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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 22.09.2021Größte Explosionskatastrophe in der Geschichte DeutschlandsAm Morgen des 21. Septembers 1921 kam es im badischen Oppau zur bis heute größten zivilen Explosionskatastrophe in Deutschland, bei der 559 Menschen ums Leben kamen. Ein Silo mit etwa 400 Tonnen des als Düngemittel verwendeten Ammoniumsulfatnitrat war detoniert. Die immense Explosion riss einen 165 Meter langen, 95 Meter breiten und fast 19 Meter tiefen Krater, was bedeutet, dass 12.000 Kubikmeter Erdreich in die Luft geschleudert wurden. Die Druckwelle zerstörte Teile der Fabrik und des Dorfes Oppau und weiterer umliegender Ortschaften. Im 13 Kilometer entfernten Wormser Dom gingen alle Kirchenfenster zu Bruch, im 25 Kilometer entfernten Heidelberg wurden noch Dächer abgedeckt und eine Straßenbahn entgleiste, bis nach München, Zürich und Göttingen war die Explosion zu hören. Das 8-Uhr-Abendblatt hatte einen Korrespondenten vor Ort, dessen Drahtberichte Paula Leu für uns verliest, so wie sie am 22. September die Zeitung abdruckte. Die das Ausmaß der Katastrophe herunterspielenden Aussagen zu beginn lassen sich vielleicht damit erklären, dass unmittelbar nach dem Unglück wilde Berichte kursierten, die selbst das ohnehin krasse Ausmaß noch weit übertrieben.
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Folge vom 21.09.2021In der Wachau und in WienVon den Folgen des Weltkriegs und dem daraus resultierenden Zusammenbruch der k.u.k.-Monarchie war die junge Republik Österreich auch wirtschaftlich schwer gebeutelt. Als eine Gegenmaßnahme wurde im Jahr 1921 die Messe Wien ins Leben gerufen, als internationales Schaufenster konzipierte Verkaufsausstellungen, zu der anfänglich nicht die einheimische Bevölkerung, dafür aber umso mehr ausländische Journalisten geladen waren und offensichtlich auf dem Weg dorthin entlang der Donau durch die schönsten Ecken Österreichs geführt wurden. So begab sich auch Emil Faktor vom Berliner Börsen-Courier auf die mehrtägige Reise und berichtete in der Ausgabe vom 21. September u.a. von nächtlichen Irrungen und Wirrungen in der wunderschönen Wachau und am Zielort Wien. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 20.09.2021Alfred Kerr is not amusedDer große Theaterkritiker Alfred Kerr galt zu Lebzeiten auch als großer Meister des Verrisses, und diesem Ruf macht er im Berliner Tageblatt vom 20. September 1921 wahrlich alle Ehre. Sein Missfallen an der Neuinszenierung von Friedrich Hebbels (heute kaum noch gespielten) Drama Herodes und Mariamne am Deutschen Theater zieht sich durch alle Instanzen, erstreckt sich gleichermaßen auf die berühmten Mimen Werner Krauß und Agnes Straub in den Hauptrollen wie auf den für deren Spiel verantwortlich gemachten Regisseur Otto Falckenberg wie auf den für dessen Engagement verantwortlich gemachten Intendant Felix Hollaender. Nur der Dichter Hebbel bleibt in des Rezensenten Bilanz über jeden Zweifel erhaben. Gelesen von Frank Riede.
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Folge vom 19.09.2021Streik auf den Fidschi-InselnIn der Zwischenkriegszeit ließ sich eine fortschreitende Globalisierung nicht leugnen. Nicht nur das kapitalistische Prinzip breitete sich über den Erdball aus, auch die über lange Zeit errungenen Arbeiterrechte schienen parallel dazu weltweit anklang zu finden. Am 19. September 1921 berichtet die Freiheit, das Zeitungsorgan der Unabhängigen Sozialdemokratie, von einem Streik auf den Fidschi-Inseln. Die zahlreichen Hindu-Arbeiter auf den Plantagen der Inseln waren in einen Arbeitskampf getreten, der sich zuspitzte – Verhaftungen und angedachte Militärschläge inklusive. Doch die Macht des kollektiven, solidarischen Widerstandes war ersichtlich. Wie es in den Zeitungen der 20er Jahre oft vorkommt, klingen auch in diesem Artikel rassistische Vorurteile und entsprechendes Vokabular an. Für uns liest Paula Leu.