Mit „Lichtspiel“ legt Daniel Kehlmann nicht nur ein Portrait des legendären Filmregisseurs Georg Wilhelm Pabst vor, sondern auch eine Parabel über die künstlerische Arbeit innerhalb eines totalitären Regimes. Einige starke, nämlich wild-groteske Szenen im Zentrum des nationalsozialistischen Machtapparates überzeugen, doch die biografische Fiktion enttäuscht insgesamt. Viele Pointen sind vorhersehbar, die größtenteils biedere Prosa entwickelt sich zur Nummernrevue. Selbst Pabst war unter widrigen Bedingungen experimentierfreudiger als der Schriftsteller Kehlmann.
Rezension von Carsten Otte.
Rowohlt Verlag, 480 Seiten, 26 Euro
ISBN 978-3-498-00387-6

Kultur & Gesellschaft
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Folge vom 15.10.2023Daniel Kehlmann – Lichtspiel | Buchkritik
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Folge vom 15.10.2023„Die Verbrennung". Berichte – Erinnerungen – Mutmaßungen zum Tod von Ingeborg Bachmann in RomVor fünfzig Jahren starb die Dichterin Ingeborg Bachmann nach einem Brandunfall in ihrer Wohnung in Rom. Eine Vertraute ihrer letzten Lebensjahre, die Lyrikerin Christine Koschel, veröffentlichte 2014 ein Protokoll der Zeit zwischen Unfall und Ableben. Nicht die schweren Verbrennungen hatten zu Bachmanns Tod geführt, sondern ihre Tablettenabhängigkeit, da den Ärzten der Name des Psychopharmakons verschwiegen wurde. Die Familie fürchtete um den Ruf der berühmten Dichterin, das Ärztepaar, das Bachmann mit dem Medikament versorgt hatte, schwieg aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen. Erst im letzten Augenblick gaben sie den Namen „Seresta" preis, da war es zu spät. Einige Freunde erstatteten später Anzeige: Bachmann sei ermordet worden. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Mord war es nicht, jedoch: „Man stirbt an dem, was mit einem angerichtet wird", so Ingeborg Bachmann. Das Feature verwebt Christine Koschels Erinnerungen, ergänzt und relativiert durch andere Quellen, mit der Stimme Bachmanns zu einem Bild der Dichterin an der Schwelle des Todes. Sie starb am 17.Oktober 1973. (Produktion ORF 2022)
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Folge vom 12.10.2023Jenny Odell – Zeit finden. Jenseits des durchgetakteten LebensZeit ist Geld? Die Künstlerin und Essayistin Jenny Odell erkundet Zeitkonzepte abseits kapitalistischer Optimierungsstrategien. Aus dem Englischen von Annabel Zettel C.H.Beck Verlag, 440 Seiten, 28 Euro ISBN 978-3-406-80770-1
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Folge vom 11.10.2023Tijan Sila – Radio SarajevoDer 1981 in Sarajevo geborene Tijan Sila kam 1994 als Kriegsflüchtling nach Deutschland. Heute arbeitet er als Lehrer in einer Berufsschule in Kaiserslautern. Sein neues Buch „Radio Sarajevo“ erzählt auf beeindruckende Weise von einer Kindheit in sozialer Verwilderung und von den Traumata des Krieges. Hanser Verlag, 174 Seiten, 22 Euro ISBN 978-3-446-27726-7