NachrichtenKultur & Gesellschaft
Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 19.08.2020Die Erhaltung der FamilieEs ist nicht allzu lange her, da hat die Diskussion um die abschätzig sogenannte ‚Herdprämie’ einer mittlerweile alten Frage neue Brisanz verliehen: Welchen Wert hat Hausarbeit in unserer Gesellschaft? Ging es hier vor allem um das Problem, ob Mütter ihre Kinder zu Hause selbst erziehen oder in die Kita schicken sollten, so analysiert eine gewisse Frau Exner-Pichottka das Thema in der Vossischen Zeitung vom 19.8.1920 ausgehend von der sogenannten Dienstbotenfrage: Weil Dienstboten für den Normalverdiener mittlerweile nicht mehr zu bezahlen seien, bestehe die Gefahr, dass Ehefrauen der Überlastung dadurch zu entgehen suchen, dass sie weniger Kinder bekämen. Nur die deutliche Entlastung der Frauen könne die Erhaltung der Familie noch sicherstellen. Statt Herdprämie und Kita aber schlägt Exner-Pichottka eine umfassende Zentralisierung von Teilen der Hausarbeit in Großbetrieben vor. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 18.08.2020SchweigeabteileZugreisen sind immer auch eine soziale Erfahrung. Dicht gedrängt in engen Abteilen und Großraumwagen kommt man den Mitreisenden oft näher als einem lieb ist. Das war auch vor einhundert Jahren schon so. Doch wo es heute Rauchverbot, Familienabteile und Ruhebereiche gibt, herrschte damals noch völlige Freizügigkeit. Während man sich allerdings mit den allermeisten Einschränkungen und Unannehmlichkeiten noch arrangieren könne, werde das Geschwätz des die 3. Klasse bevölkernden, neunmalklugen soldatischen Nachwuchses immer mehr zur unerträglichen Belastung. Es brauche Schweigeabteile, um den einfachen Reisenden vor solch ungewollten Redeattacken zu schützen, so die Forderung eines gewissen M.M. Gehrke im Berliner Tageblatt vom 18.8.1920. Gelesen von Frank Riede.
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Folge vom 17.08.2020Zusammenstoß auf der HochbahnManche spektakulären Zugunglücke werden mit zeitlichem Abstand zum Teil des kollektiven Bildgedächtnisses oder gar der Popkultur, wie etwa geschehen mit dem Zug, der 1895 in Paris das Gebäude des Gare du Montparnasse durchschlug, auf dem Platz darunter landete, und der als Fotoreproduktion heute so manche Wand ziert. Im Berlin der Weimarer Republik war eine, freilich weniger unbeschwerte, Erinnerung an das bis dahin schlimmste Zugunglück, den Zugzusammenstoß des Jahres 1908 am Gleisdreieck, das 17 Todesopfer gefordert hatte, lebendig. Davon zeugt der Bericht der Vossischen Zeitung vom 17. August über ein Zugunglück auf der Hochbahn, da der Autor den Bogen von dem aktuellen Unfall zu der Katastrophe 1908 spannt. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 16.08.2020Oberschlesische Kohle für DeutschlandEines der umstrittensten Gebiete im Rahmen der politischen Neuordnung nach dem 1. Weltkrieg war Oberschlesien. Die verhältnismäßig kleine Region auf dem Gebiet des heutigen Polen war insbesondere durch ihre Kohleförderung von enormen wirtschaftlichem Wert. Im Versailler Vertrag war festgelegt worden, dass zumindest Teile des Grenzverlaufs durch Volksabstimmungen geregelt werden sollten. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der enormen Belastungen durch Kriegsschäden und Reparationszahlungen betont der Vorwärts am 16.8.1920 die Bedeutung Oberschlesiens für eine wirtschaftliche Wiederaufrichtung Deutschlands und fordert die wahlberechtigten Deutschen auf, ihr Kreuz am Tag der Volksabstimmung an der richtigen Stelle auch wirklich zu machen. Es liest Paula Leu.