An einem regnerischem Abend im November 2019 saß ich mit, ich nenne ihn mal Chris, zusammen. Er hatte ein gutes Steakhouse ausgewählt – keine Kette, sondern einen kleines, uriges argentinisches Steakhouse in der Innenstadt. Das Fleisch war der Hammer und obwohl ich schon häufig in sehr guten Restaurants gegessen habe, hat mich diese Qualität nochmal zusätzlich überrascht, denn – auch wenn ich mich jetzt wiederhole - es war einfach der Hammer. Er hatte nicht zu viel versprochen, als er sagte, dass dieses Fleisch alles andere in den Schatten stellen werde – und das ganze drum herum war ebenfalls ein sehr gutes Ambiente. Dass wir uns dort getroffen haben, war übrigens Bestandteil eines Deals, den wir vereinbart hatten. Erstes Sidelearning für Dich: Eine Einladung zum Essen kann zum einen „dazu gehören“ es kann jedoch auch eine Forderung sein – wichtig – wenn du im Angestelltenverhältnis bist: Achte darauf, dass es euren Compliance Richtlinien entspricht! Meine Forderung lautete hier in etwa „Einladung in das beste Steakhouse der Stadt – Lawyers Cut & Premium Drinks incl. Übernachtung“ und es war eine grüne Forderung ? Chris ist Partner bei – naja, ich umschreibe es mal als „Anbieter für Rechtsdienstleistungen“ und über seinen Tisch laufen verschiedene Angelegenheiten. Zu Beginn seiner Karriere war er meistens in M&A Deals eingebunden, später wurde er intern zu einer Art rechtlichem Key-Account, der einen großen Kunden rundum betreut. „Die waren mein Sprungbrett zur Partnerschaft“ sagt er noch heute darüber. Bevor er diesen Kunden gewonnen hatte, hat er einiges an Lehrgeld bezahlen dürfen. Einmal, als Chris mit einem anderen, namhaften Kunden in die ersten Gespräche einstieg, war neben Experten der Rechtsabteilung auch direkt ein Vertreter des Einkaufs des Kunden mit von der Partie. Side-Learning = das ist eine sehr professionelle Vorgehensweise, denn als Einkauf solltest Du darauf achten, so früh wie möglich in den Prozess eingebunden zu werden und als Vertrieb bzw. als die Lieferanten-Seite (nur, damit sich auch die anderen angesprochen fühlen ?) tust Du gut daran, den Einkauf direkt mit einzubinden. Wieso, erfährst Du u.a. in dem Interview mit Frank Poggendorff ? Zurück an den Tisch – auf der einen Seite sitzt Chris, maßgeschneiderter Anzug, sauber geschnittenes Haar, perfekt gebundene Krawatte – mit seinem Mont-Blanc macht er seine Notizen in seinem Cartier-Gebundenen Notizblock und seine Patek-Philippe glitzert an seinem Handgelenk. Auf der anderen Seite sitzen 2 Männer in Anzügen von der Stange, die Haarschnitte lassen vermuten, dass es auch 2019 schon einen Lockdown gegeben hat und während der Experte seine Notizen in sein Tablet tippt, notiert sich der Einkäufer seine Punkte auf einem Block mit Firmenpapier, allerdings mit einem Werbe-Kulli, den er wohl bei einer Konferenz oder einem Workshop erhalten haben muss. Der Experte und Chris tauschen sich gut aus und beide stellen rasch fest, dass sie offenbar vom gleichen Schlag sind – der Einkäufer schweigt die meiste Zeit. Nach knapp 25min meldet er sich dann zu Wort und was er sagt, trifft Chris bis ins Knochenmark: „Ihr Angebot ist ja eigentlich ganz gut – aber wir erwarten natürlich einen fairen Preis.“ Was bei Chris ankommt ist „Du bist unfair“ Sein Puls wird schneller – seine Hände schwitziger, denn dieser Vorwurf ist brutal für ihn. „Was denkt der Vogel eigentlich wer er ist?“ geht ihm durch den Kopf – auch wenn er weiß, dass er diesen Gedanken eigentlich gar nicht haben darf. Er ist trotzdem da. Und außerdem stimmt es ja auch – sagt zumindest seine innere Stimme. Der Einkäufer starrt ihn schweigend an. Chris merkt, wie sein Mund trockener wird als es normalerweise der Fall ist – was daran liegt, dass er diesen leicht geöffnet hat. „Dieser Preis ist absolut fair!