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Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
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Folge vom 05.07.2020Aufbau-ArchitekturBruno Taut ist besonders durch seine ‚Hufeisensiedlung’ in Britz oder die Anlage ‚Onkel Toms Hütte’ in Zehlendorf als eminenter Vertreter des sogenannten ‚Neuen Bauens’ in Berlin bekannt. Ein Architekturvisionär, dessen Gebäude ihre Funktionalität und Ästhetik verbindende Modernität bis heute gewahrt haben. Am 5. Juli 1920 bespricht Taut für die ‚Freiheit’ das Buch „Aufbau-Architektur“ von Walter Müller-Wulckow und lobt dessen scharfe Kritik an den architektonischen Verirrungen des zurückliegenden Jahrhunderts. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 04.07.2020Alte Musik: Händel-Renaissance in GöttingenAls Schöpfer der Feuerwerksmusik, der Wassermusik und berühmter Oratorien wie des Messias, galt Georg Friedrich Händel auch schon vor einhundert Jahren als einer der großen Meister deutscher Tonkunst. Völlig in Vergessenheit geraten war seinerzeit paradoxerweise hingegen, wofür er zu Lebzeiten in erster Linie gefeiert worden war: seine über 40 Opern. Dass einige Musiker und Wissenschaftler um den Kunsthistoriker Oskar Hagen 1920 in Göttingen eine Wiederaufführung seiner Rodelinda auf die Beine stellten, hatte vor diesem Hintergrund den Charakter einer echten Pioniertat, deren musikhistorische Bedeutung kaum zu überschätzen ist. Die Ausgrabung der Rodelinda läutete nicht nur eine bis heute fortdauernde sogenannte Händel-Renaissance in der Oper ein. Als erstes Festival für Alte Musik überhaupt markierten die damit begründeten Göttinger Händel-Festspiele tatsächlich ein Schlüsseldatum der gesamten gleichnamigen Bewegung. Die Vossische Zeitung hatte also den richtigen Riecher, als sie damals einen Berichterstatter in die niedersächsische Theaterprovinz entsandte, dessen Rezension vom 4. Juli das Potential der Barockoper für die Musikbühne des 20. Jahrhunderts bemerkenswert klar erkennt. Für uns liest Frank Riede.
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Folge vom 03.07.2020Königin der NachtVon Biologen nach der Mondgöttin im alten Griechenland ‚Selene’ genannt, ist die Königin der Nacht vor allem unter Hobby-Botanikern eine mythische Blume. Die meiste Zeit des Jahres zeigt sich das Kakteengewächs eher schlicht. Die außergewöhnliche Pracht ihrer Blüte aber macht sie zu einer Sensation, die den Botanische Garten Berlin früher regelmäßig zu einer extra Ankündigung veranlasste. An die alten Zeiten, als noch Scharen von Liebhabern in die Potsdamer Straße pilgerten, um das Ereignis zu bewundern, erinnert sich der Kolumnist der Berliner Volkszeitung, Karl Fischer, wehmütig in seinem Beitrag vom 3.7.1920. Mittlerweile - der botanischen Garten wurde zwischenzeitlich aus der Stadtmitte ins ferne Dahlem verlegt - werbe der eigentlich mit ganz anderen Attraktionen aufwartende Lunapark mit der Blume. Die Königin der Nacht als Teil einer seichten Vergnügungsschau im Grunewald. Skandal! Es liest Paula Leu.
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Folge vom 02.07.2020Kriegsreparation: Genter AltarDer sogenannte Genter Altar des Jan van Eyck zählt zu den Prunkstücken der altniederländischen Malerei und zu den bekanntesten Polyptichen der Kunstgeschichte überhaupt. Dabei war er über lange Zeit seiner Existenz paradoxerweise gar nicht als Einheit zu besichtigen. Erstmals bereits im Bildersturm der Calvinisten und später neuerlich auch von den Habsburgern demontiert, wurde der Mittelteil mit der berühmten Szene der Anbetung des Lammes von napoleonischen Truppen schließlich nach Paris verschleppt, derweil die Seitentafeln in den Handel und von dort in den Besitz des preußischen Königs wanderten. Eine plötzliche Möglichkeit, den berühmten Flügelaltar mit all seinen Einzelteilen wieder an seinem Genter Ursprungsort in der Kathedrale Sint Bavo zusammenzuführen, ergab sich nach dem Ersten Weltkrieg. Das vom Deutschen Reich unschuldig überfallene Belgien verhandelte die ‘Rückgabe‘ der Tafeln in den Versailler Friedensvertrag hinein, und tatsächlich verschwanden diese wenig später aus ihrem Kabinett im Kaiser-Friedrich-Museum. Die Vossische Zeitung vom 2. Juli 1920 zeigte sich über den vermeintlichen, die Haager Kriegsrechtkonvention von 1904 tatsächlich verletzenden ‘Kunstraub‘ empört. Es liest Frank Riede.