
NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 05.11.2021Braunkohle als ZukunftsversprechenDer neuzeitliche Mensch ist bekanntlich ein Dezimalfetischist, aber die Weltgeschichte tut ihm nur in Ausnahmefällen den Gefallen, ihre Zyklen gerade nach seinem Kalender von Jahren, Jahrzehnten oder Jahrhunderten auszurichten. Dennoch freuen wir uns bei Auf den Tag genau natürlich immer, wenn wir, wie bei unserem heutigen Artikel, einen Zug in die historische Gegenrichtung auftun und mit der Lichthupe kurz grüßen können. Dieser Zug kommt am 5. November 1921 aus der Niederlausitz und ist üppig mit Braunkohle und Aufbruchsstimmung beladen. Seine Destination ist die Zukunft einer blühenden Industrielandschaft – wenngleich der Vorwärts vor einhundert Jahren bereits auf beachtliche Weise das Ineinander von Aufbau und Zerstörung im Blick hat und ein fast schon dystopisches Bild des brandenburgisch-sächsischen Tagebaugebietes voraussieht. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 04.11.2021PremierenkritikDer Puls des Berliner Theaterlebens war auch schon vor einhundert Jahren der Premierenkalender. Auch in den wilden Zwanzigern gaben sich die versammelte Theaterkritik und mit ihr die Schar der Afficionados und Adabeis zur ersten Nacht im Parkett die Ehre und handelten den Erfolg oder Misserfolg einer Neuinszenierung sogleich im Theatergebäude sowie dann anderntags in einer zweiten Runde in den Feuilletonspalten der Abendzeitungen aus. Auch die Berliner Börsen-Zeitung machte diesbezüglich prinzipiell keine Ausnahme, und doch kritisiert sie diesen ‘Fetisch‘ in einem nachdenklichen Artikel vom 4. November 1921 mit Verweis auf das häufig noch unausgereifte Zusammenspiel der Akteure am Premierenabend. Für uns liest mit Frank Riede ein echter Theaterliebhaber – denen man übrigens ja nach sagt, dass sie bevorzugt zur dritten Vorstellung gehen sollen ...
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Folge vom 03.11.2021Aus dem Berliner StudentenlebenCorona, heißt es so gerne, habe alles verändert und am allermeisten vielleicht das Leben der Studierenden beeinträchtigt: Manche von ihnen sind seit nunmehr vier Semestern eingeschrieben und haben bis heute noch keinen Hörsaal von innen gesehen, sondern höchstens einmal eine Unterschrift im Fakultätssekretariat getätigt. Der nachfolgende satirische Artikel aus der Berliner Volks-Zeitung vom 3. November 1921 nährt immerhin den Verdacht, dass es sich bei diesem Zustand um kein absolutes Alleinstellungsmerkmal zeitgenössischer Hochschulgenerationen handelt. Die Hoffnung, dass er betroffene Hörer*innen tröstlich stimmen könnte, wird aber vermutlich dennoch enttäuscht werden. In die schönste Zeit des Lebens und in die offensichtlich auch früher schon reichlich bizarre Welt farbentragender studentischer Verbindungen zurückgereist ist für uns Frank Riede.
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Folge vom 02.11.2021Autohallen first, Grünflächen second!Erst kürzlich machte Jan Böhmermann sich im „Auto first, Mensch second“ titulierten Segment seiner Show darüber lustig, wie nach dem Zweiten Weltkrieg die Städte ganz nach den Bedürfnissen der Autos gestaltet wurden. Der aufkommende Individualverkehr stellte die Frage nach einer städtebaulichen Umgestaltung bereits zu Beginn der 20er Jahre. Max Osborn fürchtet in der Vossischen Zeitung vom 2. November 1921 um den Leipziger Platz in Berlin, der durchlässiger für den Autoverkehr werden soll. Allen Ernstes ging es damals um: „Autohallen first, Grünflächen second.“ Für uns berichtet Paula Leu.