“ Der Einkäufer runzelt seine Stirn und zieht eine Augenbraue hoch – er blickt Chris skeptisch an. „Wissen Sie, ich habe gestern genau das gleiche Gespräch geführt – aber der Preis auf dem Angebot hat mir besser gefallen.“ Chris fühlt sich überrumpelt – „und halten Sie es für fair, mich hier mittlerweile knapp 45min zappeln zu lassen?“ „35 – und wir lassen Sie nicht zappeln. Das Einzigste, was wir machen, ist, ein faires Angebot von Ihnen zu verlangen – das sollte für jemanden wie Sie doch leicht umsetzbar sein…“ Chris kocht – ist es auch – und es heißt das einzige – nicht das Einzigste! Danke, und wie lautet nun der faire Preis? Auch wenn sich gerade vieles in Chris dagegen sträubt, mit diesem Typen ins Geschäft zu kommen – er braucht den Deal, um seinen Jahresbonus zu erreichen und außerdem ist er doch der Klügere – und der gibt ja bekanntlich nach. Er rechnet kurz im Kopf durch – den Rabatt hier, hole ich bei Kunden XY schon wieder rein. Ok, ich gebe 5% als Initial-Discount auf den Tagessatz – dann haben wir einen fairen Preis. Der Einkäufer grinst ein wenig und sagt – gut, dass sehe ich auch so. Meine Arbeit ist dann hier getan – er bedankt sich bei Chris und verabschiedet sich mit den Worten „Den Rest schafft ihr beide ja sicherlich allein – ich muss zum nächsten Termin.“ Dann verlässt er den Raum. Chris und der Experte klären alles weitere ab – Formsache. Als Chris mir zum ersten Mal diese Story im Rahmen unserer Vorbereitung auf unseren ersten gemeinsamen Fall erzählte, wusste ich, dass ich darüber mal in einer Episode sprechen werde. Allerdings wurde dabei auch deutlich, dass er zwar wusste, womit der Einkäufer ihn getriggert hat, jedoch kannte er bis dato kein probates Mittel, um damit klar zu kommen. Der Vorwurf, unfair zu sein oder zu agieren ist hart – zumindest in meiner Wahrnehmung. Dennoch ist Fairness absolut subjektiv! Wenn ich „Papa – das ist unfair“ zu hören bekomme, weil ich gerade bei Mensch ärger dich nicht eine der Figuren meiner kleinen rausgeschmissen habe, dann löst das eher ein schmunzeln bei mir aus. Sprechen wir über Fußball, dann lande ich da schnell in einer Grauzone. Gebe ich meinem Gegenspieler einen leichten Rempler bei einer Ecke, um mir so ein wenig Platz zu verschaffen, dann ist das für mich noch ok. Werde ich allerdings selbst geschubst, dann ist das natürlich was anderes. Prominente Beispiele für Cleverness & Unfairness gibt es, LEIDER, Massenweise. Schwalben, Schubser, Provokationen und Theatralik gehören schon seit längerem zum Profi-Fußball dazu. Inwieweit das Fair ist, darfst Du natürlich selbst beurteilen. Und im Geschäftsleben ist das nicht anders. Nur gibt es da seltener einen Schiedsrichter… Der Vorwurf meiner Tochter – allerdings mit anderer Ansprache – war in geschäftlichen Verhandlungen lange auch für mich sehr hart. Ich reagierte meistens überrascht auf diesen Vorwurf, schließlich hatte ich vorher ausreichend Beziehungsaufbau betrieben. Zumindest dachte ich das… Mich störte das ebenso, wie es Chris störte – also musste ich etwas ändern. Nur was? Die Gespräche mit meinen Mentoren waren nicht soo hilfreich wie erhofft – denn die Ratschläge gingen über „Das kommt mit der Erfahrung“ und „Du musst mehr Vertrauen aufbauen – dann wirft dir das keiner mehr vor“ bis hin zu „dann agierst Du zu offensiv“ oder „taktisch unklug“. Alles sicherlich richtig, jedoch hat es mir den Kern meiner Frage erstmal nicht beantwortet. Bei Chris Voss, einem der, in meinen Augen führenden Verhandlungsexperten, habe ich einen Ratschlag erhalten, der sich für mich mittlerweile als eine Art Königsweg entpuppt hat – und deshalb auch ein fester Bestandteil meiner Verhandlungsführung wurde. Chris definiert sehr früh in seinen Verhandlungen gemeinsam mit seinem Gegenüber die – ich nenne sie mal – Spielregeln für die Verhandlung. Mit „ich möchte, dass Sie sich zu jederzeit fair behandelt fühlen. Sollten Sie das Gefühl haben, ich sei Ihnen gegenüber unfair, lassen Sie es mich bitte sofort wissen, damit wir dieses Problem dann gemeinsam lösen können.