
NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 17.03.2021Wieder aufgelegt: Paris-Warschau (über Berlin)Die Eisenbahn ist nicht nur eine Ikone der Industrialisierung, sie steht auch für Grenzüberschreitung, Internationalität und Weltläufigkeit. Die prächtigen Bahnhofsbauten waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts keine einfachen Verkehrsknotenpunkte. In ihrer rastlosen Betriebsamkeit wurden sie Zeichen der Mondänität ihrer Stadt, ihres Landes. Kein Wunder, dass der erste Expresszug der Nachkriegsjahre von Paris über Berlin nach Warschau gerade für Deutschland ein großes Ereignis war. Dem Bericht des Berliner Tageblatts vom 17. März 1921 zumindest merkt man die Genugtuung darüber an, wieder irgendwie, mindestens ein wenig dazuzugehören. Gelesen von Paula Leu.
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Folge vom 16.03.2021Operation Nemesis: Das Attentat auf Talât PaschaDer türkische Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs zählt zu den dunkelsten Kapiteln des an Gräueln wahrlich nicht armen 20. Jahrhunderts, und, zumindest in einer Nebenrolle, ist auch an diesem von Deutschland aus mitgeschrieben worden. Nicht nur, dass die kaiserliche Regierung ihren Verbündeten am Bosporus deckte und sich trotz belastbarer Informationen über die Planungen eines Genozids jeglicher Intervention enthielt. Nach dem Ende von Krieg und Waffenbrüderschaft wurde Berlin überdies zu einem bevorzugten Zufluchtsort der Haupttäter. So hielt sich seit 1918 u.a. der federführend verantwortliche ehemalige Innenminister Talât Pascha in der Stadt auf, wovon nicht nur zuständige deutsche Stellen wussten, sondern auch das geheime armenische Rachekommando Operation Nemesis Wind bekommen hatten. Dessen Mitglied, der Student Soghomon Tehlirian, mietete sich daraufhin in unmittelbarer Nähe von Talâts Bleibe in der Charlottenburger Hardenbergstraße ein, beobachtete dessen Tagesabläufe – und schlug am 15. März 1921 auf offener Straße erfolgreich zu. Die lokalen Tageszeitungen waren anderntags voll von Meldungen über dieses spektakuläre Attentat. Das Berliner Tageblatt vom 16.3. rekonstruierte sowohl Talâts Leben unter falscher Identität in Berlin, als es auch von der Vernehmung des Attentäters berichtete und dessen Motive erläuterte. Für uns liest Frank Riede.
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Folge vom 15.03.2021Einsturz der Zeppelin-Halle von JüterbogDas Spaß- und Erlebnisbad „Tropical Islands“ gute 50 Kilometer südlich von Berlin ist eine aufwendig inszenierte Tropenlandschaft mitten in Brandenburg. Ort des Zaubers ist das Überbleibsel eines einst prestigeträchtigen Großprojekts der Luftfahrtindustrie: der riesige Zeppelinhangar der 2002 insolvent gegangenen Cargolifter AG. In der als größtes freitragendes Gebäude geltenden Struktur sollte ein Lastenluftschiff für bis zu 160 Tonnen schwere Fracht entwickelt werden. Zwei Jahre nach dem Börsengang war der Traum ausgeträumt. Tatsächlich aber hat die Luftschiffahrt zwischen Spreewald und Fläming durchaus Tradition. Während des 1. Weltkrieges war bei Jüterbog ein Luftschiffhafen mit zwei Hallen eingerichtet worden. Auch diesen beiden Hallen war keine lange Nutzung vergönnt: Als Kriegsbeute sollten sie 1921 demontiert und ins Ausland verbracht werden. Beim Abbau der kleineren Halle kam es allerdings zu einem dramatischen Unglück: sie stürzte ein und begrub 12 Arbeiter unter ihren Trümmern. Die Vossische Zeitung vom 15.3. berichtet, Paula Leu liest.
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Folge vom 14.03.2021Hindenburgs Trotz-BartIn der Nordamerikanischen Eishockey-Liga, der NHL, gibt es den mindestens seit den 1980er Jahren wirkmächtigen Aberglauben, dass die Spieler sich während der Playoffs nicht rasieren dürfen, um weiter zu gewinnen. Wer rasiert – verliert. Spätestens im Finale stehen sich nun regelmäßig zottelige und zugewachsene Hockey-Millionäre auf dem Eis gegenüber. Die Verbindung von männlicher Kraft und Haar- und Bartwuchs lässt sich freilich bereits in archaischen Geschichten fassen, man denke etwa an den biblischen Samson. Eine Spielart, in der der Bart aus Trotz so lange wuchern darf, bis man seinen Willen durchsetzt, beschreibt der Mitbegründer der Berliner Dada-Bewegung Raoul Hausmann in seiner köstlichen Satire, die am 14. März 1921 in der Freiheit abgedruckt wurde und aus Hausmanns erster, frisch erschienener Buchpublikation „Hurra! Hurra! Hurra! – Zwölf Satiren“ stammt. Hindenburg bekommt stellvertretend für alle Monarchie-Nostalgiker sein Fett weg. Dafür sorgt Frank Riede.