen Festkalender übernommen wurde, als „la Chandeleur“ bezeichnet. Der Begriff geht auf das lateinische festa candelarum also „Kerzenfest“ zurück. Es ist das Fest der Crêpes und ist als solch kulinarische Tradition fest im Programm der französischen Botschaften und seiner Kulturinstitute verankert. 1921 war der damals neunundfünfzigjährige Schriftsteller und Journalist Paul Block, der als Pariser Korrespondent für das Berliner Tagblatt schrieb, von dem Fest mit den leckeren Eierkuchen überrascht. In der Ausgabe vom 10. Februar berichtet er davon, wie ihm ein Hotelwirt diese Tradition näherbrachte, was er richtiggehend als einen Akt der Völkerverbrüderung empfand. Warum dieser Eindruck zum Ende hin leicht getrübt wurde, das berichtet für uns Paula Leu.
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Folge vom 09.02.2021Russisches Revolutionstheater in PetersburgSogenannte Reenactments, also möglichst ‘authentische‘ Wiederaufführungen historischer Ereignisse erfreuen sich in den zurückliegenden Jahrzehnten großer Beliebtheit, sind als Phänomen im Grunde aber bereits seit der Römerzeit bekannt. Eine ganz besondere, staatlich verordnete Hochkonjunktur erlebte dieses Genre in der jungen Sowjetunion, die in großen Massenspektakeln die Erinnerung an ihre Geburt in der Oktoberrevolution zu inszenieren pflegte. Eine solche Feier gab es u.a. bereits zu deren drittem Jahrestag im Herbst 1920, anlässlich dessen an historischer Stätte die Erstürmung des Winterpalais mit Abertausenden von Laiendarstellern nachgespielt wurde. Zu den wenigen ausländischen Augenzeugen dieser Veranstaltung zählte der ungarische Schriftsteller Arthur Holitscher, der seiner Faszination darüber anschließend verschiedentlich in Buchform und Zeitungsartikeln Ausdruck verlieh. So geschehen beispielsweise in der Freiheit vom 9. Februar 1921, aus der für uns Frank Riede liest.