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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 07.11.2023Reichswehr-Einmarsch in ThüringenIm November 1923 erlebte die junge deutsche Republik ihre bis dato fraglos existentiellste Krise. An Rhein und Ruhr standen nach wie vor französische Besatzungstruppen, die zum Teil gemeinsame Sache mit separatistischen Gruppen machten, welche eine Abspaltung vom Reich propagierten, und in Bayern bliesen Hitler, Ludendorff und andere rechte Frontmänner zum Marsch auf die Feldherrenhalle und zum Sturm auf die gewählte Reichsregierung in Berlin. Die Berliner Morgenpost richtete ihr Augenmerk in der Ausgabe vom 7. des Monats – Kostenpunkt 15 Milliarden Mark – derweil auf einen dritten schwelenden Krisenherd, nämlich auf Sachsen und in diesem Fall vor allem Thüringen, wo es seit einigen Wochen Regierungsbündnisse aus SPD und KPD gab und man gleichfalls eine revolutionäre Bedrohung für die parlamentarische Weimarer Verfassung ausmachte. Anders als bei den zahlreichen Umsturzplänen aus dem völkischen Freikorpslager schickte man zur Bannung dieser Gefahr präventiv Reichswehreinheiten. Alles Weitere erfahren wir von Paula Rosa Leu.
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Folge vom 06.11.2023Pogrom im ScheunenviertelWie sicher konnten sich jüdische Bürger:innen im November 1923 auf den Straßen der Reichshauptstadt fühlen? Die Antwort muss lauten: sehr unsicher. Obgleich die ungezügelte und nicht sanktionierte antisemische Hetze damals lautstark aus Bayern dröhnte, hieß das noch lange nicht, dass sich die aufgeladene Stimmung in Berlin nicht blitzschnell gegen Jüd:innen wenden konnte. So geschehen am 5. November 1923 im Scheunenviertel: Ein Menge Arbeitsloser wartete am Arbeitsamt in der Alexanderstraße auf Unterstützungsgelder, die dann nicht ausgezahlt wurden. Es war kein Geld da. Daraufhin verbreitete sich, bzw. wurde von Hetzern verbreitet, die Fake-Nachricht, jüdische Händler aus dem Scheunenviertel hätten das wertbeständige Notgeld systematisch aufgekauft. Es folgte bis in die Nacht hinein ein Pogrom, während dessen der Mob stundenlang, teilweise ungehindert, Plündern, Misshandeln und Demütigen konnte. Einen Bericht von den schrecklichen Ereignissen veröffentlichte der Berliner Börsen-Courier in seiner 10 Milliarden teuren Ausgabe vom 6. November, die Frank Riede für uns liest.
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Folge vom 05.11.2023Charlie Chaplin bei der ArbeitCharles Chaplin war Anfang der 1920er dank seiner zahlreichen kurzen Filme, in denen seine Kunstfigur, der Tramp Charlie, die Hauptrolle spielte, bereits ein Weltstar. Einen Wendepunkt in seinem Schaffen bildet sicherlich die Mit-Begründung der United Artists, die ihn finanziell und kreativ unabhängiger machen sollte, sowie die Entdeckung des 4 Jahre alten Jackie Coogan. Die Zusammenarbeit mit ihm führte zu Chaplins erstem Langfilm „The Kid“, der eine riesiger Erfolg war und in über 50 Länder exportiert wurde. Premiere feierte der Film am 21. Januar 1921, kam aber erst beinahe 3 Jahre später, am 9. November 23 in Deutschland in die Kinos. Dies nahmen zahlreiche Zeitungen zum Anlass, über Chaplin zu schreiben. Auch der Berliner Lokal-Anzeiger vom 5. November tat dies in seiner 5 Milliarden teuren Ausgabe. Wie sehr Chaplin neben des Schauspiels auch die Regie und andere Gewerke des Films an sich riss liest für uns Frank Riede.
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Folge vom 04.11.2023Wenn wir Frauen regiertenElisabeth I. von England, Katharina die Große von Russland, Maria Theresia von Österreich – allen patriarchalischen Strukturen zum Trotz haben Launen der Thronfolge zumindest ab und an auch Frauen in höchste monarchische Staatsämter gebracht und teilweise sehr prägenden Einfluss auf die Weltgeschichte ausüben lassen. Paradoxerweise bedeutete der Übergang zu demokratischen Verfassungen in den meisten Fällen diesbezüglich zunächst sogar einen Rückschritt. Zwar gab es in Deutschland nach 1918 einige weibliche Reichstagsabgeordnete. In wirklich machtvolle Positionen rückten diese in den Jahren der Weimarer Republik allermeist jedoch nicht auf. Hätte deren Geschichte sonst womöglich einen besseren Verlauf genommen? Noch schlechter, befand eine anonym bleibende Autorin bereits 1923, am 4. November, sarkastisch in der Berliner Morgenpost, hätten sie es jedenfalls schwerlich hinbekommen. Angesichts der multiplen Krisen jener Jahre mit hyperinflationären Zeitungspreisen von nunmehr 10 Milliarden Mark können wir da nicht widersprechen, sondern geben das Wort an Paula Rosa Leu.