
NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 18.11.2021Gewaltsamer und gewaltloser Unabhängigkeitskampf in IndienHeute richten wir mit der DAZ den Blick nach Indien, das ja bekanntlich erst 1947 seine Unabhängigkeit erlangt hat. Nach dem ersten Weltkrieg, 1919, kamen die Briten den damals schon heftig vorgebrachten Forderungen der Inder nach mehr Mitbestimmung mit dem Reformplan des indischen Staatssekretärs Edwin Montagu und des indischen Vizekönigs Frederic Chelmsford entgegen. Doch der ging den Aktivisten des indischen Nationalismus nicht weit genug. Anlässlich eines Besuches des Prinzen von Wales wirft der frisch habilitierte Indologe und Religionswissenschaftler Dr. Helmuth von Glasenapp in seinem Artikel einen genaueren Blick auf die komplizierte Situation in Indien. Wir hören von Gandhi und seinem Aufruf zur Gewaltlosigkeit und zur Eigenherstellung der Kleidung, aber auch von den Konflikten innerhalb der Unabhängigkeitsbestrebungen. Ebenso kommt das komplizierte Verhältnis zwischen Gandhi und den panislamischen Aktivisten zur Sprache. Für uns sortiert die Lage in Indien Paula Leu.
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Folge vom 17.11.2021Die Bartholomäusnacht von LissabonEin Todesschwadron zieht durch das nächtliche Lissabon mit prominenten Politiken auf der Exekutionsliste. Erbarmungslos werden sie vor den Augen ihrer Familien aus ihren Privathäusern gezerrt und ermordet. So geschehen in der sog. Lissaboner Blutnacht des 19. Oktobers 1921. Die Erste Republik in Portugal, die mit der Abschaffung der Monarchie 1910 entstanden war, kann nicht gerade als politisch stabile Phase bezeichnet werden. Aber selbst aus einer Zeit der oft gewalttätig widerstreitenden Republikaner, Monarchisten, Militaristen und Demokraten ragen die Ereignisse rund um den Putsch im Oktober 1921 heraus. Antonio Granjo war erst im Juli 1921 zum Premierminister gewählt worden, also nur 3 Monate nach Amtsantritt stürzten radikale Republikaner, unterstützt von Nationalgarde und Marinesoldaten die Regierung. Der Präsident weigerte sich aber zunächst die Regierungsgeschäfte an deren Führer weiterzugeben. In der Nacht zog Corporal Abel Olimpio los, um prominente Politiker, im Falle des Colonels Vasconcelos sogar einen der Gründerväter der Ersten Republik, zu ermorden. Lange Zeit waren in der Berliner Presse keine zuverlässigen Informationen zu bekommen, erst am 17. November druckt das 8-Uhr-Abendblatt eine Erzählung der Ereignisse der Blutnacht ab. Für uns liest Frank Riede.
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Folge vom 16.11.2021Der Reigen vor GerichtDer Reigen und kein Ende. Tief in den Neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts verfasst und ungespielt zum handfesten Literaturskandal avanciert, war Arthur Schnitzlers aus zehn erotischen Dialogen bestehendes Drama – wie regelmäßige Hörer unseres Podcast wissen – erst im Dezember 1920 am Kleinen Schauspielhaus Berlin zu seiner szenischen Uraufführung gekommen und brachte es hier, genauso wie wenig später bei seiner Inszenierung in Wien, nun auch zu einem stinkbombenumtosten Theaterskandal, der in der Folge sogar die Gerichte beschäftigte. Wie häufig in Skandalen waren hergebrachte ästhetische und gesellschaftliche Normen offensichtlich fragwürdig geworden und verlangten nach einer Neuaushandlung. Und wie nicht selten bei derartigen Prozessen tat sich die Justiz dabei durchaus schwer, mit gesellschaftlichen Entwicklungen Schritt zu halten. Diesen Eindruck von den Berliner Verhandlungen über den Reigen vermittelt jedenfalls ein prominenter Prozessbeobachter im Berliner Börsen-Courier vom 16. November 1921: Joseph Roth, hier verkörpert von Frank Riede.
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Folge vom 15.11.2021Berlin und sein WeinWenn man an Berlin topographisch etwas bemängeln möchte, dann höchstens zwei Dinge: dass es nicht am Meer liegt und dass sich auf seinem Stadtgebiet, anders etwa als in Wien, kein Weinbau betreiben lässt. Beides könnte natürlich in Folge des Klimawandels irgendwann der Fall sein, und Letzteres – der Wein – war hier vor der berühmten kleinen Eiszeit in der frühen Neuzeit tatsächlich auch schon einmal beheimatet. Die Berliner Morgenpost vom 15. November 1921 spürt dieser önologischen Frühgeschichte im Berliner Straßenbild nach und schwelgt auch anderweitig in alten Zeiten, in denen edle Tropfen bald unerschwinglich teuer, bald dank staatlich-preußischer Daseinsfürsorge im Preis gedeckelt waren. Eine Weinpreisbremse sozusagen. Es liest das einzige Kernteammitglied von Auf den Tag genau, das nie im oder um den Weinbergsweg herum gelebt hat: Paula Leu.