“ legt er eine ganz entscheidende Spielregel fest – und seitdem ich dies auch leicht abgewandelt in den meisten meiner Verhandlungen so mache, habe ich noch kein einziges mal jemanden Gegenüber gehabt, der mir widersprochen hat und gesagt hat – Nein Andreas oder nein Herr Schrader, ich werde es nicht sagen, wenn ich mich unfair behandelt fühle, damit wir das dann lösen können. Der Vorwurf der Unfairness kam übrigens auch nicht mehr, seitdem ich so vorgehe. Das ist demnach auch schon gleichzeitig die Lösung für das – überspitzt gesagt – „Fairness“ Problem. Und mit dieser Vorgehensweise schlägst Du noch 2 zusätzliche Fliegen mit einer Klappe: Du bestimmst die Regeln – wodurch du nahezu automatisch einen entscheidenden Teil der Macht an dich nimmst Und Du baust Vertrauen durch Augenhöhe auf – natürlich nur, wenn Du dich an deine Spielregeln hältst – wozu ich dir dringend rate! Die Fragen Ob und inwieweit Du tatsächlich unfair in deinen Verhandlungen vorgehst und was überhaupt unfair ist, bleiben offen. Tatsächlich kannst nur Du diese für Dich selbst beantworten. So ist das nun mal mit der Subjektivität. Was dir, so zumindest meine Erfahrungen – dazu verhilft als Fair wahrgenommen zu werden sind Respekt eine angemessene Höflichkeit Zuverlässigkeit Verbindlichkeit und einer meiner Lieblingspunkte Augenhöhe. Fairness ist nicht verhandelbar! Das Gefühl „fair behandelt zu werden“ ist, gerade in Verhandlungen essenziell – deshalb ist es auch gleichzeitig ein effektiver Trigger bei den meisten deiner Gegenüber. Das hat auch Chris für sich entdeckt, der zum einen fast gar nicht mehr mit Aussagen wie „Machen Sie mir doch mal einen fairen Preis“ konfrontiert wird, zum anderen nutzt er die Fairness Frage häufiger in seinen Verhandlungen – allerdings überwiegend in internen Verhandlungen – darüber gibt es vielleicht bald auch eine eigene Episode. Was kannst Du also aus dieser Episode für dich mitnehmen? Die Grenze zwischen Unfairness vs. Cleverness ist sehr schmal Lege Spielregeln fest – halte dich daran Gebe deinem Gegenüber die Chance, Probleme offen anzusprechen. Graubereiche sind Ermessenssache Agiere stets: respektvoll mit einer angemessenen Höflichkeit zuverlässig verbindlich und auf Augenhöhe und der Vorwurf der Unfairness wird dir deutlich seltener begegnen – und wenn er dennoch kommt, dann weißt Du nun, wie Du mit diesem Vorwurf umgehen kannst. Wenn Du jetzt auch nur einen dieser Punkte mit in deine nächste Verhandlung einbaust, dann wirst Du mit Sicherheit BESSER VERHANDELN. Gefällt Dir was Du hier hörst oder hat es Dir vielleicht sogar schon weitergeholfen? Dann empfehle meinen Podcast doch deinen Freunden und Bekannten, damit auch diese von den Tipps meiner Gäste sowie von meinen Tipps profitieren. Und falls Du diesen Podcast noch nicht abonniert hast – dann wird es jetzt höchste Zeit ? Ich wünsch dir viel Erfolg bei deinen Verhandlungen. Besten Gruß & bleib gesund Links Andreas Schrader

WirtschaftRatgeber
Besser verhandeln - PRM-Andreas Schrader Folgen
Vertrieb/Sales, Einkauf/Procurement, HR & Recruiting, Projektmanager oder Geschäftsführer - jeder verhandelt. Mehr Gehalt, besseren Preis, es geht oft um Geld in Verhandlungen. Dabei hilft nicht immer das Harvard-Konzept. Wenn Du in Zukunft besser verhandeln möchtest, dann abonniere meinen Podcast und profitiere von dem, was es hier auf die Ohren gibt.
