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Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 28.02.2021Fehling an der VolksbühneNicht erst seit den Tagen Frank Castorfs oder Benno Bessons gehört die Volksbühne am heutigen Rosa-Luxemburg-Platz mitten im Scheunenviertel zu den bedeutendsten Theatern Berlins – auch schon vor einhundert Jahren zählte der wuchtige Bau auf dem damaligen Bülow-Platz zu den wichtigsten künstlerischen Adressen der Stadt. Als Hausregisseur wirkte hier seinerzeit der aufstrebende Regie-Star Jürgen Fehling, der im Februar 1921 George Bernard Shaws bereits zwanzig Jahre zuvor uraufgeführtes Schauspiel Kapitän Brassbounds Bekehrung mit Intendant Friedrich Kayßler sowie dessen Frau Helene Fehdmer in den Hauptrollen inszenierte. Als exponierter Kritiker des Versailler Friedensvertrags erfreute sich Shaw damals in Deutschland großer Beliebtheit. Sein heute nur noch selten gespieltes Stück wurde in der Deutschen Allgemeinen Zeitung vom 28.2. von Rezensent Paul Fechter denn auch durchaus freundlich besprochen. Hier gelesen von Frank Riede.
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Folge vom 27.02.2021Wahl-Züge nach OberschlesienDie östliche Grenze des Deutschen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg war auch im Februar 1921 nicht endgültig festgelegt. Der Versailler Vertrag hatte eine sofortige Abtretung bestimmter Gebiete festgelegt, so etwa des Memellandes, von Danzigs sowie des sogenannten Polnischen Korridors, der fortan Ostpreußen vom mitteleuropäischen Gebiet des Deutschen Reiches trennte. In anderen ehemaligen Gebietsteilen sollten Volksabstimmungen abgehalten werden. Im Juli 1920, also 2020, berichteten wir hier über die Abstimmungen in Teilen Westpreußens und im Gebiet um Allenstein, in denen sich über 90 Prozent für einen Verbleib im Deutschen Reich ausgesprochen hatten. Am 20. März 1921 sollte nun in der ehemaligen preußischen Provinz Schlesien abgestimmt werden, was von enormen Propaganda-Schlachten sowohl von polnischer als auch von deutscher Seite begleitet wurde. Am 27. Februar informiert die Vossische Zeitung darüber, wie die Reichsbahn sicherstellen will, dass alle Wahlberechtigten aber nicht mehr in Schlesien wohnhaften BürgerInnen rechtzeitig und ohne zu großen Aufwand ihre Stimme (gedacht ist natürlich für einen Verbleib im Deutschen Reich) abgeben können. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 26.02.2021Hamburg zwischen Hafen und AusternstubeDie Freie und Hansestadt Hamburg gilt von alters her als Deutschlands ‘Tor zu Welt‘. Es will entsprechend nicht verwundern, dass ihr die neue samstägliche Auslandsausgabe der Vossischen Zeitung, Die Voss, die sich vornehmlich an deutsche ‘Expats‘ wandte, gleich in einer ihrer ersten Ausgaben, am 26. Februar 1921, ein kleines Städteporträt widmete. Zwar, muss man dort lesen, liege das Leben auch im einst so geschäftigen, stolzen Hafen in Folge der nachkriegsbedingten Wirtschaftskrise weiterhin darnieder. Seinen weltläufigen Charakter als international geprägte, kunstsinnige Kaufmannsstadt und – für die Nachgeborenen vielleicht überraschend – als unangefochtene kulinarische Metropole des Landes habe sich Hamburg aber auch über die jüngsten historischen Umbrüche hinweg bewahrt. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 25.02.2021Eine Schmonzette aus dem kaiserlichen JapanVon allen asiatischen Ländern war Japan zweifellos am besten über Korrespondentennetze mit Europa verbunden. Dennoch vermischten sich in Berichten aus dem ‘Reich der aufgehenden Sonne‘ gerne einmal Nachrichten- und Märchenton, so etwa auch in der fast zu rührenden Geschichte aus der Vossischen Zeitung vom 25. Februar 1921 über die Verlobung des japanischen Kronprinzen mit der Tochter eines Generals – deren Liaison wider die strengen Standeskonventionen des Kaiserhauses angeblich erst auf den leidenschaftlichen Zuspruch der Tokyoter Bevölkerung hin ihre Legalisierung erfuhr. Bei nüchterner, historiographischer Betrachtung bleibt von dieser Schmonzette leider wenig übrig: Die Prinzessin Nagako entstammte zwar tatsächlich nicht den dafür eigentlich vorgesehenen fünf höchstadligen Familien, war aber eine entfernte Cousine des Prinzen, beider Verlobung entsprechend von den Eltern arrangiert; die Braut hatte kein Einspruchsrecht. Bei dem Bräutigam handelt sich überdies um den späteren Kaiser Hirohito, der als Regent bei der Kolonialisierung der Mandschurei und Koreas sowie an der Seite Hitlers im Zweiten Weltkrieg eine historisch äußerst unrühmliche Rolle spielen sollte. Für uns liest, trotzdem, Frank Riede.