NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 26.07.2020Polgar: Lob der MansardeDie Mansarde, jene Dachgeschoßwohnung mit Blick über die Dächer der Stadt, benannt nach der Pariser Architektenfamilie Mansart des 17. Jahrhunderts, galt in der Weimarer Republik eher als Inbegriff der Armut. Darauf verweist die Benennung Mansardenkaffee für billigen Kaffee-Ersatz oder Mansardenschneiderin für schwarz arbeitende Flickschusterinnen. Doch die Mansarde hatte auch glühende Verfechter. Zu ihnen zählte der begnadete Feuilletonist Alfred Polgar, der am 26. Juli im Berliner Tageblatt von seinem Leben in seiner Wiener Mansarde schreibt. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 25.07.2020Ignaz Wrobel: Berliner GefängnisseHeute übergeben wir das Wort mal wieder an Kurt Tucholsky, der unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel immer wieder – auch in unserem Podcast – bissig das Deutsche Bürgertum kritisierte. Doch diesmal nutzt Tucholsky, also Wrobel seine Plattform, um Hans Hyan Gehör zu verschaffen. Hyan, ein Drehbuchautor, Schriftsteller, Gerichtsreporter und Kabarettist, Begründer des Berliner Kabaretts „Zur silbernen Punschterrine“, hatte zwischen unzähligen Detektivromanen 1920 eine Streitschrift über den Strafvollzug in Deutschland verfasst. In dem Buch prangert er nicht nur die Zustände in den Gefängnissen, sondern auch im Justizapparat an. Die Beamten im Justizapparat, überwiegend noch aus der Kaiserzeit im Amt, schienen die Prinzipien der Republik und der Demokratie noch nicht verinnerlicht zu haben. Die ganze Weimarer Zeit hindurch werden Tucholsky und zahlreiche Mitstreiter die Justiz für ihre unverhältnismäßigen Strafen und ihre Blindheit auf dem rechten Auge, aus heutiger Sicht definitiv zu recht, geißeln. Diese Buchrezension aus der Freiheit vom 25. Juli liest Frank Riede.
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Folge vom 24.07.2020Die Rote ArmeeWie wenig man in den ersten Jahren in Europa von der aufstrebenden Sowjetmacht im Osten wusste, lässt sich trefflich an dem Umstand ablesen, dass fast alle Informationen, die im Sommer 1920 kursierten, auf dieselbe eine Quelle zurückgingen, d.h. einer einzigen Reise britischer Sozialisten in das postrevolutionäre Russland entstammten. Nachdem in diesem Podcast bereits Ethel Snowden und Bertrand Russell mit ihren Reiseeindrücke zu Gehör gekommen sind, schließt sich heute ein Artikel aus dem Vorwärts vom 24. Juli an, welcher sich seinerseits auf den Bericht des die Delegation begleitenden Journalisten Walter Meakins von den Daily News stützt. Meakins wesentliches Interesse gilt darin der jungen Roten Armee, deren Schlagkraft sowohl im Bürgerkrieg, als nun auch in den Kämpfen mit Piłsudskis polnischen Truppen auf die westlichen Beobachter erheblichen Eindruck machte. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 23.07.2020Die Flucht des Bela KunDie ungarische Räterepublik war, wie so viele andere revolutionäre Projekte der Jahre 1918/19, äußerst kurzlebig. Im Juli 1920 herrschte in Budapest längst wieder die ‘Reaktion‘ mit Reichsverweser Horthy an der Spitze, während sich der Kopf der Räteregierung Bela Kun nach Österreich geflüchtet hatte, um sich nun von dort, im Austausch gegen noch in Russland befindliche österreichische Kriegsgefangene, auf den Weg in die ihm Asyl versprechende Sowjetunion zu machen. Zu diplomatischen Verwicklungen kam es in Deutschland, wo man ihn bei der Durchreise in Swinemünde festsetzte, nach ein paar Tagen aber unter Protest der ungarischen Regierung doch ausreisen ließ. Kun erreichte das gelobte Land des Sowjetkommunismus und entfaltete von hier in der Folge eine umtriebige politische Tätigkeit in ganz Europa – bevor sein Schicksal eine tragische Wendung nahm und er 1938, wie so viele andere Moskauer Exilanten, ein Opfer des großen stalinistischen Terrors wurde. Aus dem Bericht des Berliner Tageblatts vom 23. Juli 1920 über die zwischenzeitliche Internierung Kuns in Deutschland liest Paula Leu.