Folgen von Besser verhandeln - PRM-Andreas Schrader
215 Folgen
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Folge vom 22.12.2020Episode 65 - Fairness in Verhandlungen
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Folge vom 14.12.2020Blick über die Tischkante #38 - Karsten PetryKarsten Petry ist ein „Sportbusiness Veteran“ – das wirst Du in diesem Interview schnell raushören können. Du profitierst von unserem gemeinsamen Blick über die Tischkante auf diverse Verhandlungen, die er sowohl mit internen als auch mit externen Partnern geführt hat und heben u.a. hervor, welche gewichtige Rollen Netzwerke, Lunch-Termine und Kaffeetrinken dabei spielen können. Das alles in dieser Episode des PRM-Podcast Besser verhandeln. Im Sommer 2019 zog es mich wieder mal auf das Kölner-Messegelände zum Spobis GM. Dort hörte ich u.a. eine Diskussionsrunde mit Lucas Rachow (in der Funktion als Vertreter der World eSports Associaton, dem CDU-Politiker Johannes Steininger, Thomas Röttgermann von Fortuna Düsseldorf und Karsten Petry, der zu diesem Zeitpunkt noch Managing Director von Octagon. Dabei ging es um die Akzeptanz von eSport in der Gesellschaft und Karsten brachte einige Beispiele, die für mich schnell greifbar gewesen. Da mir Octagon absolut nichts sagte, schaute ich mir kurz deren Homepage an und siehe da – Neben der Auswahl von Sponsorings und Partnerschaften und Portfolio-Analysen bietet die Agentur auch den Service der Vertragsverhandlungen an – Wieso mich das triggert, sollte Dir klar sein. Karsten sprach ich direkt vor Ort an – und so sympathisch, wie ich Ihn auf der Bühne wahrgenommen habe, gab er sich auch daneben. Er war sofort offen für ein Gespräch und auch für ein Interview – einzig die Terminfindung gestaltete sich etwas komplizierter – was ich jedoch eher auf meine Kappe nehme. Vor einigen Tagen haben wir es geschafft und Du erhältst nun Einblicke in die Verhandlungen eines erfahrenen Mannes, der im Sportbusiness aufgewachsen ist. Er war bereits für den Rechtevermarkter Infront, die Agentur Akzio, die später zu einem Teil von Lagardere Sports, bzw. heute SportFive wurde und Octagon tätig. Außerdem sprechen wir etwas ausgiebiger über die Verhandlungen, die er während seiner Zeit als Vice-President / Head of Corporate Sponsoring bei der Commerzbank geführt hat. Da er auch aktiv Start-Ups im Sports-Tech Bereich unterstützt, hat er in einer seiner E-Mail Signaturen „Sportbusiness-Veteran“ stehen. Allerdings muss er selbst schmunzeln, wenn er darüber spricht, denn er kann sich und seine Positionierung schon sehr gut einschätzen. Nun, ich behaupte jetzt einfach mal, dass wir das von einem Menschen wie ihm auch erwarten können. Du kannst heute einiges über interne Verhandlungen, die Wichtigkeit von Netzwerken und ausgiebige Vorbereitungen auf Verhandlungen für dich mitnehmen – und dazu erhältst Du noch einen guten Einblick in die Gedankenwelt eines Mannes, der schon seit Jahren in einer kleinen, teilweise – und ich zitiere: „verkrusteten Branche“ aktiv ist – diese Erkenntnisse könnten auch daraus für dich den ein oder anderen Impuls bereitstellen, z.B. wie Du mit Menschen eines solchen Kalibers in Zukunft verhandeln kannst. Ich wünsche Dir viel Spaß beim Blick über die Tischkante mit Karsten Petry. Andreas Schrader
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Folge vom 08.12.2020Episode 64 - Flexibilität in der VerhandlungWenn du zu denjenigen gehörst, die sehr wohl wissen, dass Erfolg zwar über Nacht kommen kann, sich dieser jedoch meist auf mehrere Nächte verteilt und zudem auch noch mit einer Menge Arbeit verbunden ist, dann bist Du hier genauso richtig, wie diejenigen, die langfristig orientiert weiterkommen möchten und Verhandlungen auf Augenhöhe führen wollen. Und damit Du nicht schon in den ersten Minuten BINGO schreien kannst, mache ich hier jetzt mal einen Cut. Wie flexibel bist