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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 30.10.2024Wahlmüdigkeit im Superwahljahr?1924 war zumal für die Hansestadt Hamburg ein veritables Superwahljahr. Zwischen zwei Reichstagswahlen im Mai und Dezember stand hier am 26. Oktober – wir berichteten – auch noch eine Bürgerschaftswahl an, zu der die Hamburgerinnen und Hamburger an die Urnen gerufen waren. Für die Einwohnerinnen und Einwohner von Schiffbek galt dies nicht, denn die später im Stadtteil Billstedt aufgegangene Gemeinde Schiffbek gehörte seinerzeit noch zum schleswig-holsteinischen und damit preußischen Landkreis Stormarn. Dennoch beobachtete man diesen Wahlakt auch bei der kleinen Schiffbeker Zeitung, die damit bei Auf den Tag genau debütiert, sehr genau und diskutierte am 30. Oktober die Frage, ob die gegenüber der Reichstagswahl vom Frühjahr gesunkene Wahlbeteiligung als Indiz für eine wachsende Wahlmüdigkeit zu werten sei. Ist sie das, Frank Riede?
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Folge vom 29.10.2024Bei Heinrich Vogeler in WorpswedeHeinrich Vogeler zählt zu den bekanntesten Figuren der Künstlerkolonie Worpswede. Anfangs dem Jugendstil zugeneigt, verzeichneten seine Werke während der Weltkriegsjahre zunehmend eine expressionistische Note, die einherging mit einer fortschreitenden Politisierung Vogelers im Sinne kommunistischer Ideale. Große Hoffnungen, diese zu verwirklichen, setzte er in die junge Sowjetunion, die er in den 1920er Jahren mehrfach bereiste, in die er 1931 schließlich auswanderte und in der er 1942, als Deutscher nach Kasachstan „zwangsdeportiert“, als Opfer des Stalinismus unter elenden Umständen verstarb. Im Herbst 1924 war er soeben von seinem ersten Besuch in Moskau zurückgekehrt auf den von ihm gestalteten Barkenhoff in Worpswede, in dem die KPD-nahe Rote Hilfe mittlerweile ein Kinderheim unterhielt. Wie die Reise ihn und seine Kunst verändert hatte, ergründete am 29. Oktober Josef Kliche für das Hamburger Echo – und für Auf den Tag genau Rosa Leu.
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Folge vom 28.10.2024Jo Lherman: Schweigen ist GoldNach der lauten Zeit des Wahlkampfs und der Wahl zur Bürgerschaft selbst sowie mit der nahenden Reichstagswahl am Horizont gönnt uns der Hamburger Anzeiger vom 28. Oktober 1924 eine Pause zum Durchatmen, indem sie einen leisen Text über das Schweigen abdruckt. Der Artikel sinniert, alltägliche Situationen beobachtend, über den Wert des Schweigens. Der Autor dieser Zeilen Jo Lherman allerdings tat sich sonst nicht durch leise Töne hervor. Über die Jugend des 1898 in Wien als Walter Ullmann geboren Theatermachers, - regisseurs, -gründers, sowie Betrügers, Hochstaplers und Diebes ist nahezu nichts bekannt. Seine Behauptung, mit Bertolt Brecht die Schulbank gedrückt zu haben, kann als falsch betrachtet werden. Zum einen ist sein Leben in den 20er Jahren gekennzeichnet durch die Verfolgung seitens der Justiz wegen zahlreicher Vergehen, Betrügereien, Diebstähle und das Führen einen Doktortitels, den er nicht besaß, zum anderen durch eine unermüdliche Theaterarbeit, in der er Schauspielgruppen und Theater gründete, junge Autoren spielte und auch selber dabei Regie führte. Diese beiden Stränge seines Lebens überschnitten sich dann, wenn sich herausstellte, dass sie Stücke ohne Wissen des Autors gespielt wurden, oder die Schecks, mit denen die Produktion finanziert wurde, nicht gedeckt waren. Es sei noch erwähnt, dass er 1946 als angeblich kubanischer Staatsbürger mit dem Namen Dr. Gaston Oulmán als Radioberichterstatter beim ersten Nürnberger Prozess tätig war. 1949 starb diese schillernde Persönlichkeit, über die viele Gerüchte und Legenden kursieren, aber wenig gesichert bekannt ist, in Paris. Aber zurück zum Schweigen. Frank Riede schweigt zum Glück nicht und denkt für uns laut über das Schweigen nach.
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Folge vom 27.10.2024Nach der Bürgerschaftswahl in HamburgDie Hamburgerinnen und Hamburger haben gewählt, und der Hamburgische Correspondent vom 27. Oktober 1924 resümiert, wie sich das neue Bild von der Bürgerschaft darstellt. Gemäß seiner politischen Ausrichtung feiert das Blatt das solide Ergebnis der Deutschen Volkspartei, obwohl sich die Zugewinne gerade einmal auf 0,1 Prozent beliefen. Das Ergebnis der Deutschnationalen, das im Vergleich zur letzten Bürgerschaftswahl um fast sechs Prozent verbessert war, misst man hingegen am noch üppigeren Resultat der DNVP bei der Reichstagswahl im Mai, Ähnliches gilt für das der Kommunisten. Unstrittig waren in jedem Fall die Verluste der Regierungsparteien: Die SPD fiel von 40,6 auf 32,4 Prozent, die DDP (in deutlich geringerem Ausmaß) von 14,1 auf 13,2 Prozent, womit beide ihre gemeinsame Mehrheit verloren. Was das für die künftige Regierungsbildung bedeutete, vermag uns Frank Riede noch nicht zu verraten.