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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 01.11.2021Die Prohibition umschiffenSeit dem Januar 1920 galt in den Vereinigten Staaten der 18. Zusatzartikel der Verfassung, der die Herstellung, den Transport und den Verkauf alkoholischer Getränke untersagte. 13 Jahre lang sollte dieser landläufig als Prohibition bekannte Kampf gegen die gesundheitlichen Schäden des Alkoholkonsums dauern. Doch schon nach weniger als zwei Jahren zieht ein Korrespondent der Berliner Morgenpost ein vernichtendes Fazit. In der Ausgabe vom 1. November 1921 berichtet er nicht nur darüber, wie in breiten Bevölkerungsschichten trotzdem weiter Alkohol konsumiert wird, notfalls selbstgebrannter, sondern auch von der Oberklasse, die gern mal elegant zu den Verkaufstellen segelt, um weiterhin nicht auf dem Trockenen zu sitzen. Für uns verköstigt und liest Frank Riede.
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Folge vom 31.10.2021Schweres Schiffsunglück auf dem WannseeAls der Satiriker und PARTEI-Gründer Martin Sonneborn dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel einst vor einer Spargelsause des Seeheimer Kreises prophezeite, man plane ihn bei der Tour über Bord gehen zu lassen, erhielt er von diesem zur Antwort, der Umgang mit Journalisten sei gefährlicher als der Wannsee. Damit lag Siggy Pop historisch fast so falsch wie später bei der Auswahl seiner Kanzlerkandidaten. Tatsächlich hat auch der Wannsee, eigentlich bekanntlich nur eine Havelausstülpung, im Laufe seiner Geschichte einige Schiffsunglücke gesehen. Das wahrscheinlich schwerste ereignete sich am Abend des 30. Oktober 1921. Zwei Dampfer kollidierten, zwanzig Menschen fanden im kalten Wasser den Tod. Bereits am 31. Oktober waren alle Berliner Tageszeitungen voll mit Berichten und Spekulationen. Paula Leu liest für uns aus der Vossischen Zeitung.
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Folge vom 30.10.2021Ein märkisches Baudenkmal ist in GefahrAm 12. Juli 1253 erlangte „Vrankenvorde“, an der Oder gelegen, das Stadtrecht und begann sofort mit dem Aufbau einer Kirche – und circa 250 Jahre später stand die im Stile der nordischen Backsteingotik gebaute Sankt-Marien-Kirche im Zentrum der Stadt, mit einem 77 Meter langen Gebäude und zwei prächtigen Türmen. Im Mai 1826 stürzte aus heiterem Himmel der Südturm ein. Die beschädigte Kirche sollte unter der Leitung von Karl Friedrich Schinkel rekonstruiert werden, der nicht gerade sensibel mit dem gotischen Erbe umging. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche weitgehend zerstört. Um den Wiederaufbau zu beenden wurden 2006 sog. Spendensteine vergeben, auf denen die Namen der Spender zu lesen waren und mit denen die Kirche neu gepflastert wurde. Die Tradition des Spendenaufrufs zum Bau und zur Restaurierung ist wohl so alt wie die Kirche selbst, wie unser heutiger Artikel des Berliner Lokal-Anzeigers vom 30. Oktober 1921 belegt. Zur Rettung des Baudenkmals Sankt-Marien-Kirche ruft Frank Riede auf.
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Folge vom 29.10.2021Einhundert Jahre Siedlung HeerstraßeAls die Stadtplaner der aufstrebenden Reichshauptstadt Berlin vor gut einhundert Jahren deren Verkehrsinfrastruktur auf die Bedürfnisse einer Weltstadt hin anpassten, waren sie so weise, die neugeplanten Streckennetze des öffentlichen Nahverkehrs von vornherein auf Zuwachs auszurichten. Dort, wo sich heute der Charlottenburger Ortsteil Westend erhebt, zeigen Photographien aus der Zeit um 1910: dichte Wälder, asphaltierte Straßen, U-Bahnhöfe und S-Bahnhöfe. Viel mehr brauchte es nicht, um hier in den Folgejahren eine rege Bautätigkeit anzufachen, die in einem Tempo ganze Stadtteile aus dem Boden stampfte, wie man es heute nur mehr aus China kennt. Zu den in diesem Zuge entstandenen Ortslagen zählte die anfangs für Beamte reservierte ‘Siedlung Heerstraße‘, die vor einigen Wochen mit einem Straßenfest ihr einhundertjähriges Jubiläum feierte. Auf den Tag genau gratuliert mit einer Ortsbegehung des Berliner Tageblatts vom 29. Oktober 1921. Es liest Paula Leu.