Du? Wirst Du nervös, wenn z.B. dein Lieblingspodcast mal eine Woche aussetzt? Flexibilität ist etwas, was ich in 80% der Fälle gut heiße und meistens sehr schätze. Ja, es gibt Einschränkungen, nur sind die heute nicht Bestandteil dieser Episode. Da meine Kleine gerade Pipi Langstrumpf für sich entdeckt, mache ich mir die Welt jetzt auch mal so, wie sie mir gefällt und setze Flexibilität mit Agilität gleich. Wenn Du diesen Vergleich als falsch ansiehst, dann lass uns darüber gerne diskutieren – bei Linkedin zum Beispiel ? Damit auch die Wissenschaft nicht zu kurz kommt: Agilität ist laut meiner Definition der flexible Umgang mit unvorhergesehen Ereignissen oder mit neuen Situationen. Wie gesagt – wer anderer Meinung ist, darf gerne mit mir diskutieren. Wie dem auch sei: Aufzeichnungen zufolge war es Dwight D. Eisenhower, der knapp 2 Monate nach der Geburt meines Vaters den Satz „Plans are worthless, but planning is everything“ sprach und damit ein weiteres Element lieferte, welches später den Weg vom militärischen in Wirtschaftsleben fand. Auch wenn diese Episode durchaus noch weitere Einflüsse diverser militärischer Elemente in die Wirtschaftswelt parat hält, steht das Thema „Flexibilität“ im Vordergrund. Vielleicht mag es jetzt erstmal widersprüchlich klingen, wenn ich Flexibilität als positiv in Bezug auf Verhandlungen bewerte, denn schließlich sage ich ja auch gleichzeitig, dass eine strukturierte Vorgehensweise - also eine effektive Lösung, die sich auch langfristig bezahlt macht und für einen nachhaltigen Effekt bei meinen Kunden sorgt – Ja, ich spreche von der Implementierung einer Verhandlungsstruktur – zu den Dingen zählt, die dich besser verhandeln lassen. Ein Widerspruch? Au Contraire! Und ich verrate auch gerne, wieso – später ? Neudeutsch oder im Markting-BlaBla werden – und da schließe ich mich aktuell noch nicht von aus – ja gerne solche Begriffe wie „Playbook“ oder „Matchpläne“ für solche Struktur-Modelle genutzt. Der Vorteil einer Struktur, gerade für komplexen Situation, wie es Verhandlungen oft sind, liegen auf der Hand. Souveränität, Sicherheit, Fehlerreduzierung usw. In vielen verschiedenen Bereichen deines Lebens triffst Du auf Strukturen und feste Abläufe oder in einem Wort zusammengefasst: Routinen. Routinen können eben vieles erleichtern, Fehler verhindern und Sicherheit geben. Das trifft bis zu einem gewissen Grad auch auf viele Verhandlungen zu. Die Vorbereitung z.B. kann bzw. sollte sogar strukturiert ablaufen. Die Nachbereitung, also das Follow-Up ebenfalls. Und einzelne Elemente in der Verhandlung auch. Nur gibt es da ein paar Haken. Der erste: Wenn alles nach Schema F abläuft, dann wird es irgendwann langweilig. Zumindest, wenn du so gepolt bist, wie ich es bin. Außerdem wirst Du berechenbar – und das, ist ebenfalls mit Vorsicht zu genießen. Der entscheidende Haken ist in meinen Augen: Eine Verhandlung wird nur in Ausnahmesituationen nach Schema F ablaufen, denn jede Verhandlung an sich ist individuell! Training und Simulationen sind das eine (wobei sich auch dort schon deutliche Unterschiede aufzeigen können) – doch die „heiße Praxis“ ist immer noch etwas anderes. Ob selbst ein Trainingsweltmeister unter Wettkampfbedingungen seine Leistungen bringt, also die PS auf die Straße bringen kann, bleibt abzuwarten. Da trennt sich dann die Spreu vom Weizen. Hätte ich hier ein Phrasenschwein, würde mich diese Episode wahrscheinlich ein Vermögen kosten – also – bitte entschuldige die ganze Phrasendrescherei – doch zur Verdeutlichung finde ich dieses Stilmittel hier sehr hilfreich. Festzuhalten bleibt erstmal: Jede Verhandlung ist individuell! Wer Dir also weiß machen möchte, dass er oder sie Dir mit einem Matchplan oder einem Playbook zu geskritpteten Verhandlungen, die immer nach Schema F ablaufen verhelfen kann, der ist entweder dreist und hält Dich für dumm, hat keine Ahnung oder ist