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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 14.01.2024Strawinskys “Geschichte vom Soldaten” in BerlinMit seiner Histoire du Soldat, deutsch: Die Geschichte vom Soldaten, setzten sich Igor Strawinsky und sein Textdichter Charles Ferdinand Ramuz selbstbewusst zwischen alle Stühle. Getreu der Originalbezeichnung „Lue, jouée, dansée et en deux parties“ („Gelesen, gespielt, getanzt und in zwei Teilen“) entzieht sich das gut einstündige, kammerspielartige Stück Musiktheater bis heute jedweder genretechnische Einordnung. Und auch kompositorisch wurde es in seiner wilden Mixtur aus komplexer Polyphonie und Polyrhythmik mit verschiedensten populärmusikalischen Idiomen von Tango bis Ragtime bereits von den Zeitgenossen als janusköpfig beschrieben. 1918 an der Oper in Lausanne uraufgeführt, wurde es in Deutschland vielfach nachgespielt, wobei es in Berlin 1924 mit der Volksbühne am heutigen Rosa-Luxemburg-Platz interessanterweise eine nominelle Sprechbühne war, die sich des jungen Werkes annahm. Dem renommierten Musikkritiker Siegmund Piesling immerhin, entnehmen wir dem 8-Uhr-Abendblatt vom 14. Januar, gefiel es bei allen Schwierigkeiten der künstlerischen Einordnung. Warum, weiß Frank Riede.
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Folge vom 13.01.2024Gibt es bezahlten Applaus im Kino?Um 1820 gründete ein Monsieur Sauton in Paris die „Assurance de succès dramatique“. Dahinter verbargen sich professionelle „Applaus-Spender“, die gegen Bezahlung Aufführungen an Theatern und Opern durch ihre Beifallsstürme, die sie unabhängig vom Gebotenen entfachten, zu Erfolgen machten. Ein Phänomen, das natürlich nicht nur auf die Pariser Bühnen beschränkt blieb. Wer von uns weiß schon, welcher Online-Bewertung zu trauen ist. Doch wurden auch in den 20er Jahren in deutschen Lichtspielhäusern bei wichtigen Premieren von den Produktionsfirmen Claqueure engagiert, um Filme zu finanziellen Erfolgen zu führen? Offensichtlich hielten sich solche Gerüchte, weshalb ihnen in der BZ am Mittag vom 13. Januar 1924 der Schriftsteller und Journalist Christian Bouchholz entgegentrat. Paula Rosa Leu war für uns bei den Premieren dabei und dokumentiert damit, unabhängig von der Frage nach bezahlter Claque, dass Szenenapplaus während Kinovorführungen durchaus üblich war.
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Folge vom 12.01.2024Roald Amundsen in BerlinDer norwegische Forscher Roald Amundsen gilt mit seinen vier Begleitern als der erste Mensch am Südpol, und er war wohl auch einer der ersten Menschen am Nordpol. Er durchfuhr als mutmaßlich erster die Nordwestpassage und als zweiter die Nordostpassage. Nach Berlin hingegen hatten es schon etliche Leute vor ihm geschafft. Dennoch war sein Besuch in der deutschen Hauptstadt Anfang 1924 der Mosse-Presse einen eigenen Bericht wert, denn Amundsen erläuterte hier seine damals noch nicht realisierten Pläne, mit dem Flugzeug den Nordpol zu überqueren und dort möglicherweise sogar zu landen. Es sollte dies ein seltenes Projekt werden, das Amundsen nicht vollumfänglich verwirklichen konnte: 1925 strandeten er und sein Team für drei Wochen im ewigen Eis und galten schon als verschollen, bevor sie es doch schafften, im Schnee eine Startpiste zu errichten und zurück zu fliegen – um im Jahr darauf, nun mit einem Luftschiff, den Pol doch als erste zu überqueren. Aus der Berliner Volks-Zeitung vom 12. Januar 1924 liest Frank Riede. Wer sich für das Fliegen und Flugpioniere in der Weimarer Republik interessiert, dem empfehlen wir die aktuelle Folge des 20er-Jahre-Podcasts Goldstaub, die im Rahmen der Feierlichkeiten zu “100 Jahre Flughafen Templehof” live entstand - und in dem wir zudem auch noch zu Gast sind. Unbedingt reinhören.
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Folge vom 11.01.2024Eine neue Hauptstadt für BrasilienDie Planstadt Brasilia zählt zu den jüngsten Hauptstädten der Welt und gilt wegen ihrer maßgeblich von Oscar Niemeyer entworfenen öffentlichen Gebäude heute als Ikone der architektonischen Moderne. Hierzulande kaum bekannt, reicht ihre Geschichte respektive der in der brasilianischen Verfassung festgeschriebene Beschluss, eine neue, zentral gelegene Kapitale im Landesinneren zu errichten, indes bis ins späte 19. Jahrhundert zurück. Die Grundsteinlegung erfolgte bereits im Jahr 1922. Grund genug für das Berliner Tageblatt, seine Leserinnen und Leser am 11. Januar 1924 mit diesen Plänen vertraut zu machen und zu rekapitulieren, warum die bereits im 18. Jahrhundert von Salvador da Bahia nach Rio de Janeiro verlegte Hauptstadtfunktion abermals weiterwandern sollte. Neben ökonomischen und politischen werden dafür interessanterweise auch militärische Argumente ins Feld geführt, die für uns Paula Rosa Leu erläutert.