NachrichtenKultur & Gesellschaft
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Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 27.01.2024Autorennen auf dem WannseeMan kennt diese Erzählungen aus Sibirien oder aus dem Norden Kanadas: Zugefrorene Seen und Flüsse, die im Winter zu Straßen werden, auf deren meterdicken Eisdecken Autos weite Kilometer zurücklegen. Aber in Berlin, auf dem Wannsee – Kraftfahrzeuge? Wer es nicht glaubt, höre, was die B.Z. am Mittag am 27. Januar 1924 aus dem kalten Winter jenes Jahres zu vermelden hatte. Nicht als Transportweg wurde Berlins größte Havelbucht dabei freilich genutzt, sondern sogar, tatsächlich, ein Parcours für Automobilrennen auf dem Eis angelegt, auf dem Fahrzeuge verschiedenster Art und Klasse um die Wette ihre Runden drehten. Dass sich bei diesem waghalsigen Spektakel offensichtlich auch Schaulustige als Zuschauer mit aufs Eis begaben, macht das Szenario noch abenteuerlicher. Für uns hat sich Paula Rosa Leu auf den Wannsee gewagt.
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Folge vom 26.01.2024Eine Hymne auf den EspressoDass dem italienischen Espresso die Krone aller Kaffeekultur gebührt – wer wollte der Vossischen Zeitung da widersprechen!? Dabei ist die spezifische Zubereitungsart des schwarz-braunen Goldes mit Dampf und unter hohem Druck in großen metallenen Maschinen eine relativ junge Erfindung, die erst um 1900 durch Luigi Bezzera in Mailand entwickelt wurde. Was die ungarischstämmige Autorin und Komponistin Gisela Selden-Goth einer imaginären Freundin vom Caffé al banco in den Bars von Florenz in ihrem begeisterten offenen Brief vom 26. Januar 1924 mitzuteilen hat, war für das zeitgenössische Publikum insofern alles andere als kalter Kaffee. Italiamanti unserer Tage hingegen erkennen das Land ihrer Träume über die Entfernung eines Jahrhunderts in den nachfolgenden Zeilen nur zu gut wieder. Und müssen doch zugeben: Selten ist eine schönere und stimmigere Hymne auf das Kulturgut Espresso angestimmt worden! „Viva l’Italia del caffé“ ... singt für uns Paula Rosa Leu.
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Folge vom 25.01.2024Tollers Hinkemann oder Ein Theater-Skandal in DresdenCarl von Ossietzky war im Hauptberuf kein Theaterkritiker, und sein Text über die Premiere des expressionistischen Kriegsheimkehrer-Dramas Hinkemann von Ernst Toller in Dresden ist auch im eigentlichen Sinne keine Rezension. Der Grund für die Berichterstattung der Berliner Volks-Zeitung vom 25. Januar 1924 und entsprechend auch der Fokus ihres Artikels liegen vielmehr auf den im mehrfachen Sinn des Wortes skandalösen Umständen, unter denen die Aufführung in der sächsischen Hauptstadt über die Bühne ging. Rechte Störer hatten dort einen Skandal inszeniert, die völkische Presse Tollers Stück und die Dresdner Inszenierung anschließend mit übelster antisemitischer Hetzrhetorik skandalisiert und damit eine Absage nachfolgender Vorstellungen wegen Gefährdung der Mitwirkenden provoziert – darin erblickt Ossietzky den wirklichen, politischen Skandal von Dresden! Es liest Frank Riede.
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Folge vom 24.01.2024Sonnenfinsternis-Expedition nach Mexiko und der Einstein-EffektDr. Richard Prager, geboren 1883 in Hannover, war ein deutscher Astronom, der seit dem Jahre 1916 als Observator an der Sternwarte in Babelsberg arbeitete. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde der 1938 von den Nazis verhaftet, allerdings aufgrund des Druckes aus dem Ausland freigelassen, so dass er in die USA emigrieren konnte, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1945 an der Harvard-University lehrte. Seit Albert Einstein seine Relativitätstheorie veröffentlicht hatte, erlangte die Beobachtung von Sonnenfinsternissen eine gesteigerte Bedeutung, da man hier Beweise für die Richtigkeit der Theorie erlangen wollte – und konnte. Auch die deutsche Expedition zur Sonnenfinsternis vom 10. September 1923 in Mexiko, an der sich das Potsdamer und ein Hamburger Observatorium beteiligten, hatte unter anderem, wie es im vorläufigen Abschlussbericht zu lesen ist: „Aufnahmen zur Prüfung des Einstein-Effekts“ auf dem Programm. Paula Rosa Leu liest für uns den Bericht zur Expedition von Dr. Prager, der in der Wochenbeilage des Berliner Tageblattes vom 24. Januar 1924 erschien.