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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 20.05.2022Entschleunigung in BrandenburgDer größte denkbare Kontrast zu Berlin ist bekanntlich ... Brandenburg, und das gilt offensichtlich nicht erst seit Rainald Grebe. Auch schon Victor Auburtin, der große Kolumnist des städtischen Lebens, der Chronist des pulsierenden Berlin der 1920er Jahre, dessen Miniaturen normalerweise selbst dann das urbane Flair des Großstädters verströmen, wenn er im Thüringer Wald auf die Berliner Weihnachtsgäste wartet oder auf Sylt Austern schlürft – in einem kleinen Dorf in der Mark kam er richtig zur Ruhe. Den Begriff der Entschleunigung kannte man seinerzeit vermutlich noch nicht, und doch, könnte man sagen, handeln Auburtins Zeilen aus dem Berliner Tageblatt vom 20. Mai 1922 genau davon. Begleitet bei seinem Retreat hat Auburtin, abgesehen von ein paar Dörflern und einer Gans, nur Paula Leu.
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Folge vom 19.05.2022Béla Bartók in FrankfurtBéla Bartók gilt als einer der wichtigsten Vertreter der musikalischen Moderne, obwohl, aber vielleicht auch gerade weil er nicht über eine der musikgeschichtlichen Hauptrouten, etwa im Schlepptau der zwölftönenden Zweiten Wiener Schule oder über den musikalischen Expressionismus dorthin fand. Vielmehr kam Bartok geographisch und vor allem künstlerisch eher vom Rand der europäischen Musikkultur, indem er sich etwa ausgiebig von der Volksmusik seiner pannonischen Heimat inspirieren ließ und intensiv auch mit pentatonischen oder bitonalen Formen experimentierte; womit er anfänglich sowohl konservative, als auch streng avantgardistische Hörer irritierte. Das gilt auch für den Kritiker Artur Bogen, der sich mit Bartóks berühmter einziger Oper Herzog Blaubarts Burg und dem Tanzspiel Der holzgeschnitzte Prinz bei deren deutscher Erstaufführung in Frankfurt erkennbar schwertat. Aus seiner Rezension in der Deutschen Allgemeinen Zeitung vom 19. Mai 1922 liest Frank Riede.
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Folge vom 18.05.2022Eine Hochtour durchs SalzkammergutIm Salzkammergut, da kammer gut lustig sein, weiß die Operette. Aber im Salzkammergut, da kann man auch abenteuerliche Touren ins Hochgebirge unternehmen, weiß die Neue Zeit vom 18. Mai 1922. Der bekannte Autor und Filmarchitekt Albin Grau schilderte hier eine Skiwanderung durch die Ausläufer des Dachsteingebirges, bei der selbstverständlich auch die Kamera nicht fehlen durfte und die alles aufweist, was alpine Gletscherüberquerungen an Extremen zu bieten haben: eisige Kälte und gleißende Sonne, grandiose Ausblicke und plötzliche Lawinengefahr, bange Momente und glückliche Abstiege. Über den anschließenden Aufenthalt im magischen Ort Hallstatt am gleichnamigen See, der sommers mittlerweile ein touristisch überlaufenes Dorado vor allem asiatischer Besucher geworden ist, erfahren wir leider nicht mehr viel. Aber man kann halt nicht alles haben, nicht einmal in diesem Podcast. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 17.05.2022Stinnes und KunzeVom völkischen Antisemiten Richard Kunze, wegen seines zeitweisen Vertriebs von Knüppeln, „Knüppel Kunze“ genannt, berichteten wir im Zusammenhang mit dessen Wahl in die Berliner Stadtverordnetenversammlung. Wie so viele rechte Populisten agitierte er offenbar pauschal gegen die Eliten des Landes: Politiker, Intellektuelle, Unternehmer. Wie so viele rechte Populisten besänftigte sich (zumindest, wenn es keiner mitbekam) der Furor gegenüber den Eliten, wenn es um die eigene Finanzierung ging. Sollte „Knüppel Kunze“ auch in die Reihe derer eingeschwenkt sein, die sich ihre völkische Agitation vom Industriellen Hugo Stinnes finanzieren ließen? Im April veröffentlichte das Berliner Tageblatt Briefe eines Vertrauten Kunzes, in denen er Stinnes um Geld für Kunze bat. In der Freiheit vom 22. Mai finden wir ein Spottgedicht, das diesen Gesinnungswandel des selbsternannten Arbeiterführers aufs Korn nimmt. Für uns gelesen von Frank Riede.