einfach nur Größenwahnsinnig – denn egal wie gut die Vorbereitung, egal wie viele Informationen vorliegen und meinetwegen auch richtig analysiert wurden – da, wo Menschen miteinander kommunizieren bleibt immer ein Rest Ungewissheit, der nicht zu 100% vorhersehbar ist. Ok Andi – Eigentor, denn dein Audiobook heißt doch auch „Matchplan“!?! Richtig – ich habe mich bewusst für einen Matchplan, also einen Begriff aus dem Sport entschieden. Anders, als bei einem Playbook – oder, um die Marketing-Romantik mal rauszunehmen – anders als bei einem Drehbuch, wo ja alles nach Plan läuft, beinhaltet ein Matchplan individuelle Spielräume. Und damit Du jetzt nicht dreinschaust, wie Marty McFly und ich jetzt nicht rüberkomme wie Doc Brown, hole ich jetzt mal ein wenig weiter aus: Jürgen Klopp, ein ziemlich bekannter und erfolgreicher Fussball-Trainer, falls Dir der Name nichts sagen sollte, ist einer der Menschen, die mich faszinieren und inspirieren. Er hat genaue Vorstellungen davon, wie sein „Fussball“ gespielt werden soll und was seine Mannschaft dafür tun sollte – So stellt er sie zusammen, und so stellt er sie auch auf und ein. Klar hat er einen Matchplan. Im Sport spricht man gerne davon, dass „die Handschrift des Trainers“ erkennbar ist. Diesen Teil finde ich wichtig und richtig und deshalb transferiere ich dies auch in meine Verhandlungen. Die Handschrift desjenigen, der die Verhandlung führt, darf gerne erkennbar sein. Ein guter Matchplan berücksichtigt neben den eigenen Stärken und Schwächen auch die Stärken und Schwächen des Gegenübers – zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Ja, ich schränke hier bewusst ein, denn hier solltest Du gut unterscheiden zwischen Informationen über deinen Gegenüber und Informationen über die Hintergründe und Motive. Wie Du Informationen über deinen Gegenüber sammeln und interpretieren kannst, habe ich in verschiedenen Episoden schon dargestellt. Es ist die Persönlichkeit, also der Mensch, mit dem Du es in der Verhandlung zu tun hast, das hilft in der Regel weiter. Wieder ein Widerspruch, weil Du an anderer Stelle und vielleicht sogar auch von mir persönlich gehört oder gelesen hast, dass Du dich NICHT am Gegenüber orientieren solltest, sondern es besser ist, sein „eigenes Spiel zu spielen“? Hmm, - Die grundsätzliche Idee, dass wir unser Spiel und nicht das des Gegenübers spielen, entspricht sehr genau auch meiner – bleiben wir mal in dem Terminus – Spielidee. Allerdings, und ich bin mir sicher, dass ich mit dieser Interpretation nicht allein bin, „interessiert der Gegner SEHR WOHL“. Jeder Matchplan ist individuell auf jedes einzelne Spiel zugeschnitten – besitzt jedoch eine klare Struktur. Gegen ein Team, die sich aufs Kontern fokussiert spielst Du anders als gegen ein Truppe, die selbst das Spiel machen will. Je nachdem, welches – entschuldige den Ausdruck „Spielermaterial“ dein Gegenüber zur Verfügung hat, stellst Du auch dein Team auf. Das sind insgesamt sowohl strategische als auch taktische Fragen, die im Rahmen der Vorbereitung beantwortet werden. Zudem berücksichtigt ein professioneller Matchplan viele verschiedene Szenarien, auch unschöne, wie z.B. Gegentreffer, Spielerwechsel, System/Taktik-Wechsel der Gegenseite oder Platzverweise. Und da sind wir dann beim Thema „Flexibilität“. Genau das ist der entscheidende Punkt und gleichzeitig auch das, was für viele Profis, die ich kenne, oft den Reiz ausmacht. Es geht darum, trotz einer strukturellen Vorgehensweise möglichst flexibel zu bleiben. Beim Fussball sind Gegentreffer Resultate von Fehlern. Wenn dich dieser Treffer komplett aus der Bahn wirft und Du deinen Matchplan deshalb komplett während des Spiels aus den Augen verlierst geht das erfahrungsgemäß nach hinten los. Spielst Du dein Spiel weiter, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass Du den Ausgleich erzielst und ggfs. sogar später in