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Auf den Tag genau Folgen
Aus dem Kiez in die Welt, von der Oper in den Boxring – mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Hauptstadtpresse heute vor 100 Jahren tauchen wir ein in die Fragen und Debatten, die das Berlin von 1920 bewegten. Halte dich informiert und bleib auf dem Laufenden über eine Welt, die uns heute doch manchmal näher ist, als man meinen möchte. Die aktuelle Staffel „Hamburg und die Welt vor 100 Jahren“ entsteht in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und präsentiert Zeitungsartikel aus Hamburger Tageszeitungen. Es gilt weiterhin: bis morgen! Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und die Hapag-Lloyd Stiftung unterstützen die Pilotphase des Geschichtspodcast finanziell. Mit Dank an Andreas Hildebrandt für den Jingle und Anne Schott für die Bildmarke.
Folgen von Auf den Tag genau
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Folge vom 11.10.2020Ein arg verfrühter Nachruf auf Magnus HirschfeldMagnus Hirschfeld, Sexualwissenschaftler und Ikone der Homosexuellen-Bewegung verstarb bekanntermaßen im Mai 1935, im Alter von 67 Jahren in Nizza. Am 11. Oktober 1920 unterlief der Deutschen Allgemeinen Zeitung der Albtraum eines jeden Zeitungsmachers, indem sie einen Nachruf auf Hirschfeld veröffentlichte, basierend auf der falschen Information, Magnus Hirschfeld sei in München seinen durch eine von Antisemiten angezettelten Schlägerei verursachten Verletzungen erlegen. Interessant ist, dass sich die konservative DAZ in diesem kurzen Nachruf ein paar anerkennende Worte für Hirschfeld abringt. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 10.10.2020Streit um die richtige TischzeitDass der Prozess der Zivilisation das Schwert zum Tafelsilber werden lässt, weiß man spätestens seit Norbert Elias. Dass aber ein möglichst spätes Abendessen ebenfalls als Zeichen einer besonders hohen Kulturstufe gesehen werden müsse, ist wohl doch eher ein folgenreiches Missverständnis. Die Deutsche Allgemeine Zeitung vom 10. Oktober 1920 jedenfalls sieht die Pariser Mode, die Tischzeit immer tiefer in die Nacht zu schieben, jedenfalls als eine auch den englischen Arbeitsrhythmen, dem neuen Lifestyle zu verdankende fatale Entwicklung. Tatsächlich brauche es heutzutage Amerikaner, Yankees, um diese Absurdität als das zu verstehen, was sie ist: Kulturverfall, kein zivilisatorischer Fortschritt. Gelesen von Paula Leu.
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Folge vom 09.10.2020Das mythenumrankte SchildhornAuch am 9. Oktober 1920 konnten zahlreiche Berliner Tageszeitungen streikbedingt nicht erscheinen. Nicht betroffen von diesem Ausstand war indes die linke Parteipresse. Sie konnte weiterhin, auch über die Hintergründe des Arbeitskampfes, berichten, ihre Leserinnen und Leser auf die bevorstehenden Parteitage der beiden sozialdemokratischen Parteien einstimmen – oder sie mit herbstlichen Ausflugstipps versorgen. Den Vorwärts verschlug es dabei an diesem Tag an die Havel, auf die mythenumrankte Halbinsel Schildhorn, die für die Stadtgeschichte vermeintlich sehr bedeutsam und nun seit ein paar Tagen tatsächlich auch nach Groß-Berlin eingemeindet war. Es liest Frank Riede.
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Folge vom 08.10.2020Großberlin in der SchwebeVon den Widerständen vor allem der Vorstädte des bürgerlichen Westens gegen die Fusionierung zu Groß-Berlin war in unserem Podcast bereits die Rede. Jene waren auch mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Bildung der Einheitsgemeinde am 1. Oktober keineswegs gebrochen. Dessen Gegner obstruierten, wo sie konnten, und sorgten dafür, dass auch eine Woche später wichtige Ämter noch immer unbesetzt waren, zentrale Organe der Stadtverwaltung nicht zusammentreten konnten. Über die daraus resultierend chaotische Lage berichtet aus einem eher fusionsfreundlichen neuen Groß-Berliner Stadtteil die – vom aktuellen Pressestreik nicht betroffene – Neuköllnische Zeitung vom 8. Oktober 1920. Es liest die (Wahl-)Neuköllnerin Paula Leu.