NachrichtenKultur & Gesellschaft
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Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 03.04.2022Die sozialistische Weltkonferenz in BerlinHeute verstehen wir unter “KI" Künstliche Intelligenz und knüpfen - zumindest in einigen Bereichen – ein Heilsversprechen an diese selbstlernenden Systeme. So warten wir etwa auf die KI, die Texte in Frakturschrift automatisch erkennt und transkribiert. Vor hundert Jahren stand “KI” für “Komintern”, also für die “Kommunistische Internationale”, zu der sich 1919, auf Betreiben der Moskauer Bolschewiki, kommunistische Parteien der Welt vereinigten. Nun bestand das Problem darin, dass die KI wiederum auch die "Dritte Internationale” war und nun nach einer Vereinigung mit der “Zweiten Internationale”, der 1889 in Paris gegründeten “Sozialistischen Internationale” strebte, um eine einheitliche Vertretung der Arbeiterschaft, des Proletariats zu schaffen. Doch dann war da seit 1914 noch die Abspaltung von der “Zweiten Internationale”, die als “Zweieinhalbte Internationale” bezeichnet wurde. Anfang April 1922 traf man sich zu Gesprächen in Berlin, um zu sondieren. Folgen wir dem Beobachter des Berliner Tageblatts, das am 3. April berichtete, so verlief der Start, nun ja, holprig. Frank Riede gibt Einblick.
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Folge vom 02.04.2022Die Stromversorgung von “Groß-Berlin”Schon vor 100 Jahren war die Erwartungshaltung omnipräsent, dass wenn ein Lichtschalter gedreht wurde, die daran angeschlossene Lampe auch aufleuchtete. Und geschah dieses Wunder der Elektrizität nicht, wurde in Richtung des Elektrizitätswerkes geschimpft. Dabei war die Versorgung der Berliner Industrie und der Privathaushalte mit ihrem stetig steigenden Energiehunger eine komplizierte Herausforderung, über die das Berliner Tagblatt vom 2. April 1922 seine Leser:innen aufklärte. Sie erfuhren, aus welchen Elektrizitätswerken über welche Umspannwerke der Strom die Haushalte erreichte. Sie lasen aber auch den Satz: „Ohne Kohle keine Elektrizität.“ Und der gilt leider noch heute. Paula Leu forscht für uns der Frage nach, wie der Strom in die Berliner Steckdose kam.
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Folge vom 01.04.2022Schiffe, die nachts miteinander sprechenDas Wort „wireless“, erfahren wir in unserem heutigen Artikel aus dem 8-Uhr-Abendblatt vom 1. April 1922, ist nicht erst ein Modeanglizismus des 21. Jahrhunderts, sondern elektrisierte auch schon Technikfreaks vor einhundert Jahren. Seinerzeit war man natürlich noch nicht kabellos mit dem Internet verbunden, aber ein Netz war es doch auch, welches die Funktelegrafie über die Welt legte und die Menschen über große Entfernung miteinander global in Kontakt treten ließ. Das galt interessanterweise selbst auf dem Wasser, wo bisweilen wohl die Verbindung zum Festland abreißen konnte, jedoch fast immer die Kommunikation mit anderen Schiffen intakt blieb. Den Erfahrungsbericht eines dänischen Journalisten an Bord der „Peru“ auf ihrem Weg von der englischen Kanalküste nach dem Indischen Ozean teilt für uns, als mitreisender Klabautermann von Auf den Tag genau, Frank Riede.
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Folge vom 31.03.2022Paris, Bataclan etceteraDas Pariser Vergnügungsetablissement mit Konzertsaal Bataclan, das in orientalisierender Architektur 1865 errichtet und nach einer Operette von Jaques Offenbach benannt wurde, ist heute ein Ort, der an die Attacken durch den islamistischen Terrorismus in Frankreich erinnern lässt, richtete hier ja während eines Konzerts am 13. November 2015 eine dreiköpfige Dschihadistengruppe ein Blutbad an, bei dem 89 Konzertbesucher starben. Man könnte sagen: Das Ziel war sorgfältig gewählt. Traditionell hatte das Bataclan den Ruf, besonders für das lebensfrohe, libertinäre Partyvolk ein Magnet zu sein. Vor einhundert Jahren zeugt davon der Artikel von Mara Herberg vom 31. März 1922 aus der BZ am Mittag, in dem die Autorin das Leben, die Mode, den wiederkehrenden Luxus von Paris schildert – und eben auch die abendliche Vergnügungssucht. Doch sie ist nicht nur fasziniert von den Parisern und Pariserinnen. Der etwas spöttische Blick läuft auf eine klare Anklage hinaus, auf wessen Rücken die rauschenden Feste im Bataclan eigentlich gefeiert werden. Den Text, in dem Herberg zur Beschreibung des Publikums auf den Straßen von Paris heute zurecht nicht mehr salonfähiges rassistisches Vokabular benutzt, liest für uns Paula Leu.