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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 20.10.2020Bergarbeiterstreiks in EnglandBergarbeiterstreiks kennt man aus der Geschichte Großbritanniens. Auch 1920 demonstrierten Kumpel im ganzen Land gegen die Privatisierung des international immer weniger konkurrenzfähigen Bergbaus und für eine fairere Besoldung. So brachten sie ihren Protest bis vor den Amtssitz des Premierministers, die Downingstreet. An anderen Orten wurde es blutig. Die Berliner Volkszeitung vom 20.10.1920 berichtet von diesem ‚Riesenkampf in England’. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 19.10.2020Österreich hat gewähltÖsterreich hat gewählt, und ähnlich wie bei der letzten Abstimmung zum Nationalrat 2019 jubelte auch im Herbst 1920 das christlich-konservative Lager über deutliche Zugewinne und eine sich abzeichnende Regierungsmehrheit. Die Freude wurde, wenig überraschend, auch von den politischen Freunden im ‘Reich‘ geteilt, so von der Germania, Zentralorgan der katholischen Zentrumspartei, die in ihrem Bericht vom 19. Oktober über das Ende der „sozialistischen Misswirtschaft“ frohlockt. In die Genugtuung über den ausgemachten Sieg des christlichen Österreich mischen sich dabei auch ein paar ganz affirmativ aus der österreichischen Presse herbeizitierte, selten unverblümt antisemitische Töne – welche überdeutlich verraten, dass es mit einer konsequenten Abgrenzung nach ganz rechts, ins dritte, ‘völkische‘ Lager nicht allzu weit her war. Das soll heute in Deutschland wie in Österreich ja ganz anders sein ... Es liest Frank Riede.
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Folge vom 18.10.2020Kärnten ungeteiltDer Erste Weltkrieg hatte Österreich jäh um seine europäische Großmachtstellung gebracht und auf einen Bruchteil seines einstigen Territoriums zusammenschrumpfen lassen. Umso größer fiel der Jubel aus, als sich im Herbst 1920 wenigstens die Kärntner für einen Verbleib bei Wien entschieden – und zwar nicht nur die deutschösterreichischen Kärntner, sondern auch viele slowenische, ‘windische‘ Kärntner, die in der südlichen Abstimmungszone B eigentlich die Mehrheit stellten, überraschend aber kein Votum für einen Anschluss an das neugründete Jugoslawien herbeiführten. Die Vossische Zeitung vom 18. Oktober 1920 jubelt im fernen Berlin mit und analysiert etwaige historische, wirtschaftliche und geographische Gründe für diese Entscheidung. Es liest Paula Leu.
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Folge vom 17.10.2020Die Tänzerinnen-HochflutLola Bach, genaues Geburtsdatum unbekannt, ca. so alt wie das Jahrhundert, tanzte 1920 noch überwiegend bekleidet, wurde aber ein Jahr später zu einer vom Justizapparat verfolgten Verfechterin des Nackttanzes. Valeska Gert (28 Jahre alt), die später einige ikonische Rollen in Stummfilmen von Georg Wilhelm Pabst spielen würde, war 1920 mit ihren satirischen Tanzparodien eine Bekanntheit. Olga Desmond hingegen war mit 30 Jahren bereits eine Legende der Tanzszene in Berlin. Auch sie hatte Konflikte mit dem Gesetz wegen zu freizügiger Auftritte, war aber so populär, dass sogar Kosmetikprodukte nach ihr benannt wurden. So vielfältig, innovativ, lebendig und verrufen diese Tänzerinnenszene war, so gab es im Feuilleton auch ernsthafte Tanzkritiker, die mit hohen künstlerischen Ansprüchen die Tanzauftritte verfolgten. Ganz frei von sexistischen und moralinsauren Beobachtungen waren aber selbst sie nicht, wie auch das Beispiel aus der Berliner Börsen-Zeitung vom 17. Oktober 1920 belegt. Es liest Paula Leu.