NachrichtenKultur & Gesellschaft
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Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 20.12.2022Nansens NobelpreisredeHeute kommt eine besondere und beeindruckende Persönlichkeit des 19. und 20. Jahrhunderts zu einem besonderen Anlass zu Wort. 1922 bekam der Norweger Fridtjof Nansen den Friedensnobelpreis zugesprochen und hielt bei der Verleihung diese in der Vossischen Zeitung vom 20. Dezember abgedruckte Rede. Hatte er bei seiner wissenschaftlichen Tätigkeit als Zoologe mit Arbeiten über das Zentralnervensystem wirbelloser Meerestiere Beiträge zur modernen Neurologie geliefert, so unternahm der danach unzählige Forschungsreisen ins nördliche Polarmeer, die die Untersuchung dieser Gebiete revolutionierten und den Nordpolexpeditionen den Weg bahnten. Als er bereits ein Identifikationsfigur der Norweger war, engagierte er sich politisch für eine Unabhängigkeit Norwegens und sicherte diese als Diplomat in London ab. Anschließend wirkte er als Hochkommissar für Flüchtlingsfragen beim Völkerbund und organisierte Hilfe bei Hungersnöten und für Flüchtlinge. Insbesondere sein Nansen-Pass für staatenlose Flüchtlinge hat Bekanntheit erlangt. Und für diese letzte Station seines Lebens erhielt er den Friedensnobelpreis. Wenig verwundert es da, dass seine Dankesrede ein flammender Appell an die Menschlichkeit ist und die Hoffnung auf einen Friedensbund aller Staaten der Welt setzt. Paula Leu liest.
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Folge vom 19.12.2022Das Ende der ersten deutschen EisenbahnDie deutsche Eisenbahngeschichte begann bekanntlich im Jahr 1835 mit der Inbetriebnahme der Ludwigseisenbahn auf der Strecke zwischen Nürnberg und Fürth. Erstere, also die deutsche Eisenbahngeschichte, dauert – dank der Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte bisweilen mehr schlecht als recht – bis heute fort; letztere hingegen, die Ludwigseisenbahn, stellte vor einhundert Jahren ihren Betrieb unwiderruflich ein. Sei es aus Nostalgie, sei es aus mangelnder ökonomischer Perspektive war sie nie wirklich modernisiert, sondern bis 1922 quasi als Museumsbetrieb fortgeführt worden. Dann war nach 87 Jahren, auch unter dem Eindruck der galoppierenden Inflation, Schluss. Die Vossische Zeitung nimmt dies am 20. Dezember in Person von Alfred Neuburger zum Anlass für einen durchaus wehmütigen Abgesang. Neuburger war ein höchst erfolgreicher Autor zahlreicher populärwissenschaftlicher Bücher und galt zu seiner Zeit als so etwas wie der „Star des naturwissenschaftlich-technischen Feuilletons“. 1943 wurde er gemeinsam mit seiner Frau Minna nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 18.12.2022Hitlers ‘Truppenparade’US-amerikanische Milliardäre, die einen Teil ihres Vermögens in die Entwicklung rechtsextremer Parteien dies- und jenseits des Atlantischen Ozeans investieren, sind offensichtlich ein epochenübergreifendes Phänomen. Ob Automobilpionier Henry Ford in den 1920er Jahren den Aufbau der NSDAP tatsächlich mitfinanzierte, gilt bis heute als ungeklärt. Dass Ford wegen seines bekennenden Antisemitismus von Hitler verehrt wurde, ist hingegen Allgemeingut und war auch der Berliner Volks-Zeitung bereits im Jahr 1922 bekannt. Ansonsten gießt diese in ihrem kurzen Bericht vom 18. Dezember über eine ‘Truppenparade‘, die die Nazis in München angestrengt hatten, jede Menge Spott aus. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 17.12.2022Der Mord am polnischen PräsidentenKaum anders als in der jungen Weimarer Republik waren auch die ersten Nachweltkriegsjahre des in ihrem Osten wiedererstandenen polnischen Staates von heftigen Wirtschaftskrisen, Inflation, Grenzstreitigkeiten und großer politischer Instabilität geprägt. Nationalistische Kräfte unterminierten auch hier den Ausgleich mit den Nachbarstaaten sowie den nationalen Minderheiten und versuchten die ohnehin labilen demokratischen Strukturen mit Agitation und Terror von Beginn an auszuhöhlen. Vier Jahre des stark vom Polnisch-Sowjetischen Krieg geprägten Übergangs hatte es gedauert, bis Polen überhaupt einen ersten gewählten Präsidenten erhalten hatte. Und dann fiel besagter Gabriel Narutowicz, der seine Wahl einem Bündnis der Linken mit der Bauernpartei und den Minderheitenparteien verdankte, nur fünf Tage später einem rechtsgerichteten Attentat zum Opfer. Polen war erschüttert, und auch im damals noch nicht ganz so nahen Berlin blickten die Tageszeitungen am 17. November 1922 aufgeschreckt nach Warschau. Hier tun dies die Berliner Morgenpost – und Frank Riede.