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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 14.07.2025Groß-Velten - eine Millionenstadt vor den Toren Berlins„Groß-Velten“: Wenn man diesen Begriff in einschlägigen Internet-Suchmaschinen eingibt, stößt man auf – nichts. Erstaunlich ist das vor dem Hintergrund unseres heutigen Podcast-Artikels aus den Altonaer Nachrichten vom 14. Juli 1925, der seine Leserinnen und Leser über ein angeblich schon weit fortgeschrittenes Projekt unterrichtet, welches wenige Kilometer nördlich von Groß-Berlin, eben ausgehend von der alten brandenburgischen Ofenstadt Velten, eine gigantische Millionenmetropole für zahllose Fabriken und Arbeiter in den märkischen Sand setzen und die Hauptstadt Berlin dadurch entlasten wollte. Der mit “t.t.” zeichnende Autor erweckt nicht den Eindruck, hier von einer vagen utopischen Zukunftsidee zu berichten, sondern beschreibt die Bauvorhaben als äußerst ausgereift und konkret. Für das Jahresende, 1925 wohlgemerkt, prophezeit er Velten bereits 400.000 Einwohner. Es blieb dann aber doch bei etwas über 7.000, heute sind es gut 12.000. Was aus dem Projekt geworden ist oder ob wir hier schlicht einer journalistischen Scharlatanerie aufgesessen sind, ... weiß Rosa Leu auch nicht.
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Folge vom 13.07.2025Kissinger BalladeGuido Thielscher war einer der bekanntesten Humoristen, Kabarettisten und Couplet-Sänger im Berlin des frühen 20. Jahrhunderts. Große Erfolge feierte er unter anderem am dortigen Metropol-Theater, wo er es an der Seite von Künstlerinnen wie Fritzi Massary (Betonung 2. Silbe) oder Claire Waldoff zu Ruhm brachte. Auch als Klein-Kunst-Solist war er vielgefragt und wird heute, zumindest von der Wikipedia, als „früher Vorläufer des klassischen Stand-Up-Comedian angesehen“. Welchem Programm die „Kissinger Ballade“ entstammt, die wir im Hamburger Anzeiger vom 13. Juli 1925 fanden, ließ sich nicht in Erfahrung bringen. Auf jeden Fall macht sich der Mittsechziger Thielscher hier über die Umstände einer Kur in einem der dafür klassischen Bäder, in Kissingen, ausgiebig lustig. Was er wohl nicht ahnen konnte: dass er 16 Jahre später tatsächlich auf einer Sommerkur, diesmal im schlesischen Salzbrunn, versterben sollte. Es rezitiert: Frank Riede
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Folge vom 12.07.2025Jugend und Tageszeitung„Jugend und Tageszeitung“ – die Überschrift aus dem Hamburgischen Correspondenten vom 12. Juli 1925 klingt in unseren Ohren fast nur mehr wie ein Anachronismus. Am ehesten würde man unter diesem Titel heutzutage noch ein Lamento erwarten, dass junge, in den sozialen Medien heimische Menschen an eben diese bzw. für seriösere Informationsquellen verloren seien. Vor einhundert Jahren, erfahren wir im Folgenden von Frank Riede, waren die Sorgen, die sich hinter dem Begriffspaar „Jugend und Tageszeitung“ verbargen, tatsächlich ganz anderer Art. Soll man Jugendliche überhaupt zur Tageszeitung greifen lassen. Überwogen die Gefahren, die deren Lektüre mit sich brachte, gar den Nutzen? Was sollten Eltern bedenken, wenn sie ihre Sprösslinge sich die Welt lesend erschließen ließen? Manchmal können 100 Jahre wirklich eine große Zeitspanne sein.
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Folge vom 11.07.2025Deutschnationale GötterdämmerungDie Deutschnationale Volkspartei war die große Gewinnerin der Reichstagswahlen des Jahres 1924. Satte 4,5 Prozent Zuwachs verzeichnete sie in der ersten Runde im Mai, ein weiteres Prozent auf dann insgesamt 20,5 schlug der Wähler im Dezember noch obendrauf. Im Ergebnis stand eine Rechtsregierung unter der Führung von Kanzler Luther, in der sich neben dem Zentrum, der Deutschen Volkspartei und der Bayerischen Volkspartei nun auch die DNVP wiederfand und unter den Druck gestellt sah, ihre teils schrillen Forderungen mit der harten politischen Realität in Einklang zu bringen. Der liberale Hamburger Anzeiger diagnostizierte in einem Kommentar vom 11. Juli eine eklatante Kluft zwischen deutschnationalem Anspruch und koalitionärer Wirklichkeit und stellt der DNVP für ihre Regierungspolitik ein fatales Zeugnis aus. Seine Argumente im einzelnen kennt Rosa Leu.