Führung gehst und das Spiel gewinnst. Natürlich stark vereinfacht dargestellt, denn so einfach ist es am Ende dann doch nicht. Doch die Botschaft ist klar, oder? Bei Basketball und Handball rechnest Du Gegentreffer mit ein – diese sind dort Bestandteil eines jeden Matchplans. Da sind individuelle Strafen (Basketball) oder Zeitstrafen (Handball) eher die Konsequenzen von Fehlern. Und auch diese sind – Achtung Spoiler – in einem der nächsten Interviews mit meinem Gast für dich herausarbeiten ? Bestandteil des Matchplans. Die Wichtigkeit des Matchplans sollte Dir jetzt schon etwas bewusster sein, oder? Gut - Wenn Du diese Episode hörst und später dazu den passenden Linkedin Post bei mir siehst, dann glaube ich, stehen die Chancen sehr gut, dass das Zitat „Kein Kriegsplan überlebt den ersten Zusammenstoß mit dem Feind“ oder zumindest eine Abwandlung davon (was übrigens – und das wird dich wenig überraschen - einen militärischen Hintergrund hat. Es stammt von entweder von Moltke oder von Clausewitz, je nachdem, wo Du suchst) in den Kommentaren auftaucht. Schon wieder Militär – echt jetzt? – Ja, nur darum geht’s hier gerade nicht ? Außerdem macht dieses Zitat durchaus auch in diesem Kontext Sinn, allerdings bevorzuge die leicht abgewandelte Version „Jeder hat einen Plan bevor er ins Gesicht geschlagen wird.“ die ist zwar nur wesentlich martialischer, jedoch ist der Ursprung etwas humaner, denn dieses Zitat wird Cus D’Amato, dem damaligen Trainer von Mike Tyson zugeordnet. Und das spiegelt auch ein Stück weit das wider, was ich Dir hier heute nahe legen möchte. Punkt 1 – lass dich nicht von einem Gegentreffer aus dem Konzept werfen. Punkt 2 – wenn Du merkst, dass das ganze Spiel in die falsche Richtung geht, dann nutze deine vorher definierten Szenarien, um die Verhandlung entweder zu unterbrechen oder gar später abzubrechen. Also Time-Out oder Spielabbruch, um in der Sportsprache zu bleiben. Beides sollte übrigens fester Bestandteil deiner Vorbereitung sein. ? Wenn der Gegentreffer so wirkungsvoll gewesen ist, dass Du ein Time-Out, also eine Pause wählst, dann analysiere dabei die Situation und ggfs. optimiere deine Taktiken. Solltest Du allein und nicht im Team verhandeln, dann nutze diese Pause auch für Dich taktisch. Hier wird, ganz nebenbei nochmal die Wichtigkeit von Alternativen deutlich – und darunter fällt auch das, was die Harvard-Elite mit BATNA – der Best Alternative to a Negotiated Agreement meint. Hast Du an dieser Stelle keine Alternative bzw. siehst Du keine Alternative – dann wird es gefährlich. Wichtig – und, wenn ich mich festlegen müsste, wäre es der für mich wertvollste Punkt, den Du aus dieser Episode für deine Verhandlungen mitnehmen kannst, ist: Behalte dir einen Teil Flexibilität und halte nicht stur an festen Strukturen fest. Falls noch ein Bingo offen ist: Bleib Agil in deinen Verhandlungen. Vor- und Nachbereitung von Verhandlungen sollten strukturiert und gerne nach Schema F ablaufen. Ein professioneller Matchplan berücksichtigt: Die eigenen Stärken Die eigenen Schwächen Die Persönlichkeit des Gegenübers Verschiedene Szenarien Best Case Worst Case Abbruch Rückschläge Jede Verhandlung ist individuell – wer Dir ein starres Playbook für Verhandlungen als Erfolgskonzept vermitteln möchte, der hält dich für dumm. Lass Dich nicht von einem Gegentreffer aus dem Konzept werfen Nutze Taktische Pausen oder einen taktischen Abbruch, wenn die Verhandlung aus dem Ruder läuft. Deine Handschrift darf ruhig erkennbar sein – dennoch gilt: Bleib Flexibel – oder wenn Du lieber Neudeutsche-Berater-Modewörter nutzen magst, dann bleib „agil“ in deinen Verhandlungen Und wenn du jetzt auch nur einen dieser Tipps mit in deine nächste Verhandlung einbaust, dann wirst Du mit Sicherheit BESSER VERHANDELN. Und wenn Dir wer einfällt, dem meine Inhalte gefallen und vor allem WEITERHELFEN könnten, dann empfehle mich gerne weiter. Und kleiner Reminder am Schluss: Falls Du den Podcast noch nicht abonniert hast – JETZT ist der RICHTIGE ZEITPUNKT dafür ? Viel Erfolg bei deinen Verhandlungen – und bleibt gesund Links Andreas Schrader
