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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 19.01.2021Eindrücke aus der MongoleiAm 20. April 1828 wurde die Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin gegründet mit dem Ziel geographische und geowissenschaftliche Forschung zu fördern, aber auch um mit Vortragsabenden und einer Zeitschrift, wie man heute sagen würde, Wissenschaftskommunikation zu betreiben. Dieses Jahr wird sie ihr 193jähriges Bestehen feiern. Am 19. Januar 1921 berichtet der Vorwärts vom ersten Vortragsabend des Jahres. Der Reiseschriftsteller, Fotograf und Mongoleiforscher Hermann Consten, der zwei Jahre zuvor das Buch „Weideplätze der Mongolen – im Reiche der Chalcha“ publiziert hatte, das auf seiner Expedition während des Ersten Weltkriegs basierte, trug vor – wen überrascht es – über die Mongolei. Neben anderem ist vielleicht an seinem Vortrag für uns überraschend, dass die Mongolen in der Schlacht bei Liegnitz von 1241 offensichtlich dampfausstoßende Kriegsmaschinen einsetzten, so dass diese Schlacht als einer der frühen Einsätze chemischer Waffen gilt. Für uns berichtet vom Vortragsabend mit Lichtbildern Frank Riede.
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Folge vom 18.01.202150 Jahre Deutsche EinheitNationale Feierlichkeiten kreisen hierzulande aus bekannten historischen Gründen regelmäßig um das Thema der deutschen ‘Einheit‘ – zuletzt im vergangenen Jahr, als deren dreißigstes Jubiläum begangen wurde. Vor einhundert Jahren war man diesbezüglich, d.h. in der Zählung schon einmal weiter: 50 Jahre deutsche Einheit hieß es damals, und gemeint war damit natürlich der Jahrestag der Gründung des Kaiserreiches im Spiegelsaal von Versailles. Pünktlich zu jenem am 18. Januar 1921 reihte sich in den Reigen der Gratulanten auch das Berliner Tageblatt ein, ganz ohne freilich in die nostalgisch-monarchistische Wehklage der rechten Blätter ob des Untergangs selbigen Reiches in Weltkrieg und Revolution einzustimmen. Obgleich 1870/71 schließlich von ‘oben‘, von Bismarck vollzogen, sei das Projekt der deutschen Einigung im 19. Jahrhundert doch genuin dem demokratischen Geist von 1848 entsprungen und der Gedenktag insofern sehr selbstbewusst auch in Zukunft als republikanischer Feiertag zu begehen. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 17.01.2021Stuttgart 21‚Stuttgart 21’ heißt die große Bahnhofsvision, welche die Baden-Württembergische Landeshauptstadt derzeit zu einer überdimensionalen Baustelle macht und jeden Tag auf’s Neue ins Verkehrschaos stürzt. Vor hundert Jahren war der Eindruck vor Ort ein anderer. Im Vergleich zum hungernden Ruhrgebiet, so der ab 1917 in Süddeutschland lebende luxembugrische Journalist Tony Kellen in der Vossischen Zeitung vom 17.1., sei das Schwabenland der Nachkriegsjahre – bei allen Schwierigkeiten – immer noch ein Paradies, in dem man sich leidlich satt essen könne. Und doch zeigt sich schon 1921, dass die Stadtplanung im ehemaligen ‚Stutengarten‘ Ludolf von Schwabens den Herausforderungen der besonderen Lage im Neckartalkessel womöglich nicht gewachsen ist. Womit wir wieder bei Stuttgart 21 wären … Gelesen von Frank Riede.
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Folge vom 16.01.2021Hugo Stinnes und der Zingster ForstWarum kauft ein politisch engagierter Industriemagnat eine renommierte Tageszeitung? Diese süffisant gestellte Frage waberte im Mai 1920 durch den deutschen Pressewald, nachdem Hugo Stinnes – gelernter Kohlenhändler und mittlerweile Kopf eines weitverzweigten Wirtschaftsimperiums – die ehrwürdige Deutsche Allgemeine Zeitung erworben hatte. Um seinen Geschäftsinteressen zu dienen, um seine politische Karriere voranzutreiben, um sie zu seinem Sprachrohr zu machen, lautete die naheliegende Antwort nicht nur der linksrepublikanischen Blätter. Zumindest die Ausgabe der DAZ vom 16. Januar 1921 ist nicht dazu angetan, diesen Verdacht wirkungsvoll zu entkräften. Im Ostseebad Zingst regte sich seinerzeit Widerstand gegen die vermeintlich geplante Abholzung seines berühmten Waldes durch die Nordische Holzhandelsgesellschaft, an der Hugo Stinnes prominent beteiligt war. Und wer wohl verteidigte Stinnes gegen die Vorwürfe, bei diesem Raubbau einen Reibach machen zu wollen? – Es liest Paula Leu.