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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 20.12.2021„Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden!“Die Kommunistische Partei Deutschlands war Anfang der 1920er Jahre noch nicht ganz der monolithisch-linientreue Vasall ihrer bolschewistischen russischen Schwesterpartei, als der sie sich in späterer Weimarer Zeit unter Ernst Thälmann präsentierte. Dennoch zeichnete sich bereits auch schon damals eine klare Orientierung nach Moskau und eine entsprechend kritiklose Begeisterung für die Entwicklung in der werdenden Sowjetunion ab. Wäre die Geschichte unter einer Vorsitzenden Rosa Luxemburg womöglich anders verlaufen? Wäre die KPD unter ihrer Mitbegründerin auf einem eigenständigeren, weniger autoritären Kurs geblieben? Eine im Herbst 1921 erschienene Publikation mit nachgelassenen Schriften der knapp drei Jahre zuvor ermordeten Luxemburg legt dies nahe. Selbst das bürgerliche Berliner Tageblatt zeigt sich von der Lektüre angetan und stellt seinen Bericht vom 20. Dezember unter ein berühmtes, nicht zuletzt auch später in der DDR bedeutsam gewordenes Zitat. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 19.12.2021Der blaue VogelDer Aufstieg Berlins zur größten russischen Metropole außerhalb Russlands war Ende 1921 bereits in vollem Gange und zog zunehmend auch im Kulturleben seine Spuren. Von dem mehrwöchigen Gastspiel des legendären Moskauer Künstlertheaters und seiner Aufnahme bei der größtenteils vor der Revolution gen Westen (und besonders zahlreich nach ‘Charlottengrad‘) getürmten russischen Exil-Community war in den letzten Wochen in diesem Podcast schon zweimal die Rede. Daneben ließ aber auch zunehmend hier vor Ort eine äußert lebendige russische Kleinkunstszene immer neue Ensembles aus dem Boden sprießen. Dessen vielleicht berühmteste Institution, Der blaue Vogel von Igor Jushny, öffnete vor einhundert Jahren im damals kulturell noch etwas abgelegenen Schöneberg seiner Pforten. Für die Vossische Zeitung berichtete am 19. Dezember 1921 Moritz Goldstein von der Eröffnung, für uns tut dies hier und heute Frank Riede.
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Folge vom 18.12.2021Weihnachtsmarkt auf St. PauliWer kennt die beliebte altväterliche Klage nicht, dass Weihnachten immer mehr in Konsum ersticke und früher alles besinnlicher gewesen sei? Vielleicht stimmt das sogar, aber dann muss dieses „früher“ länger als einhundert Jahre zurückliegen oder damit zumindest nicht Hamburg gemeint sein. Was die Berliner Volks-Zeitung ihren Berliner Leserinnen und Lesern am 18. Dezember 1921 vom Weihnachtsmarkt auf dem Heiligengeistfeld vermittelt, klingt auf jeden Fall mehr nach Rummel und St. Pauli als nach Kerzenschein und Fachwerkbudenbeschaulichkeit. Remmi-demmi statt Stille Nacht. Oder um es mit Loriot zu sagen: Letztes Jahrhundert war auch nicht mehr Lametta. Beziehungsweise eben gerade doch. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 17.12.2021Das fliegende NachtquartierNachdem nahezu alle Nachtzugverbindungen eingestellt worden waren, erlebt der europäische Schienenverkehr gerade eine Renaissance der Nachtzüge. Reist man in solch einem Schlafabteil, so gleicht dessen Aufbau einem Schlafzugabtei 3. Klasse aus dem Jahre 1921. Damals freilich wurden von der Deutschen Bahn diese neu entworfenen Nachtzug-Wagons der Öffentlichkeit präsentiert und für einen Testbetrieb freigegeben. Für eine erste Fahrt wurden sie mit Vertretern der Berliner Presse befüllt, die auch in großer Zahl in ihren Zeitungen darüber berichteten. Es war eines der Verkehrsinfrastruktur-Ereignisse des Jahres. Neben den neuen Schlafwagen wurde auch ein Unterrichtswagon eingeführt, in dem passender Weise auch die Präsentationen stattfanden. Mit Film- und Fotoprojektoren ausgestattet sollten diese Wagons als fahrbare Schulungsstätten für das Bahnpersonal auch in entlegenen ländlichen Gegenden genutzt werden. Kommst du nicht zur Fortbildung, kommt die Fortbildung zu dir. Wir bringen heute den Reisebricht aus dem Vorwärts vom 17.12. Für uns quetschte sich Frank Riede durch die Abteile.