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Folge vom 23.11.2020Blick über die Tischkante #37 - Janet Braun - sensitiv erfolgreich„Profiler“ ist eine Berufsbezeichnung, die ich meiner Großmutter und vielleicht auch meinen Eltern erstmal erklären müsste. Da Alexa zwar den PRM Podcast abspielen kann, mich jedoch schon mal so richtig bei Wissensfragen enttäuscht hat, habe ich erstmal bei Wikipedia reingeschaut, um hier auch Nennenswerte Quellen zu zitieren. Das deutschsprachige Wikipedia liefert 5 Treffer – auf die Treffer Scheinwerfer aus der Theaterbeleuchtung, ein Oberbegriff für eine Analyse-Software sowie die gleichnamige Fernsehserie gehe ich mal nicht tiefer ein. Hilfreicher sind da eher die Antworten: Fallanalytiker, die für die Polizei Profile von Straftätern erstellen und die Kundenprofiler, die, wie der Name schon sagt – Kundenprofile für Zielmarketing erstellen. Den Fallanalytiker-Treffer finde ich besonders spannend – denn die Beschreibung der Tätigkeit kann in meinen Augen fast 1:1 in die Wirtschaft transferiert werden – nur bitte ohne den kriminalistischen Hintergrund ? Was mir besonders aufgefallen ist, ist die Abgrenzung bei Wikipedia: Fallanalytiker erstellen weder „psychologische Täterprofile“ noch „charakteristische Erscheinungs- und Persönlichkeitsbilder eines unbekannten “ Außerdem wird der Begriff „Profiler“ oder „Profiling“ für diese Tätigkeit, weil inhaltlich unzutreffend, vermieden. Auch beim gibt es keine Position oder Aufgabenbeschreibung für „Profiler“ oder das „Profiling“. Dort spricht man eher von „criminal investigative analysis“, die von speziell ausgebildeten FBI-Kriminalbeamten ausgeführt werden. Also ist da wieder eine Menge Marketing im Spiel. Das zu bewerten, überlasse ich Dir selbst. ? Gut – nun weiß Oma jedoch noch immer nicht so genau, was sich hinter der Bezeichnung Profiler verbirgt. Falls Du bei dem Namen Janet Braun nun die gleichen Fragezeichen über dem Kopf schweben hast, wie Oma bei „Profiler“, dann versuche ich jetzt einen Teil der Fragezeichen zu eliminieren: Janet Braun ist gebürtige Hamburgerin – Profilerin und Du könntest sie vielleicht aus ihrem Podcast „Sensitiv Erfolgreich“, den sie selbst produziert, kennen. Diesen lege ich dir hier schon mal wärmstens ans Herz bzw. ins Ohr ? Außerdem, das greife ich schon mal vorweg – hat Sie einen ausgeprägten Bullshit Radar – was als Hinweis zu Beginn eines Interviews einen spannenden Anker darstellt – Ja – es wird lustig ? In unserem Gespräch gibt es eine Menge wertvoller Punkte, was u.a. dafür sorgt, dass meine Zusammenfassung allein 9 Punkte beinhaltet und dabei habe ich locker nochmal 4-5 wertvolle Dinge ausgelassen. Die nächsten knapp 55minuten beantworten z.B. die Fragen Ob und wie Du Profiler werden kannst? Was Sie als Profiler unter der berühmten Authentizität versteht Was dir die Fuß Stellung und die Haltung deines Gegenübers über ihn verraten Und noch eine ganze Menge mehr. Außerdem räumt sie mit altbekannten Fehlern der Körpersprache auf, gibt Ratschläge für Online-Verhandlungen und zu guter Letzt übermittelt Sie auch noch eine schlechte Nachricht an alle Künstler ... Ja, es wird, wie immer spannend und da ich wieder eine Menge für mich mitnehmen konnte, bin ich mir sicher, dass Du das auch kannst. Oma kann ich jetzt jedenfalls erklären, was Janet Braun als Profiler macht und für mich noch viel wichtiger – wie ich davon in Verhandlungen profitieren kann. Wenn Du auch von Ihren Tipps profitieren magst, dann höre erstmal gut zu und mache Dir später bei der Wiederholung deine Notizen – ich wünsche Dir jetzt viel Spaß beim Blick über die Tischkante mit Janet Braun. Links: Andreas Schrader